Umwandlungssteuerrecht – Teil 09 – Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (Anteilstausch), Sperrfristverhaftete Anteile
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.8 Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft (Anteilstausch)
Die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft in eine Kapitalgesellschaft hat sowohl Folgen bei der GmbH als auch bei den Gesellschaftern.
3.8.1 Ansatz durch die GmbH
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Wege der Sacheinlage in eine GmbH eingebracht, so gilt das Wahlrecht des § 20 UmwStG nach § 21 UmwStG, wenn die übernehmende Kapitalgesellschaft aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der übernommenen Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft hat, deren Anteile eingebracht werden. Der Wortlaut der Vorschrift stellt ausdrücklich nicht auf die Mehrheit der Anteile, sondern auf die Mehrheit der Stimmrechte ab.
3.8.2 Folgen für den Gesellschafter
Sind die Voraussetzungen des § 21 UmwStG gegeben und setzt die GmbH die Beteiligung mit dem Buchwert an, so entsteht bei dem Gesellschafter kein Veräußerungsgewinn. Setzt die GmbH den Zwischenwert oder den gemeinen Wert an, entsteht für die Gesellschafter der einzubringenden Kapitalgesellschaft ein Einbringungsgewinn.
Die Versteuerung der stillen Reserven richtet sich danach, ob die Beteiligung im Betriebs- oder Privatvermögen gehalten wird.
Wird die Beteiligung im Betriebsvermögen gehalten, so ist ein Veräußerungsgewinn nach § 15 EStG zu versteuern. Die Veräußerung von Anteilen im Betriebsvermögen erfolgt grundsätzlich nach dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 EStG, so dass 60% des Veräußerungsgewinns steuerpflichtig sind.
Befindet sich die Beteiligung im Privatvermögen, so löst die Einbringung einen Gewinn nach § 17 EStG aus, wenn der Einbringende innerhalb der letzten fünf Jahre zu mindestens 1 % an der eingebrachten Kapitalgesellschaft beteiligt war. Der Einbringungsgewinn fällt unter das Teileinkünfteverfahren. Den Freibetrag des § 17 Abs. 3 EStG kann der Einbringende aber nur in Anspruch nehmen, wenn die GmbH den gemeinen Wert ansetzt (§ 21 Abs. 3 UmwStG).
3.9 Sperrfristverhaftete Anteile
Da die Veräußerung einen Anteils an einer Kapitalgesellschaft unter das Teileinkünfteverfahren fällt, die Veräußerung eines Anteils an einem Betrieb oder Mitunternehmeranteil aber in voller Höhe zu besteuern ist, könnte ein Einzelunternehmer oder Mitunternehmer auf die Idee kommen, seinen Betrieb oder Mitunternehmeranteil zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft einzubringen und anschließend die Anteile an der Kapitalgesellschaft zu veräußern. Diese Gestaltungsmöglichkeit soll die Vorschrift des § 22 UmwStG verhindern.
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil zum Buchwert oder Zwischenwert in eine Kapitalgesellschaft eingebracht und werden die erhaltenen Anteile innerhalb von sieben Jahren seit der Einbringung veräußert, so wird rückwirkend auf das Jahr der Einbringung ein Gewinn nach § 16 EStG festgestellt (sog. Veräußerungsgewinn I). Damit unterliegt die Veräußerung der Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht mehr dem Teileinkünfteverfahren. Der Veräußerungsgewinn I vermindert sich nach § 22 Abs. 1 Satz 3 UmwStG um jeweils 1/7 für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr. Er gilt als nachträgliche Anschaffungskosten der Anteile.
Beispiel
Ein Einzelunternehmen (Kapital 100.000 EUR; gemeiner Wert 800.000 EUR) wird am 01.01.2014 zum Buchwert in eine GmbH eingebracht nach § 21 UmwStG. Einziger Gesellschafter der GmbH ist der bisherige Einzelunternehmer. Im November 2016 veräußert der Gesellschafter die Anteile an der GmbH für 900.000 EUR.
- Da die Einbringung des Einzelunternehmens zum Buchwert erfolgte, liegen sog. sperrfristverhaftete Anteile i.S.v. § 22 UmwStG vor. Der Einbringungsgewinn I beträgt zunächst 700.000 EUR (800.000 EUR ./. 100.000 EUR). Im Zeitpunkt der Veräußerung sind zwei volle Jahre abgelaufen. Daher ist der Einbringungsgewinn I um 2/7 bzw. 200.000 EUR zu verringern. Daher entsteht für den Gesellschafter rückwirkend auf den 1.1.2012 ein Veräußerungsgewinn nach § 16 EStG i.H.v. 500.000 EUR.
- Im Übrigen unterliegt der Veräußerungsgewinn der Versteuerung nach § 17 Abs. 1 Satz 1; § 3 Nr. 40 c; § 3c Abs. 3 EStG. Zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung gilt der Einbringungsgewinn I als nachträgliche Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile.
- Da nach § 20 Abs. 3 UmwStG der Wert, mit dem die übernehmende Gesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt (hier: 100.000 EUR), für den Einbringenden als Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile gilt, ergeben sich hier Anschaffungskosten i.H.v. 600.000 EUR (100.000 EUR + 500.000 EUR). Damit entsteht ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 300.000 EUR (900.000 EUR ./. 600.000 EUR) * 60% = 180.000 EUR.
Soweit im Rahmen einer Sacheinlage § 20 Abs. 1 UmwStG oder eines Anteilstausches § 21 Abs. 1 UmwStG unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft veräußert werden, ist der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung ebenfalls rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (§ 22 Abs. 2 UmwStG; sog. Einbringungsgewinn II).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017