Umwandlungssteuerrecht – Teil 24 – Ermittlung und Besteuerung des Übertragungsgewinns
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
6.2.3 Ermittlung und Besteuerung des Übertragungsgewinns
Durch den Ansatz sämtlicher Wirtschaftsgüter (einschließlich des Firmenwerts) mit dem gemeinen Wert (für Pensionsrückstellungen: Teilwert nach § 6a EStG) entsteht ein Gewinn in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem gemeinen Wert und dem nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften auf den Übertragungsstichtag fortentwickelten Buchwert. Dieser Gewinn ist der steuerliche Übertragungsgewinn.
Der steuerliche Übertragungsgewinn ist nach den allgemeinen Besteuerungsregeln der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer zu unterwerfen. Soweit für einzelne in der Übertragungsbilanz enthaltene Wirtschaftsgüter Sonderregelungen gelten (z. B. § 8b Abs. 2 KStG, DBA-Freistellung, § 9 Nr. 3 GewStG etc.), sind diese anzuwenden (für die Anwendung des § 8b Abs. 2 KStG). Der Übertragungsgewinn ist zeitlich dem Veranlagungszeitraum zuzurechnen, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt.
Beispiel
Die E-GmbH wird zum 01.01.2017 auf die F-KG verschmolzen. Auf den 31.12.2016 stellt sich die nach allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften über die Gewinnermittlung aufzustellende Schlussbilanz der E-GmbH (unter Fortführung der Buchwerte) wie folgt dar:
Aktiva
Summe Aktiva mit einem Buchwert 1,2 Mio. EUR (gemeiner Wert 1,5 Mio. EUR)
Passiva:
Kapital 100.000 EUR
Gewinnrücklagen 375.000 EUR,
Jahresüberschuss 25.000 EUR
Verbindlichkeiten (einschl. Steuerrückstellungen) 700.000 EUR
Dem Antrag auf Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister wurde die handelsrechtliche Schlussbilanz der E-GmbH auf den 31.12.2016 beigefügt.
Ein Antrag auf Minderbewertung nach § 3 Abs. 2 UmwStG wird nicht gestellt. Für die Berechnung der Gewerbesteuerschuld ist von einem Hebesatz von 400 % auszugehen.
- Für die Verschmelzung i. S. d. § 2 UmwG der E-GmbH auf die F-KG gelten die §§ 3 bis 8 und 18 UmwStG (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG). Mit der E-GmbH wird auch eine Körperschaft auf die F-KG als Personengesellschaft verschmolzen.
- Der Verschmelzungsstichtag (§ 5 Abs. 1 Nr. 6 UmwG) ist der 01.01.2017.
- Der steuerliche Übertragungsstichtag ist der 31.12.2016, weil auf diesen Stichtag, die dem Vermögensübergang zu Grunde liegende Bilanz aufgestellt worden ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG). In der steuerlichen Schlussbilanz der übertragenden E-GmbH zum 31.12.2016 sind mangels abweichenden Antrags (§ 3 Abs. 2 UmwStG) die übergehenden Wirtschaftsgüter gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 UmwStG mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Die aus dem dabei entstehenden Übertragungsgewinn resultierenden Steuerschulden sind noch in der Schlussbilanz zum 31.12.2016 zu passivieren.
Die auf die übertragende Körperschaft entfallenden und von ihr zu tragenden Verschmelzungskosten mindern den steuerlichen Übertragungsgewinn. Die Frage, welche umwandlungsbedingten Kosten auf die übertragende Körperschaft entfallen und welche Kosten der übernehmenden Rechtsträgerin zuzuordnen sind, richtet sich nach dem objektiven Veranlassungsprinzip und belässt den Beteiligten kein Zuordnungswahlrecht.[1] Es kommt nicht darauf an, wer Schuldner der Kosten ist oder wer sie tatsächlich geleistet hat. Ausschlaggebend für die Zuordnung ist, in wessen Sphäre sie entstehen.
Bei der übertragenden Körperschaft kommen als Verschmelzungskosten in Betracht:
- Kosten des Verschmelzungsbeschlusses
- Kosten der Anmeldung und Eintragung des Beschlusses
- Löschungskosten
- Kosten für Beratungen, die sich auf den Verschmelzungsbeschluss beziehen
- Kosten für die Erstellung der Übertragungsbilanz
- Kosten der Gesellschafterversammlung, auf der dem Verschmelzungsvertrag zugestimmt wird und
- die Hälfte der Kosten für die Erstellung des Verschmelzungsvertrags.
Die bei der Verschmelzung anfallende Grunderwerbsteuer entsteht bereits in der Sphäre der übernehmenden Rechtsträgerin und kann deshalb bei der übertragenden Körperschaft nicht mehr berücksichtigt werden. Der Grunderwerbsteueranspruch entsteht erst in der logischen Sekunde nach Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister. Da die Verschmelzung zur Gesamtrechtsnachfolge der Übernehmerin und zum Wegfall der Übertragerin als der bisherigen Eigentümerin des Grundbesitzes führt, kommt als Steuerschuldner grunderwerbsteuerrechtlich nur die Erwerberin in Betracht; die Inanspruchnahme der Übertragerin hingegen entfällt.[2]
[1] BFH v. 22. 4. 1998 I R 83/96, BStBl 1998 II 698
[2] BFH v. 15. 10. 1997 I R 22/96, BStBl 1998 II 168
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlungssteuerrecht“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und Steuerberateranwärter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-73-1.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017