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Unternehmenskauf – Teil 04 – Auktionsverfahren

3.1.2 Auktionsverfahren im Gesellschaftsrecht

Das Auktionsverfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Verkäufer mit seiner Verkaufsabsicht an eine Vielzahl von Interessenten wendet. Man spricht auch von einem sog. kontrollierten Auktions- beziehungsweise Bieterverfahren, da mehrere Kaufangebote verglichen und die Bieter dementsprechend schrittweise aus dem Bieterverfahren ausscheiden. Im Gegensatz zu Exklusivverhandlungen besteht die Absicht, den Verhandlungsprozess mit möglichst vielen potentiellen Käufern einzuleiten (vgl. Büchel/von Rechenberg, Kölner Handbuch Handels- und Gesellschaftsrecht, Kapital 21 Rn. 57).

Das Verfahren läuft in zwei Runden ab, in denen alle Interessenten jeweils ein Angebot abgeben. Man unterscheidet

    • die so genannten First Unbinding Offers innerhalb der ersten Runde und
    • die so genannten Binding Offers im Rahmen der zweiten Runde.

Die Non Binding und Binding Offers stellen einseitige Erklärungen der Kaufinteressenten dar. Sie bestimmen über die Aussichten auf Erfolg eines Bieters im Auktionsverfahren. Innerhalb der ersten Runde wird den Kaufinteressenten von dem Verkäufer in der Regel im Rahmen des Informationsmemorandums eine erste Reihe an Informationen zur Verfügung gestellt (Siehe Punkt 3.2.2. "Informationsmemorandum"). Hierauf haben die Käufer mit der First Unbinding Offer, dem indikativen Angebot, zu reagieren. Die First Unbinding Offer stellt ein erstes unverbindliches Angebot dar, das die Eckdaten des beabsichtigten Erwerbs und gegebenenfalls einen vorläufigen Vertragsentwurf enthält. Diese Offers basieren zu diesem Zeitpunkt allein auf der Auswertung der Angaben im Rahmen des Informationsmemorandums.

In der zweiten Runde findet das eigentliche Bieterverfahren statt. In diesem Rahmen geben die Interessenten die sog. Binding Offers ab. Dabei handelt es sich um das nachfolgende verbindliche Angebot. Zeitlich geschieht dies, nachdem die Due Diligence durchgeführt und ausgewertet wurde. Die Binding Offers basieren auf umfänglichen und tiefgreifenden Informationen über das zu erwerbende Unternehmen auf Basis der Due Diligence. Sämtliche Kaufinteressenten sollen idealerweise auf demselben Informationsstand stehen. Welches Angebot die verschiedenen Kaufinteressenten vorlegen, hängt von der eigenen individuellen Auswertung eines jeden Kaufinteressentens der Erkenntnisse aus der Due Diligence ab.

Welche Vorgaben im Rahmen dieser verbindlichen Angebote zu beachten und einzuhalten sind, entscheidet der Verkäufer. In der Regel legt der Verkäufer die Voraussetzungen in sog. Prozessbriefen fest. In der Praxis haben sich inhaltliche Anforderungen an die Angebote der Bieter etabliert, so dass in der Binding Offer als Mindestinhalt üblicherweise anzuführen ist:

    • Kaufpreis, gegebenenfalls einschließlich Vorgaben zur Darstellung der Kaufpreisermittlung und der angewandten Bewertungsmethoden
    • Finanzierung des Kaufpreises
    • Kaufform: Share oder Asset Deal?
    • Übernahmeablauf
    • Fortführungsgestaltung
    • Mitarbeiterübernahmen

Regelmäßig ist der in diesem Rahmen angegebene Kaufpreis noch von variablen Bedingungen abhängig, sodass eine endgültige Kalkulation noch nicht möglich ist. Aus diesem Grund werden im Rahmen der Binding Offer die derartigen Bedingungen mitangeführt. Eine übliche Bedingung ist insofern der generelle Vorbehalt im Hinblick auf die Haftung, Verhandlungen jederzeit ohne Angabe von Gründen beenden zu können. Daneben kommt beispielsweise in Betracht, dass der Kaufinteressent sein Angebot unter die Bedingung stellt, dass der Verkäufer ihm noch weitere Informationen vorzulegen hat und eine Due Diligence durchzuführen ist, falls dies noch nicht der Fall gewesen sein sollte. Eine weitere übliche Bedingung ist der Vorbehalt, dass eine Einigung auf bestimmte Garantien zustande komm. (vgl. Hamann/Sigle, Vertragsbuch Gesellschaftsrecht, § 19 Rn. 49 ff.). Ebenfalls kann der Käufer als Bedingung setzen, dass das Ergebnis einer noch laufenden Betriebsprüfung beim zu kaufenden Unternehmen abgeschlossen und der Bescheid des Finanzamtes bekannt wird.

Das dargestellte Verfahren besteht somit aus zwei Runden mit verschiedenen auszutauschenden Vereinbarungen, Informationen und Angebotsschreiben. Das Auktionsverfahren ist von einem vergleichsweise größeren Komplex als das Exklusivverfahren, bei dem der Verkäufer zunächst ausschließlich mit einem Käufer verhandelt. Das Auktionsverfahren wird in der Regel durch externe Berater durchgeführt oder betreut. Verkäufer und Käufer ziehen sich dazu M&AB Berater, Rechtsanwälte, Makler, Wirtschaftsprüfer oder Banken, die auf derartige Prozesse spezialisiert sind, zu Rate. Das Hinzuziehen eines externen Beraters ist vor allem dann für Beteiligte am Auktionsverfahren von enormer Bedeutung, wenn bereits ein Teilnehmer externe Berater beauftragt hat. Hierdurch wird die Chancengleichheit der Beteiligten gewahrt.

Die Wahl des Erwerbswegs fällt typischerweise auf das Auktionsverfahren, wenn es um den Verkauf größerer Unternehmen geht. Es ist insbesondere sinnvoll, wenn das Zielunternehmen als Kaufobjekt für eine Vielzahl von Interessenten in Betracht kommt. Neben der Größe des Unternehmens spielen dabei viele weitere Faktoren eine Rolle. Sowohl die äußere Markteinbindung als auch der innere Geschäftsbetrieb, insbesondere der Geschäftsgegenstand oder das Personal, können ausschlaggebend für die Attraktivität des Unternehmens für eine Vielzahl von Kaufinteressenten sein (vgl. Hamann/Sigle, Vertragsbuch Gesellschaftsrecht, § 21 Rn. 2; Büchel/von Rechenberg, Kölner Handbuch Handels- und Gesellschaftsrecht, Kapital 21 Rn. 57).

Der komplexe Verhandlungsprozess bringt den Nachteil eines hohen Aufwands für die Einleitung und Betreuung des Verfahrens mit sich. Gegenüber dem klassischen Verfahren ist hier die Zeit- und Kostenintensität stark erhöht. Eine gewisse Zeitintensität ist in diesem Prozess unumgänglich, da mehrere Runden durchzuführen sind, anhand derer die Bieter erst nach und nach aussortiert werden müssen. Die erhebliche Kostenseite ist ebenfalls kaum vom Auktionsverfahren zu trennen. Die hohen Anforderungen an die inhaltliche und zeitliche Koordination des Auktionsverfahrens mit einer Vielzahl an Interessenten machen es erforderlich, auf die Unterstützung externer Berater mit entsprechender Spezialisierung zurückzugreifen. Daher muss der Verkäufer im Rahmen von Auktionsverfahren zunächst in die professionelle Abwicklung investieren, bevor sich der Profit der Transaktion darlegt.

Andererseits kann das Auktionsverfahren für den Veräußerer die Möglichkeit bieten, durch diese Herangehensweise einen tendenziell höheren Verkaufspreis zu erwirtschaften. Im Auktionsverfahren treten die Kaufinteressenten in einen durch den Veräußerer kontrollierten Wettbewerb. Der Veräußerer kann im Rahmen des Verfahrens maßgeblichen Einfluss auf das Bieterverhalten ausüben. Er steht in einer sehr starken Verhandlungsposition, während die potentiellen Käufer unter Konkurrenzdruck stehen. Der Wettbewerb zwischen den Kaufinteressenten kann es für den Veräußerer leichter machen, einen höheren Kaufpreis verlangen zu können. Nicht zu vernachlässigen ist jedoch, dass attraktive Kaufinteressenten auf Vorteile aus ihrer Verhandlungsposition bestehen. Es ist gängige Praxis, dass diese ihr Angebot an die Voraussetzung knüpfen, dass ihnen beim Ausscheiden aus dem Verfahren eine Abfindung in Form einer Kostenübernahme durch den Veräußerer zugutekommt.

Aus Verkäufersicht ist der erhöhte Aufwand im Transaktionsprozess einem möglicherweise vorteilhafteren Transaktionsergebnis gegenüberzustellen. Im Endeffekt ist es eine Einzelfallfrage, inwiefern sich der Aufwand an Zeit und Kosten durch das Erwirtschaften eines höheren Verkaufspreises auszahlt (vgl. Büchel/von Rechenberg, Kölner Handbuch Handels- und Gesellschaftsrecht, Kapital 21 Rn. 57; Hamann/Sigle, Vertragsbuch Gesellschaftsrecht, § 21 Rn. 6 f.).


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Unternehmenskauf und Unternehmenskaufvertrag“ von Harald Brennecke, Rechtsanwalt und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin und Anna Lucia Kürn erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-001-4.


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

  • Rechtsformwahl
  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
  • Auseinandersetzungen zwischen Gesellschaftern
  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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