Unternehmensumwandlung – Teil 09 – Notarielle Beurkundung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
3.5.1.3.1. notarielle Beurkundung des Vertrags vor Beschlussfassung
Wenn der Vertrag bereits vor der Beschlussfassung der Anteilsinhaber notariell beurkundet worden ist, wird er erst wirksam durch den Zustimmungsbeschluss der Anteilsinhaber (Verschmelzungsbeschluss), der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger. Bis dahin ist er schwebend unwirksam (Lutter/Drygala § 5 Rn. 8.). Dabei geht es nur um die Wirksamkeit des Vertrags und nicht um das Wirksamwerden der Verschmelzung selbst.
Hier ist wie folgt zu unterscheiden: Die Verschmelzung wird erst mit der Eintragung des übernehmenden Rechtsträgers in das jeweilige Register wirksam. Die Beteiligten werden davor, durch das Wirksamwerden des Verschmelzungsvertrags schuldrechtlich gebunden. Deswegen hat der bereits schwebend unwirksame Vertrag eine Bindungswirkung, auch wenn die Verschmelzung noch nicht endgültig vollzogen ist. Denn die Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger werden nach § 311 Abs. 2 BGB dazu verpflichtet, ihren Gesellschafterversammlungen den Vertrag vorzulegen. Man spricht hier von einer sog. vorvertraglichen Pflicht. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Schadenersatzansprüche wegen Verletzung dieser vorvertraglichen Pflicht gem. §§ 311 Abs. 2 , 280 Abs. 2 BGB möglich sind.
Beispiel
Geschäftsführer A der A-GmbH und Geschäftsführer B der B-GmbH kommen darin überein, ihre Unternehmen zu verschmelzen. Zu diesem Zweck lassen beide ein Verschmelzungsvertrag notariell beurkunden. B sichert A zu, dass die Zustimmung der Gesellschafter der B-GmbH reine Formsache sei. A wiederrum bereitet in aufwändigen Planungen eine Gesellschafterversammlung für die A-GmbH vor.
Am Tag der Gesellschafterversammlung der A-GmbH, ruft B überraschend bei A an und lässt ihn wissen, dass die Verschmelzung doch nicht möglich sei. Er werde die Gesellschafter der B-GmbH nicht über die Verschmelzung abstimmen lassen. Einen Grund möchte er für die Absage nicht nennen.
- Die A-GmbH hatte Ausgaben für die Gesellschafterversammlung. Diese Ausgaben können als Schaden der A-GmbH gegenüber der B-GmbH geltend gemacht werden. Zwar ist B frei darin, auch nach Abschluss des Verschmelzungsvertrags, die Verschmelzung nicht zur Abstimmung der Gesellschafter zu bringen. Aber er hat bei B ungerechtfertigter Weise Vertrauen erweckt, indem er sagte die Zustimmung seiner Gesellschafter sei reine Formsache.
Mit der Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag wird der Rechtsträger nach außen gem. § 145 BGB gebunden. Der Vertrag bleibt jedoch so lange schwebend unwirksam bis die Gesellschafterversammlung des zweiten Rechtsträger zugestimmt hat. Erst dann wird der Vertrag wirksam.
3.5.1.3.2. notarielle Beurkundung des Vertrags nach Beschlussfassung
Die Gesellschafterversammlung kann erst nur ihre Zustimmung zu einem Vertragsentwurf erteilen, nicht schon zur endgültigen, notariellen beurkundeten Fassung des Verschmelzungsvertrags . Erteilt die Gesellschafterversammlung ihre Zustimmung, so sind die Vertretungsorgane der beteiligten Rechtsträger aus ihrem Dienstverhältnis verpflichtet, den Rechtsträger den Verschmelzungsvertrag notariell zu beurkunden und die Verschmelzung umzusetzen. Dabei darf die Entwurfsfassung, die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erhalten hat, inhaltlich nicht verändert werden. Bis zu der notariellen Beurkundung besteht zwischen den beiden Rechtsträgern noch keine Bindung. Bis zur notariellen Beurkundung ist es für die beteiligten Rechtsträger noch möglich, von der Verschmelzung zurückzutreten. Diese Entscheidung obliegt allerdings nur den Gesellschaftern. Die Vertretungsorgane sind zu einem Rücktritt ohne die Zustimmung der Anteilsinhaber nicht berechtigt.
Liegt die Zustimmung der Anteilsinhaber für die Entwurfsfassung vor, braucht es keine weitere Zustimmung. Der Vertrag wird mit der notariellen Beurkundung unmittelbar wirksam und entfaltet sofort Wirkung. Sollte eine Kapitalerhöhung erforderlich sein, so stellt sie eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung dar (Lutter/Winter/Vetter § 55 Rn. 8; Widmann/Mayer/Mayer § 55 UmwG Rn. 108.). Die Verschmelzung selbst wird erst mit Eintragung ins Register wirksam.
Beispiel
Unternehmer A möchte seine A-AG mit der G-GmbH verschmelzen. Die A-AG hat ein Grundkapital von 2 Mio. € und muss im Zuge der Verschmelzung den Gesellschaftern der G-GmbH Aktien im Wert von 100.000 € gewähren. Dafür ist eine Kapitalerhöhung bei der A-AG erforderlich. Die Aktionäre der A-AG stimmen der Verschmelzung zu. Die Verschmelzung wird ordnungsgemäß beim Handelsregister angemeldet und eingetragen.
- Bevor die Verschmelzung wirksam wird, muss die A-AG eine Kapitalerhöhung beschließen und beim Handelsregister anmelden sowie eintragen lassen. Erst dann wird die Verschmelzung wirksam.
3.5.1.3.3. Vertragliche Ansprüche
Ist der Vertrag notariell beurkundet, ergeben sich Ansprüche der beteiligten Rechtsträger. Zu diesen Ansprüchen gehören, die zur Durchführung der zur Verschmelzung erforderlichen Handlungen. Handlungen die zur Durchführung der Verschmelzung erforderlich sind, sind vor allem die Eintragung der Verschmelzung in das jeweilige Register, die Erstellung einer Schlussbilanz durch den übertragenden Rechtsträger und dass der übernehmende Rechtsträger einem Treuhänder Aktien und bare Zuzahlungen überträgt (vgl. Semler/Stengel/Schröer § 4 UmwG Rn. 45-52). Ansprüche Dritter, wie z.B. der Gesellschafter werden mit dem wirksamen Vertrag nicht begründet. Rechtlichen Auswirkungen auf Dritte treten erst mit der Eintragung gem. § 20 Abs. 1 UmwG ein.
3.6. Verschmelzungsbericht
Die Vertretungsorgane der sich verschmelzenden Rechtsträger müssen für jeden Rechtsträger einen Verschmelzungsbericht erstellen. Der Verschmelzungsbericht ist in § 8 UmwG geregelt. Sinn und Zweck des Verschmelzungsberichts ist es, den Gesellschafter die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit und die rechtlichen Folgen der Verschmelzung darzustellen. In dem Bericht ist der Verschmelzungsvertrag oder der Vertragsentwurf zu wirtschaftlich und hinsichtlich der Rechtsfolgen zu begründen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Umwandlung von Unternehmen“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-002-1.
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