Unternehmensumwandlung – Teil 19 – All–Klausel
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
4.4.1.2.3. Stichtag der Anlagenerstellung und „All-Klausel“
Da sich das Vermögen eines Unternehmens, das am Wirtschaftsverkehr teilnimmt, täglich verändert, kann die Erstellung der Anlagen immer nur zu einem Stichtag erfolgen. Selbst wenn man den Tag des Vertragsschlusses als Stichtag für die Erstellung der Anlagen nimmt, kann sich die Vermögenszusammensetzung des Unternehmens bei der Eintragung ins Handelsregister bereits geändert haben. Aus diesem Grund muss der Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. Spaltungsplan bestimmen, wie Vermögensabgänge und Vermögenszugänge zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags oder Aufstellung des Plans und der Eintragung der Spaltung in das Register zu behandeln sind (Surrogationsklausel).
Zusätzlich sollte der Spaltungs- und Übernahmevertrag oder Spaltungsplan noch eine sog. All-Klausel enthalten. Durch sie werden nicht gesondert genannte Aktiva und Passiva, dem betreffenden Betrieb oder Unternehmensteil zugeordnet. Dadurch lassen sich "vergessene" Aktiva und Passiva auffangen und nachträglich zuordnen. Das ist erforderlich, da § 131 Abs. 3 UmwG einen verhältnismäßigen Übergang auf alle übernehmenden Rechtsträger anordnet, wenn bei einer Aufspaltung ein Vermögensgegenstand keinem der übernehmenden Rechtsträger zugeteilt wurde.
Bei einer Totalabspaltung oder -ausgliederung kann die Klausel umgekehrt werden, indem nur das zurückbleibende Vermögen positiv benannt wird und alle unbenannten Gegenstände abgespaltet bzw. ausgliedert wird.
4.4.1.2.4. Grundstücke
Grundstücke können nicht durch All-Klauseln "aufgefangen" werden. Denn für Grundstücke fordert § 126 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UmwG deren genaue Bezeichnung unter Hinweis auf den Grundbuchbezirk und das Grundbuchblatt. Mit dem Wirksamwerden der Spaltung wird das Grundbuch unrichtig. Die Berichtigung erfolgt dann auf Grundlage des Spaltungs- und Übernahmevertrags bzw. -plans. Sind in dem Vertrag versehentlich Grundstücke nicht aufgeführt, gehen diese nicht über (Fußnote).
4.4.1.2.5. Aufteilung der Anteile
Das Umtauschverhältnis ist bei jeder Auf- und Abspaltung im Spaltungs- und Übernahmevertrag bzw. Spaltungsplan festzulegen (vgl. § 126 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Bei der Ausgliederung ist dieser Schritt entbehrlich.
Das Umtauschverhältnis gibt an, wie viele Anteile ein Anteilsinhaber am übernehmenden Rechtsträgers für seine Anteile am übertragenden Rechtsträgers erhält. Damit soll das Gebot der Wertneutralität sichergestellt werden.
Das Umtauschverhältnis wird berechnet, indem
• zunächst für jeden spaltungsbeteiligten Rechtsträger der Wert seines Anteiles am gesamten Unternehmenswert anhand grundsätzlich gleicher Bewertungsmethoden festgestellt wird,
• diese Werte zu den Nennbeträgen des jeweiligen Rechtsträgers ins Verhältnis gesetzt werden und
• die jeweiligen Werte der einzelnen Nominalanteile der beteiligten Rechtsträger zueinander in Relation gesetzt werden.
Ergibt die Berechnung kein „glattes“ Umtauschverhältnis, sind zur Wahrung des Wertneutralitätsgebotes in den Grenzen der §§ 125 S. 1, 54 Abs. 4 UmwG ergänzend bare Zuzahlungen festzusetzen.
Die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers können wegen einer zu niedrigen Festsetzung des Umtauschverhältnisses das Spruchverfahren gem. dem Spruchverfahrensgesetz einleiten. Das Spruchverfahren ist ein gerichtliches Verfahren, bei denen über Barabfindungen und Zuzahlungen von Anteilinhabern entschieden wird.
§ 128 UmwG regelt die nicht-verhältniswahrende Spaltung. Zum Zwecke der Auseinandersetzung unter Aktionärsgruppen oder Familienstämmen sowie zur Vorwegnahme oder Vorbereitung von Erbauseinandersetzungen können Spaltungen zu Null erfolgen, bei denen einzelne Anteilsinhaber an dem übernehmenden Rechtsträger keine Anteile erhalten.
4.4.2. Spaltungsbericht
Das UmwG gewährt den Anteilsinhabern vor der Beschlussfassung weitreichende Informationsrechte. Maßgebliche hierfür ist der Spaltungsbericht. Er ist von dem Vertretungsorgan jedes an der Spaltung beteiligten Rechtsträgers zu erstellen. In dem Spaltungsbericht werden
- die Spaltung,
- der Spaltungsvertrag und
- die wesentlichen Angelegenheiten der mit den beteiligten Rechtsträgern verbundenen Unternehmen (vgl. §§ 127 S. 2, 8, Abs. 1 S. 3 UmwG)
detailliert rechtlich und wirtschaftlich erläutert und begründet (§ 127 S. 1 UmwG).
4.4.2.1. Inhalt des Spaltungsberichts
Der erforderliche Inhalt des Spaltungsberichts ist nicht gesetzlich geregelt. Das Mindestmaß ergibt sich aus § 127 S. 1 UmwG, nach dem die Vertretungsorgane einen "ausführlichen" Bericht erstatten müssen, der "im Einzelnen“ erläutert und begründet werden muss. Der Spaltungsbericht hat den Grundsätzen einer gewissenhaften und getreuen Rechenschaft zu entsprechen (Vgl. § 131 Abs. 2 AktG zur AG). Die Anteilsinhaber sollen sich durch den Bericht ein erstes Urteil über die Spaltung bilden, das in der Hauptversammlung durch Nachfragen ergänzt werden kann (Fußnote). Die wirtschaftliche Bedeutung der Spaltung ist durch Darlegung der zu erwartenden Dekonzentrationseffekte beim übertragenden Rechtsträger und der zu erwartenden Synergieeffekte beim übernehmenden Rechtsträger darzulegen. Des Weiteren sind die spaltungsspezifischen Haftungsrisiken (vgl. § 133 UmwG) aufzuzeigen. Die spaltungsspezifischen Haftungsrisiken bestehen darin, dass Gläubiger eine Sicherheitsleistung von dem Rechtsträger verlangen können, mit denen sie eine Verbindlichkeit eingegangen sind (§ 133 Abs. 1 S. 2 UmwG) und dass eine Haftungsfortführung auf den neuen Rechtsträger angeordnet ist (§ 133 Abs. 1 S. 1 UmwG). Die Erläuterung des Spaltungs- und Übernahmevertrags hat sich auf jeden einzelnen Regelungsgegenstand des Mindestkatalogs gem. § 126 Abs. 1 Nr. 1 – 11 UmwG zu erstrecken. Von besonderer Bedeutung ist die Erläuterung des Umtauschverhältnisses der Anteile und der Höhe der baren Zuzahlungen (§ 126 Abs. 1 Nr. 3 UmwG). Eine unzureichende Berichterstattung macht den Spaltungsbeschluss fehlerhaft und ermöglicht den Anteilsinhabern, den Spaltungsbeschluss gegenüber ihren Gesellschaften binnen Monatsfrist gem. §§ 125 Satz 1, 14 Abs. 1 UmwG anzufechten.
Der Spaltungsbericht kann gem. § 127 Satz 1 HS 2 UmwG von den Vertretungsorganen der beteiligten Rechtsträger gemeinsam erstattet werden. Hierfür ist ein zwischen den Vertretungsorganen der beteiligten Rechtsträger abgestimmter, textgleicher Bericht erforderlich. Bei der Abstimmung sind die ggf. unterschiedlichen Informationsbedürfnisse der Anteilsinhaber des übertragenden und der übernehmenden Rechtsträger Rücksicht zu berücksichtigen.
Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Umwandlung von Unternehmen“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Monika Dibbelt, Rechtsanwältin mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2019, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-002-1.
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Monika Dibbelt
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Carola Ritterbach
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