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Zahlungsmittel Bitcoin – Teil 09 – Pflichten nach dem WpHG

4.4.6 Pflichten nach dem WpHG

Zum Großteil ungeklärt ist, ob Kryptowährungen als

  • Wertpapier nach dem WpHG,
  • Investmentvermögen nach dem KAGB (Fußnote) oder
  • Vermögensanlage nach dem VermAnlG (Fußnote)

zu qualifizieren sind und damit der Prospektpflicht unterliegen. Insbesondere könnten Einheiten aus STOs, das sind Security Token Offerings, bei denen Token ausgegeben werden, die nicht als Bezugsrecht für später auszugebende Coins, sondern tatsächliche Wertpapiere darstellen, Vermögensanlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 VermAnlG darstellen.
Die Bafin veröffentlichte am 16.08.2019 ein Merkblatt zur Herausgabe von Krypto- Token (Fußnote) mit Hilfestellungen zu ggf. verbundenen Erlaubnis- und Prospektpflichten. Mit der Abkürzung TGE (Fußnote) soll ausgedrückt werden, dass die zu verkaufenden Token bei einem Event "generiert" werden, mit anderen Worten erschafft man zu einem bestimmten Zeitpunkt eine (meist Fußnote) Anzahl von Coins/Token und stellt diese dann zum Verkauf.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob Token Wertpapiere oder Vermögensanlagen darstellen oder deren Herausgabe und Handel ein Bankgeschäft oder eine Finanzdienstleistung sind. (Fußnote)
Die BaFin hat ihre bisherigen Ansichten zu ICOs beibehalten. Grundsätzlich unterscheidet sie zwischen Utility-Token, Zahlungstoken und Wertpapier(Fußnote) Token. Während Utility-Token häufig aus der Prospekt- und Erlaubnispflicht herausfallen, sind die Zahlungstoken (Fußnote) und Wertpapier(Fußnote)
Token (Fußnote) regelmäßig hiervon betroffen. Bei Hybrid Token, die Eigenschaften mehrerer Token-Kategorien vereinen, ist für die BaFin im Einzelfall der Schwerpunkt der Funktion der Token ausschlaggebend.
Die BaFin verdeutlicht nochmals, dass eine reine Benennung des Tokens nach einer der vorangegangenen Arten für die regulatorische Behandlung nicht maßgeblich ist; entscheidend für die Einstufung ist, welche Rechte tatsächlich mit dem Token verbunden sind

4.5 Smart und Self-executing-contracts

Als Smart Contract bezeichnet man einen Programmcode, der sich beim Eintritt bestimmter Bedingungen, z.B. einer Kaufpreiszahlung, automatisch ausführt, d.h. es bedarf keines menschlichen Eingreifens und keiner weiteren menschlichen Überprüfung mehr. Damit ist im Extremfall eine staatliche Zwangsvollstreckung nicht mehr nötig. Vereinfacht ausgedrückt: Man muss seinem Vertragspartner nicht vertrauen, weil dieser die Durchführung des Vertrages gar nicht unterlassen kann, sobald die Zahlung eingegangen ist.
Ein solcher Smart Contract muss nicht zwingend auf einer Blockchain abgebildet werden. In Betracht kommen auch einfache Computerprogramme, die zu bestimmten Zeitpunkten oder Ereignissen einen vorher einprogrammierten Programmcode ausführen. Die Hinterlegung in der Blockchain gewährleistet aber dessen Unverfälschtheit und garantiert insofern, dass der dem Smart Contract zugrundeliegende Algorithmus bei Fälligkeit tatsächlich ausgeführt wird.
Mögliche Vertragsstörungen sollen in der Theorie nicht dazu führen, dass es eines Dritten bedarf, der den Vertrag auslegt. Alle denkbaren Varianten sollen bereits im Programmcode festgelegt sein. An solchen Fantasien bestehen wegen der Komplexität der Fallgestaltungen große Zweifel. Nichtsdestotrotz bietet das Fixieren
von Vertragsbedingungen und anderen für den Vertrag relevanten Daten in der Blockchain für die Parteien eine erhöhte Vertragssicherheit und Transparenz. Weil in eine Blockchain jede Information geschrieben werden kann, besteht auch die Möglichkeit, den Vertragstext in einer Blockchain zu fixieren, ohne dabei einen Programmcode vorzusehen, der den Vertrag automatisch ausführt. Auf diese Weise kann die erhöhte Vertragssicherheit auch ohne Smart Contract in Anspruch genommen werden.
Smart Contracts enthalten „Wenn-Dann-Regeln“. Sollte eine im Vertrag festgelegte Bedingung erfüllt werden, dann hat das automatisch eine Konsequenz zur Folge. Festgelegte Aktivitäten werden, um die (Fußnote) Willensbekundung des Vertrages zu verwirklichen, automatisch ausgeführt, wenn ein gefordertes Ereignis eintritt. Gleichzeitig werden alle Vertragspartner in Echtzeit über Statusänderungen informiert, wobei die dezentrale Architektur einer Blockchain erfordert, dass alle im Netzwerk befindlichen Computer über den aktuellen Informationsstand verfügen müssen, damit sie sicher bleibt.

Beispiel

Die L-GmbH hat durch einen Smart Contract definiert, dass Albert von ihr einen VW Polo geliefert erhält, wenn er dafür 10.000 Euro bezahlt.
o Wenn der Eingang der Zahlung von 10.000 Euro durch Albert bestätigt werden kann, werden die für die Auslieferung des VW Polo erforderlichen Erklärungen abgegeben.
Der Begriff des Smart Contracts setzt gerade nicht voraus, dass er im eigentlichen Sinne smart ist, also eine eigene Intelligenz besitzt. Die Bezeichnung als automatisierter oder programmierter Vertrag ist daher passender. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass der Begriff nicht einheitlich verwendet wird:
Einerseits kann der Begriff einen Vertragsschluss mittels Transaktionen meinen, wenn die Parteien den Programmcode als Vertragssprache (Fußnote) nutzen, um ihren Willen auszudrücken. Die Transaktionen können dann als Antrag und Annahme ausgelegt werden. Denn die Gestaltungs- und Formfreiheit aus der Privatautonomie (Fußnote) erstreckt sich auch auf die freie Wahl der Vertragssprache. Kommt es zum Streitfall vor Gericht, wird es insoweit regelmäßig der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedürfen.


Dieser Beitrag ist zitiert aus dem Buch „Bitcoin als Zahlungsmittel aus rechtlicher Sicht“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin und Falk Schilbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2020, www.vmur.de, ISBN: 978-3-96696-012-0.


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de

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