Zielvereinbarungen halten Einzug in mittelständische Unternehmen Teil 1
Als Instrument der Personalführung haben Zielvereinbarungen in großen Unternehmen seit Jahren ihren Platz. Zwischenzeitlich interessieren sich auch immer mehr kleine und mittlere Unternehmen für das Thema. In der arbeitsrechtlichen und gerade in der anwaltlichen Praxis wird die Zulässigkeit und Umsetzung von Zielvereinbarungen als einheitliches Gesamtkonzept jedoch immer noch stiefmütterlich behandelt.
Woran liegt das? Zum einen gibt es kaum relevante Rechtsprechung zu diesem Thema, zum anderen ist das System „Zielvereinbarung“ als Prozess einer gemeinsamen Überzeugung gerade darauf angelegt, einen rechtsförmig ausgetragenen Konflikt zu vermeiden. Allenfalls nach Ausscheiden des Arbeitnehmers, zumeist durch einseitige Arbeitgeberkündigung, wird die Frage nach der Reichweite der gesetzten Ziele, dem Zielerreichungsgrad und der damit verbundenen variablen Vergütung relevant. Für diesen Fall bietet auch die Rechtsprechung Lösungen:
Die Arbeitsgerichte begegnen dem in der Praxis anzutreffenden Phänomen fehlender Dokumentation und nachträglicher Rekonstruktion zum einen mit der Anwendung des § 315 Abs. 3 BGB. Danach ist es Sache des Arbeitgebers zu beweisen, dass seine getroffenen Leistungsbestimmungen und der anschließende Zielerreichungsgrad des Arbeitnehmers der Billigkeit entsprechen. Die Höhe der sich an eine Zielvereinbarung anschließenden variablen Vergütung wird dann anhand der Beweislage durch das Gericht bestimmt. Zum anderen meint die Rechtsprechung auch, dass die Beweislastverteilung wie bei Eingruppierungsstreitigkeiten ausgestaltet ist. Folglich trägt jede Partei die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen der von ihr für nichtig bzw. wirksam gehaltenen Vergütung erfüllt sind.
Mit dieser rechtlichen Betrachtung „zäumt man das Pferd allerdings von hinten auf“. Für die Einführung eines Zielvereinbarungssystems kann es nicht entscheidend sein, welche Partei im Rahmen von Streitigkeiten das meiste Geld zahlt oder erhält. Motivationen des Unternehmens in Richtung „Geld einsparen“ führt in der Regel auch nicht zum Ziel. Vielmehr muss sich jedes Unternehmen im Vorfeld darüber im klaren sein, dass Zielvereinbarungen nur mit einem konsequenten Zielmanagement im Unternehmen erfolgreich installiert werden können. Bei Kenntnisnahme der betrieblich ökonomischen Realität können juristische Begrifflichkeiten nun mal keine ausschlaggebende Rolle spielen. Dies verdeutlicht folgendes Beispiel: „Zielvereinbarung“ setzt sich zusammen aus den Begriffen Ziel + Vereinbarung. Werden die Ziele nun autoritär vorgegeben, scheitert man in der Praxis vermutlich bereits an dem notwendig Konsens der begrifflich durch eine „Vereinbarung“ zwischen beiden Parteien folgt.
Deshalb sollten Unternehmensziele, Leistungs- und individuelle Ziele von Mitarbeitern auf möglichst nicht-autoritative Weise in Übereinstimmung gebracht werden. Jeder der ein Zielvereinbarungssystem einführt sollte sich zunächst die Frage stellen, ob er die strategischen Voraussetzungen, die ein Zielvereinbarungssystem mit sich bringen, installieren möchte. Diese sind beispielsweise der Abbau von Hierarchien, eigenverantwortliches Handeln der Mitarbeiter, Vermeidung von Rückdelegationen, weit reichende Autonomie von Gruppen und die Freiwilligkeit der Zielvereinbarung selbst. Erst wenn man diese Konsequenzen für das Unternehmen als gangbaren Weg betrachtet, sollte man die Einführung eines Zielvereinbarungssystems ins Auge fassen.
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Stand: 15.09.2007
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