Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Teil 33 – Beschlüsse: Stimmrechte, Ort, Beschlussfähigkeit, Form
3. Beschlüsse
3.1. Bedeutung
Entscheidungen über die Organisation, Verwaltung usw. der GmbH werden durch Beschlüsse der Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung getroffen, § 47 Abs. 1 GmbHG.
Beschlossen wird u.a. gemäß § 46 GmbHG die:
- Feststellung des Jahresabschlusses Einforderung von Stammeinlagen
- Rückzahlung von Nachschüssen
- Teilung, Einziehung von Geschäftsanteilen Bestellung, Abberufung von Geschäftsführern, Entlastung
- Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung
- Bestellung von Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten
3.2. Stimmrechte
Die Stimmrechte richten sich nach den von den Gesellschaftern gehaltenen Geschäftsanteilen. Die Mehrheit ergibt sich nicht nach Köpfen, sondern nach der Nominalgröße der Geschäftsanteile. (Fußnote)
Ein Dritter, der nicht Gesellschafter ist, soll das Stimmrecht nicht übertragen werden. Dies soll nur möglich sein, wenn der Nichtgesellschafter grundsätzlich die wirtschaftliche Stellung eines Gesellschafters hat oder das Stimmrecht nur nach Weisung eines Gesellschafters ausübt.
Beispiel:
Prokurist A vertritt den Gesellschafter B in den Gesellschafterversammlungen. B legt vorher fest, in welcher Weise A abstimmen soll.
3.3. Ort der Beschlussfassung
Der Ort der Gesellschafterversammlung ist der Ort der Beschlussfassung.
3.4. Beschlussfähigkeit
Die Satzung sollte zwingend regeln, wann die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist. Die Regelungen können vielfältig sein.
Die Satzung kann z.B. regeln, dass die Gesellschafterversammlung beschlussfähig ist, wenn
- eine Mindestanzahl von Gesellschaftern anwesend ist
- eine Mindestanzahl von Gesellschaftsanteilen anwesend ist
- bestimmte Gesellschafter anwesend sind.
Beispiel:
In der Gamma-GmbH, die insgesamt 15 Gesellschafter hat, ist in der Gesellschaftssatzung geregelt:
§ 13 Beschlussfähigkeit der Gesellschafterversammlung
1. Die Gesellschafterversammlung ist nur beschlussfähig, wenn mindestens 70 % des Stammkapitals vertreten sind. Ist dies nicht der Fall, muss die Ladung wiederholt werden und den Hinweis beinhalten, dass ohne Rücksicht auf das Stammkapital diese neu einberufene Versammlung beschlussfähig sein wird.
Wenn bei einer Gesellschafterversammlung der Gamma-GmbH nur 10 der 15 Gesellschafter anwesend ist, ist die Versammlung nur beschlussfähig, wenn die 10 Gesellschafter insgesamt mindestens 70 % der Geschäftsanteile halten.
3.5. Form des Beschlusses
Die Satzung sollte alle Varianten der Beschlussform festlegen, z. B. Beschlüsse mit einfacher Mehrheit, mit qualifizierter Mehrheit, Einstimmigkeit oder Vetorechte einzelner Gesellschafter. Je nach dem Inhalt des Beschlusses sollten die verschiedenen erforderlichen Mehrheiten dargestellt werden.
Bei der Bestimmung der Mehrheit zählt nicht mit, wer nicht mit gültiger Stimme an der Abstimmung teilnimmt.
Beispiel:
Gesellschafter A, über dessen Ausschluss abgestimmt werden soll, stimmt mit. Seine Stimme zählt nicht.
Enthält sich jemand der Abstimmung, ist seine Stimme als Nein Stimme zu werten. Die Satzung kann von dem Grundsatz, dass Stimmenthaltungen nicht als Neinstimmen zu bewerten sind, abweichende Regelungen treffen.
3.5.1. Beschlüsse mit einfacher Mehrheit
Beschlussfassungen mit einfacher Mehrheit ist der Grundsatz, § 47 Abs. 1 GmbH. Dabei muss die Zahl der abgegebenen Ja-Stimmen die der abgegebenen Nein-Stimmen übersteigen.
Beispiel:
In einer Gesellschafterversammlung der Gamma-GmbH sind 10 der 15 Gesellschafter anwesend. Sie stimmen darüber ab, ob das Firmenlogo der Gamma-GmbH geändert werden soll. 6 der anwesenden Gesellschafter stimmen für „Ja“, 3 für „Nein“ und einer der Gesellschafter enthält sich. Weil die Ja-Stimmen die Nein-Stimmen übersteigen und somit eine einfache Mehrheit gegeben ist, ist der Beschluss über die Firmenlogo-Änderung wirksam.
Gesellschafter können sich bezüglich ihres Stimmverhaltens abstimmen. So können Gesellschafter, die zusammen die Stimmmehrheit haben, gemeinsam ihre Interessen durchsetzen. Vereinbarungen über Abstimmungen, die die GmbH schädigen, sind nicht zulässig.
Beispiel:
In der Anna Alphabet GmbH gibt es drei Gesellschafter: A, B und C. A und B halten zusammen die Mehrheit der GmbH-Anteile und haben daher in der Gesellschafterversammlung eine Stimmenmehrheit. Eines Tages entscheiden sich A und B dazu, die gut laufende Filiale der Anna Alphabet GmbH in Hamburg zu schließen, da diese sehr erfolgreich von C geführt wird. A und B ist der Erfolg von C ein Dorn im Auge ist. Weil A und B die Stimmenmehrheit haben, können sie zwar grundsätzlich gemeinsam den Gesellschafter C überstimmen und wirksame Beschlüsse für die GmbH treffen. Weil die Schließung der gut laufenden Filiale in Hamburg aber für die GmbH schädlich ist, darf ein entsprechender Beschluss von A und B nicht getroffen werden.
Es ist nicht sinnvoll - vor allem bei Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern - für alle Beschlüsse nur eine einfache Mehrheit vorzusehen. Eine einfache Mehrheit reicht bei unbedeutenden Beschlüssen aus. Bei für die GmbH wichtigen Beschlüsse, wie z.B. die Bestellung oder die Abberufung der Geschäftsführer sollte eine qualifizierte Mehrheit in der Satzung festgelegt werden.
3.5.2. Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit
Werden Entscheidungen getroffen, die für die GmbH weitreichende Wirkungen haben können, soll eine überwiegende Mehrheit der Gesellschafter diese Entscheidungen mittragen.
Deshalb sieht das GmbHG für bestimmte Entscheidungen eine qualifizierte Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen vor:
- Änderung der Satzung, § 53 Abs. 2 GmbHG
- Umwandlungen, § 50 Abs. 1 UmwG
- Auflösung der GmbH, § 60 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG
- Abschluss eines Unternehmensvertrages, § 291 Abs. 1 AktG
Die Satzung kann Stimmerfordernisse verschärfen, gesetzliche Mindestmehrheiten aber nicht unterschreiten.
In der Satzung kann von daher Einstimmigkeit festgelegt werden. Dies ist allerdings nicht immer zweckmäßig, denn bei schon einer fehlenden Stimme, kann kein Beschluss gefasst werden. Die Satzung kann für diesen Fall eine erneute Abstimmung vorsehen, bei der eine ¾ Mehrheit ausreicht.
Beispiel:
In der Jericho GmbH gibt es 5 Gesellschafter. Einer davon, Gesellschafter A, ist zugleich der Geschäftsführer der GmbH. In der Satzung der GmbH ist festgelegt:
§ 12 Abberufung der Geschäftsführer
1. Sollen ein oder mehrere Geschäftsführer abberufen werden, ist der Beschluss einstimmig zu fassen. Die jeweils betroffenen Geschäftsführer nehmen an der Stimmabgabe nicht teil, wenn sie Gesellschafter sind.
2. Kann die Einstimmigkeit nicht erreicht werden, weist der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung die Gesellschafter daraufhin, dass im Anschluss eine erneute Abstimmung erfolgt. Bei dieser Abstimmung ist eine Mehrheit von ¾ der abgegebenen Stimmen ausreichend.
3. Kommt auch diese Mehrheit nicht zustande, erfolgt keine erneute Abstimmung.
4. Über die Abberufung der Geschäftsführer kann dann nur noch in einer neuen Gesellschafterversammlung abgestimmt werden.
Eines Tages beschließen drei der Gesellschafter, dass A als Geschäftsführer abberufen werden soll. Auf ihren Vorschlag hin treffen sich alle Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung und stimmen über die Abberufung von A ab. Bei dieser Abstimmung ist A nicht beteiligt, weil er selbst betroffener Geschäftsführer ist. Nur wenn alle anderen vier abstimmenden Gesellschafter für die Abberufung stimmen, ist die Abberufung wirksam beschlossen. Kommt kein einstimmiger Beschluss zustande, ist eine erneute Abstimmung durchzuführen. Bei dieser zweiten Abstimmungsrunde reicht die Dreiviertel-Mehrheit der Abstimmenden aus, sodass der Beschluss wirksam ist, wenn 3 der 4 abstimmenden Gesellschafter für die Abberufung von A stimmen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Gesellschaftsvertrag der GmbH – Die GmbH Satzung in Theorie und Praxis“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Fabian Dietz, Rechtsanwalt, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-40-3.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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