Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising - Teil 04-2 Franchisenehmer
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Christian Metzger
wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.1.2. Franchisenehmer
Als selbständiger Unternehmer beabsichtigt der Franchisenehmer, sein eigenes Unternehmerrisiko möglichst gering zu halten und dabei vom Bekanntheitsgrad und Erfolg seines Kooperationspartners zu profitieren. Oft ist der künftige Franchisenehmer Existenzgründer und stets entspricht er dem Anforderungsprofil des Franchisegebers. In einzelnen Punkten können diese Anforderungen zwar variieren, im Kern sind sie jedoch identisch: Der Franchisenehmer zeichnet sich durch besonderes Engagement, hohe Zuverlässigkeit und Umgänglichkeit, sowie ständige Kommunikationsbereitschaft mit Kunden und seinem Franchisegeber aus. Zudem verfügt er über die erforderlichen finanziellen Mittel, eine hohe persönliche Belastbarkeit und Flexibilität. Ein bereits vorhandenes Fachwissen ist vorteilhaft, jedoch nicht immer eine Voraussetzung, die der Franchisenehmer erfüllen muss (8.1.2.). Das Franchising lässt bei der Auswahl des Franchisenehmers eine deutlich Personenbezogenheit erkennen. Der Franchisenehmer ist jedoch nicht zwingend eine natürliche Person. Besonders aus haftungsrechtlichen und steuerlichen Gründen kann der Franchisenehmer durchaus eine juristische Person, in den meisten Fällen wohl eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), sein.
Beispiel 32: Die juristische Person als Franchisenehmer
S möchte den Schritt in die Selbständigkeit wagen. Nach der Lektüre einer Einführung in das Franchising möchte sie als Franchisenehmerin bei minimiertem Risiko vom Bekanntheitsgrad eines großen Herstellers profitieren. Allerdings möchte sie für ihren künftigen Franchisebetrieb extra eine GmbH gründen. Sie hofft, dadurch eine Haftung ihres Privatvermögens ausschließen zu können. Außerdem möchte sie eine direkte Versteuerung ihrer Gewinne im Rahmen der Einkommensteuer umgehen.(Dass ihr Geschäftsführergehalt und die Dividenden bei der Einkommensteuer versteuert werden, erfährt sie erst durch die Lektüre einer Einführung in das Einkommensteuerrecht.)
Prinzipiell ist der Franchisenehmer eng in das System des Franchisegebers integriert und an die Systemrichtlinien gebunden. Gerade wegen dieser Ein- und Unterordnung ist die Frage vertretbar, ob der Franchisenehmer tatsächlich selbständig ist. Bestehen an der Selbständigkeit des Franchisenehmers Zweifel, so ist eine genauere Betrachtung erforderlich.
Abzugrenzen ist der Franchisenehmer dann besonders von:
- Arbeitnehmer (4.1.2.1.),
- arbeitnehmerähnliche Person (4.1.2.2.),
- Scheinselbständigkeit (4.1.2.3.)
4.1.2.1. Abgrenzung: Arbeitnehmer
Der Begriff des Arbeitnehmers ist im deutschen Recht nicht einheitlich definiert und sollte nicht wörtlich verstanden werden: ein Arbeitnehmer nimmt keine Arbeit, sondern leistet solche viel mehr gegen eine Vergütung.
Beispiel 33: Definitionen des Arbeitnehmers
Zwar finden sich in verschiedenen Gesetzen Definitionen des Arbeitnehmers, diese fallen jedoch recht unterschiedlich aus. Definiert ist der Begriff des Arbeitnehmers unter anderem in den §§ 5 ArbGG; 14,23 KschG; 5 BetrVG; 7 SGB IV.
Als Arbeitnehmer kann jedoch angesehen werden,...
...wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages für andere unselbständige Arbeit oder Dienste gegen Zahlung einer Vergütung leistet.
Der Arbeitnehmer unterliegt dabei den Weisungen des Arbeitgebers. Weitere Indizien für die Arbeitnehmereigenschaft sind eine straffe Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers, die Vereinbarung fester Arbeitszeiten, sowie die Gewährung von bezahltem Urlaub.
Typische Merkmale eines Arbeitnehmers sind demnach:
- Arbeitsvertrag,
- unselbständige Tätigkeit,
- für den Arbeitgeber,
- gegen eine Vergütung,
- geregelte Arbeitszeiten,
- Urlaubsanspruch
Sowohl Arbeitnehmer, als auch Franchisenehmer werden auf einen privatrechtlichen Vertrag hin tätig. Unterschiede bestehen jedoch einerseits darin, dass der Franchisenehmer keine vertraglich vereinbarte Vergütung erhält, sondern sich über die eigenen Gewinne finanziert und davon seinerseits Gebühren an den Franchisegeber entrichtet. Des Weiteren handelt der Franchisenehmer weitestgehend selbständig.
Beispiel 34: Abgrenzung zum Arbeitnehmer
Nach erfolgreichem Abschluss eines betriebswirtschaftlichen Studiums gelingt es B, mit einer bekannten Supermarktkette einen Vertrag abzuschließen. B soll von nun an in eigener Verantwortung den Markt in der Stadt S leiten. B soll ein festes Gehalt und zudem einen jährlichen Urlaub von 32 Tagen erhalten, dafür aber an 6 Tagen der Woche 10 Stunden arbeiten. Stolz meint er nun, als Franchisenehmer den Start in die Selbständigkeit geschafft zu haben.Zurecht?Gegen eine Selbständigkeit des B spricht zunächst das feste Gehalt. Hinzu kommen der geregelte Urlaub und die vorgegebene Arbeitszeit. Ein unternehmerisches Risiko des B ist außerdem nicht ersichtlich. Daher ist davon auszugehen, dass B als Arbeitnehmer (leitender Angestellter) anzusehen ist. Es fehlt ihm an den typischen Eigenschaften eines Franchisenehmers, so vor allem an der unternehmerischen Selbständigkeit.B ist also kein selbständiger Franchisenehmer.
4.1.2.2. Abgrenzung: arbeitnehmerähnliche Person
Im Gegensatz zum Arbeitnehmer ist die arbeitnehmerähnliche Person nicht ganz so eng in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers eingegliedert. Zudem unterliegt die arbeitnehmerähnliche Person den Weisungen des Arbeitgebers in nur geringem Umfang, kann ihre Arbeitszeiten weitestgehend frei bestimmen und weist im Vergleich zum Arbeitnehmer eine geringere persönliche Abhängigkeit auf. An die Stelle der persönlichen Abhängigkeit tritt jedoch eine deutliche wirtschaftliche Abhängigkeit, sodass eine arbeitnehmerähnliche Person einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig ist.
Beispiel 35: wirtschaftliche Abhängigkeit
Z ist für X tätig und als arbeitnehmerähnliche Person anzusehen. Seine wirtschaftliche Abhängigkeit von X ergibt sich aus der Tatsache, dass Z ausschließlich für X tätig ist. Würde X die Zusammenarbeit beenden, entfiele für Z seine Lebensgrundlage.
Typische Merkmale einer arbeitnehmerähnlichen Person sind:
- Keine enge Eingliederung in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers,
- nur geringe Weisungsgebundenheit,
- freie Einteilung der Arbeitszeiten,
- geringe persönliche Abhängigkeit,
- erhöhte wirtschaftliche Abhängigkeit
Der wesentliche Unterschied zum Franchisenehmer besteht in der nur geringen Eingliederung in die betriebliche Organisation. Der Franchisenehmer – ebenso der Arbeitnehmer – ist im Gegensatz zur arbeitnehmerähnlichen Person eng in die betriebliche Organisation des Franchisegebers eingebunden und unterliegt dessen Weisungs- und Kontrollrechten.
Beispiel 36: Lösung von Beispiel 26
F war lange Jahre Arbeitnehmer, hat nun jedoch mit dem Getränkemarkt einen Franchisevertrag geschlossen. Als Franchisenehmer wäre F grundsätzlich selbständiger Unternehmer. In diesem Falle könnte die Schadenersatzklausel wirksam und F damit zum Schadenersatz verpflichtet sein. Der Anwalt des F vertritt jedoch die Auffassung, dass F als arbeitnehmerähnliche Person zu qualifizieren sei. Da F jedoch weiterhin eher eng in den Getränkemarkt eingegliedert ist, seine Arbeitszeiten im Wesentlichen nicht frei einteilen kann und nach wie vor weisungsgebunden ist, kann eine Einstufung als arbeitnehmerähnliche Person nicht vertreten werden.Für die Fortsetzung der Lösung siehe Beispiel 37.
4.1.2.3. Abgrenzung: Scheinselbständiger
Scheinselbständig ist,...
...wer nach außen hin erkennbar als selbständiger Unternehmer auftritt, tatsächlich jedoch nach der Art seiner Tätigkeit zu den abhängig Beschäftigten zu zählen ist.
Zudem ist der Scheinselbständige von seinem Arbeitgeber persönlich abhängig.
Typische Merkmale eines Scheinselbständigen sind:
- Äußerliches Auftreten als Selbständiger,
- Tätigkeit, welche tatsächlich der eines abhängig Beschäftigten entspricht,
- persönliche Abhängigkeit vom Arbeitgeber
Beispiel 37: Fortsetzung von Beispiel 36
Beispiel 36 zeigte auf, dass eine Qualifizierung des F als arbeitnehmerähnliche Person nicht vertreten werden kann. Möglich ist jedoch eine Qualifizierung des F als Scheinselbständiger. Nach außen tritt der F zwar als Selbständiger auf, tatsächlich entspricht seine Tätigkeit aber weiterhin seiner früheren Tätigkeit als Arbeitnehmer.F kann daher als Scheinselbständiger angesehen werden. (Die Auswirkung auf die Schadenersatzklausel soll bei dieser Lösung unbeachtet bleiben)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Franchiserecht - Eine Einführung in das Recht des Franchising" von Harald Brennecke und Christian Metzger, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-15-1.
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Harald Brennecke
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Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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Christian Metzger
wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: September 2007
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