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Einführung ins Erbrecht Teil 9: Der Pflichtteil – 4. Anrechnung und Ausgleichung

4. Anrechnung und Ausgleichung des Pflichtteils

4.1. Die Anrechnung des Pflichtteils

Auf den Pflichtteil sind Zuwendungen anzurechnen, die der Pflichtteilsberechtigte vom Erblasser zu dessen Lebzeiten mit der Bestimmung erhalten hat, dass er sie sich anrechnen lassen muss, § 2315 I BGB. Die Bestimmung durch den Erblasser muss durch mündliche oder schriftliche Erklärung erfolgen und diese muss dem Berechtigten vor oder spätestens bei Vollzug der freigiebigen Zuwendung zugehen.

Für die Berechnung gilt Folgendes:

1. Schritt: Der Wert der Zuwendung wird dem gemeinsamen Erbteil aller Abkömmlinge hinzugezählt.
2. Schritt: Die Erbquote wird nach den gesetzlichen Regeln der Erbfolge ermittelt.
3. Schritt: Der Wert der Zuwendung wird von der Quote abgezogen.
4. Schritt: Halbierung des gesetzlichen Erbteils

Beispiel:
Der Witwer Herr G hat zu Lebzeiten seinem Sohn A ein Grundstück im Wert von 100.000 Euro gekauft. Seinem zweiten Sohn B zahlte er die Berufsausbildung an der Universität in Höhe von 60.000 Euro und seiner Tochter C bezahlte er die Aussteuer in Höhe von 30.000 Euro. A hat das Geld von seinem Vater mit der Bestimmung erhalten, er habe sich den Betrag auf seinen Pflichtteil anzurechnen. Die Erbschaft beträgt insgesamt 500.000 Euro.
Im 1. Schritt ist der auf die Kinder anfallende Erbschaft in Höhe von 500.000 Euro die Beträge von 100.000 Euro, 60.000 Euro und 30.000 Euro hinzuzuzählen. Dies ergibt eine Summe von 690.000 Euro.
Im 2. Schritt ist die Erbquote zu ermitteln. Als Erben 1. Ordnung erben die drei Kinder des verstorbenen Herrn G je zu gleichen Teilen, d.h. je 1/3. Dies macht einen Betrag von 230.000 Euro aus.
Im 3. Schritt ist der Wert der bereits geflossenen Zuwendung von der Erbquote abzuziehen. A erhält daher anstatt der 230.000 Euro, lediglich 130.000 Euro (230.000 abzüglich 100.000 Euro für den Kauf des Grundstückes).
Im 4. Schritt ist der gesetzliche Erbteil zu teilen, d.h. von 130.000 Euro erhält A lediglich 65.000 Euro.

4.2. Die Ausgleichung des Pflichtteils

Umgekehrt kann sich der Pflichtteil des Kindes unter bestimmten Voraussetzungen erhöhen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten eines seiner anderen Kinder eine Zuwendung gemacht hat (z.B. Finanzierung des Studiums, Einrichtung der Wohnung oder der Geschäftsräume). Dadurch wird er so gestellt, als ob das zugewendete Vermögen noch im Nachlass vorhanden wäre, § 2316 BGB. Dieser Anspruch gilt im Gegensatz zu § 2315 BGB nur für Abkömmlinge, d.h. für Kinder des Erblassers und seine Enkelkinder.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke, Dr. Maren Augustin und Isabell Hartung, ISBN 978-3-939384-17-5.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: September 2009


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Harald Brennecke ist seit 1997 mit erbrechtlichen Mandaten befasst.
Als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht berät er insbesondere bei der Gestaltung von Unternehmertestamenten, der Übertragung von Unternehmensanteilen und der Ausarbeitung von Unternehmererbverträgen im Hinblick auf die Sicherung der Unternehmensnachfolge. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät er Erben und potenzielle Erben bei überschuldetem Nachlass in Bezug auf Erbausschlagung, Dürftigkeitseinreden und der Beantragung und Begleitung bei Nachlassinsolvenzverfahren.
Er berät weiterhin bei der Erstellung von Testamenten und der Gestaltung von Vermögensübergängen, insbesondere aus erbschaftssteuerlicher Sicht und der Auseinandersetzung von Erbengemeinschaften. Er berät bei Pflichtteilsansprüchen, Vermächtnissen sowie bei Fragen der Vorerbschaft und Nacherbschaft. Er begleitet Erben bei der Beantragung von Erbscheinen und der Abwicklung der Erbschaft.

Harald Brennecke hat im Erbrecht veröffentlicht:

  • "Erbrecht – Eine Einführung“ von Harald Brennecke und Dr. Maren Augustin, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-17-5
  • „Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen“, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8

Bereits 1999 war er Experte für Erbrecht in einer Serie von Live-Fernsehsendungen.
Rechtsanwalt Brennecke ist Dozent für Erbrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Erbrecht für Steuerberater – Grundlagen des Erbrechts als Basis erbschaftssteuerrechtlicher Beratung
  • Der überschuldete Nachlass: Nachlassinsolvenz, Dürftigkeitseinrede oder Ausschlagung ?
  • Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten
  • Erbschaftssteueroptimierte Vermögensübertragung

Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail:brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 


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