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Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Teil 04 - England und Wales Teil 2

1.2.2. Privatinsolvenz

1.2.2.1. Abwendung eines Insolvenzverfahrens

Im Gegensatz zu den kontinentaleuropäischen Rechtssystemen bietet das englische und walisische Recht dem Schuldner die Möglichkeit an, zwischen mehreren Formen des Verfahrens zu wählen, um seine ungünstige finanzielle Situation nach seinen Vorstellungen zu lösen.

1.2.2.1.1. Deed of Arrangement (außergerichtliche Vergleichsurkunde)

Die Rechtsgrundlage für dieses Rechtsinstitut stellt der Deeds of Arrangement Act von 1914 dar. Diese zurzeit nur selten genutzte Verfahrensform verpflichtet den Schuldner, anhand eines Vergleiches mit dem Gläubiger sein Eigentum zugunsten der Gläubiger auf einen Treuhänder (trustee) zu übertragen. Dieser verwertet dann das Eigentum im Namen der Gläubiger. Zur Wirksamkeit dieses Vergleichs ist keine gerichtliche Zustimmung erforderlich. Da dieser aber einen vertraglichen Charakter hat, ist er auch vollstreckbar. „Kommt der Schuldner den im Vertrag niedergelegten Pflichten nach und überträgt er sein Eigentum auf einen Treuhänder, tritt bezüglich der Forderungen der beteiligten Gläubiger die Befreiung ein.“ Hergenröder und Alsmann weisen auf bestimmte Nachteile der auf den ersten Blick sehr einfach erscheinenden Verfahrensform hin. Den schwerwiegendsten Nachteil des deed of arrangement sehen sie darin, dass ein Insolvenzantrag von nicht zustimmenden Gläubigern durch den Abschluss eines deed of arrangement nicht ausgeschlossen werden kann.

1.2.2.1.2. Individual Voluntary Arrangement

Diese Verfahrensform wurde durch den Insolvency Act 1986 eingeführt; die Summe, die der Schuldner schuldet, darf maximal 20.000 £ betragen.

Individual Voluntary Arrangement tritt in zwei Formen auf – composition und scheme of arrangement. „In beiden Fällen soll die Insolvenz abgewendet und eine privatautonome Schuldenregulierung herbeigeführt werden.“
Falls der Schuldner das scheme of arrangement auswählt, muss er regelmäßig sein Vermögen auf einen Supervisor übertragen, der es unter bestimmten Regeln verwertet und weiter an die Gläubiger führt (sog. Teilzahlungsvergleich). In diesem Verfahren kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, die jeweils das drohende Insolvenzverfahren abwenden kann.
Wird dagegen eine composition gewählt, verpflichtet sich der Schuldner zur Zahlung eines bestimmten Betrages und die Gläubiger verzichten auf die restlichen Forderungen.

Dieses englische Rechtsinstitut ähnelt dem deutschen Vergleich; es handelt sich im Grunde um ein Abkommen zwischen Gläubigern und Schuldner. Die Durchführung beider Verfahren bedarf gesetzlich festgelegter Mehrheit der Gläubiger.

1.2.2.1.3. County Court Administration Order (Zahlungsplanverfahren)

Eine weitere Möglichkeit der Schuldbefreiung stellt ein dreijähriges Zahlungsplanverfahren mit anschließender Restschuldbefreiung für Kleininsolvenzen dar. Sie gilt nur für Verfahren, bei denen die Höhe der Schulden einen Betrag von 5.000 £ nicht übersteigt.

Den wesentlichen Vorteil, den diese Verfahrensform dem Schuldner bietet, ist ihre vollstreckungshindernde Wirkung. Die Gläubiger werden unter bestimmten Voraussetzungen in der gerichtlichen Durchsetzung ihrer Forderungen beschränkt; dies gilt auch für die Untersagung eines Antrages auf die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch "Insolvenzrecht und Restschuldbefreiung in Europa - Ein Vergleich der Insolvenzordnungen der Länder der EU" von Harald Brennecke und Eva Otépková, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-05-2.


 

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Stand: März 2009


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Insolvenzrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Gründer und Managing Partner der Kanzlei Brennecke & Partner. Er ist überwiegend im Bereich des Insolvenzrechts für Unternehmer und Unternehmen tätig.

Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht gestaltet er Sanierungen und begleitet Firmeninsolvenzen. Rechtsanwalt Brennecke berät insbesondere Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für diese bestehenden  Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Unternehmenssanierung unter dem Blickwinkel des Unternehmens als Vermögensbestandteil des Gesellschafters. Er vertritt bei unzulässigen oder unbegründeten Insolvenzanträgen. Rechtsanwalt Brennecke verhandelt mit Insolvenzverwaltern hinsichtlich des Erwerbs von Unternehmen aus der Insolvenz zum Zwecke der Unternehmensfortführung durch Investoren oder Familienangehörige. Weiter vertritt Rechtsanwalt Brennecke bei Ansprüchen des Insolvenzverwalters aus Anfechtung gegen Gesellschafter, Familienangehörige oder Dritte sowie bei (den häufig unterschätzten) Haftungsansprüchen gegen Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften.   

Er berät Insolvenzschuldner hinsichtlich der Erlangung der Restschuldbefreiung und der hierfür erforderlichen Obliegenheiten und vertritt im gesamten Insolvenzverfahren um sicherzustellen, dass der Schuldner die an ihn gestellten Obliegenheitsanforderungen zur Erlangung der Restschuldbefreiung (die über das hinausgehen, was ein Insolvenzverwalter vom Schuldner verlangt und verlangen darf) erfüllt. Der Irrtum, dass Insolvenzschuldner alleine dann schon Restschuldbefreiung erhielten, wenn sie alle Anforderungen des Insolvenzverwalters erfüllen, ist leider immer noch weit verbreitet.

Rechtsanwalt Brennecke berät Schuldner über das Vorgehen bei der Nutzung der Alternativen des europäischen Insolvenzrechts zur Restschuldbefreiung. In wenigen speziellen Fällen bietet ausländisches Insolvenzrecht Vorteile.

Er hat mehrere Bücher im Bereich Insolvenzrecht veröffentlicht, so

  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-267
  • "Die Limited in der Insolvenz", ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Restschuldbefreiung", 2006, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-00-7 
  • "Privatinsolvenz/Verbraucherinsolvenz - Eine Einführung", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-13-1
  • "Insolvenz und Restschuldbefreiung in Europa", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-05-2
  • "Der Insolvenzplan und der Verbraucherinsolvenzplan - Sanierungsinstrument in der Insolvenz - für Verbraucher und Unternehmen", ISBN 978-3-939384-06-9
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6 
  • "Das Recht der GmbH", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", Verlag Mittelstand und Recht, 2014, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8

Weitere Veröffentlichungen sind in Vorbereitung, so

  • „Selbständigkeit in der Insolvenz“
  • „Schutzschirm und Eigenverwaltung“
  • „Die Liquidation von Kapitalgesellschaften“

Er ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein und Dozent für Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.  Er moderiert die Gruppe Insolvenz und Insolvenzvermeidung bei XING.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißtdas eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer 
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters 
  • Selbständigkeit in der Insolvenz – die große Chance des Neustarts


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Harald Brennecke unter:
Mail: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 


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