Im Urwald der Datenschutzregelungen: Was darf der Arbeitgeber? Teil 1


Autor(-en):
Ann Sohns
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Ein Arbeitnehmer ist besonders schutzbedürftig. Dies ergibt sich aus den Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses: Zwar stehen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach allgemeinem Verständnis als gleichwertige Partner gegenüber. Die Praxis zeigt jedoch, dass der Arbeitgeber zumeist wirtschaftlich und strukturell überlegen ist. Der Arbeitgeber bestimmt die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsvertrags und legt die Arbeitsbedingungen fest. Er ordnet an, wann, wo und wie der Arbeitnehmer tätig werden muss. Der Arbeitnehmer kann sich diesen Vorgaben in der Regel nicht entziehen. Diese Gegebenheiten müssen insbesondere in einem sensiblen Bereich wie dem Datenschutzrecht berücksichtigt werden. Das Recht des Arbeitnehmers, selbst darüber zu bestimmen, ob und welche seiner persönlichen Daten er anderen anvertraut, trifft auf das Weisungsrecht des wirtschaftlich überlegenen Arbeitgebers. Selbstbestimmung und Fremdbestimmung kollidieren miteinander. Der Arbeitnehmerdatenschutz versucht einen Ausgleich zwischen diesen unterschiedlichen Interessen zu finden. Letztendlich geht es um die Frage, welche Eingriffe des Arbeitgebers in das informationelle Selbstbestimmungsrecht und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zulässig sind.

Bis 2009 war der Arbeitnehmerdatenschutz in Deutschland nicht explizit geregelt. Die Praxis griff daher auf das Grundgesetz, die allgemeinen Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sowie auf das Betriebsverfassungsgesetz zurück. 

Die „Bespitzelungsaffären“ einiger deutscher Großunternehmen haben jedoch gezeigt, dass der Schutz von Arbeitnehmerdaten in vielen Bereichen unzureichend war. Die Bundesregierung hat der unzulässigen Überwachungspraxis sogleich den Riegel vorgeschoben und als „Sofortmaßnahme“ das BDSG um eine Regelung zur Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ergänzt. Der neu eingefügte § 32 BDSG trat am 1.09.2009 in Kraft.

Derzeit dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist.

Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat. Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten muss zur Aufdeckung der Straftat erforderlich sein. Dabei darf das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegen, insbesondere dürfen Art und Ausmaß der Datenerhebung im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sein.

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Datenerhebungen ist auf zwei Tatbestandsmerkmale abzustellen: Verwendungszweck und Erforderlichkeit. Die Einzelheiten hierzu finden Sie im Teil 2 dieses Beitrags.

 


Dieser Aufsatz ist entnommen: Mittelstand und Recht - Ausgabe 2/2011



Weiterlesen:
zum folgenden Teil des Buches

 

Links zu allen Beiträgen der Serie Urwald des Datenschutzes


Autor(-en):
Ann Sohns
wissenschaftliche Mitarbeiterin


Kontakt: info@brennecke-rechtsanwaelte.de

Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.


Das Referat wird bei Brennecke & Partner Rechtsanwälte betreut von:

Tilo Schindele, Rechtsanwalt, Stuttgart

Rechtsanwalt Schindele begleitet IT-Projekte von der Vertragsgestaltung und Lastenheftdefinition über die Umsetzung bis hin zur Abnahme oder Gewährleistungs- und Rückabwicklungsfragen.

Tilo Schindele ist Dozent für IT-Recht und Datenschutz bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Er bietet Seminare und Vorträge unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Praxistipps zum rechtssicheren Einsatz von E-Mails im Unternehmen
  • Rechtssicherheit im Internet: - Praktische Rechtstipps für Unternehmer von AGB über Disclaimer und E-Mails bis zu web2.0
  • Allgemeine Geschäftsbedingungen zu Vertragsschluss, Laufzeit und Umzug in Telekommunikationsverträgen


Kontaktieren Sie Rechtsanwalt Tilo Schindele unter: 
Mail: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de 
Telefon: 0721-20396-28


Mehr Beiträge zum Thema finden Sie unter:

RechtsinfosArbeitsrecht
RechtsinfosDatenschutzrecht
RechtsinfosIT-RechtIT-SecurityDatenschutzrecht