Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings – Teil 43 – Leasing in der Insolvenz
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Felix Steengrafe
Diplom-Jurist
12. Leasing in der Insolvenz
In der Insolvenz gelten für Vertragsverhältnisse die speziellen Regelungen des Insolvenzvertragsrechts, welche durch die Insolvenzordnung normiert werden. Für den Leasingvertrag existieren dabei keine speziellen Normen, sodass sich die Abwicklung nach den allgemeinen Regelungen der §§ 103ff. InsO richtet.
12.1. Insolvenz des Leasingnehmers
12.1.1 Kündigungssperre im Sinne des § 112 InsO
Wurde von dem Leasingnehmer ein Insolvenzantrag gestellt, besteht nach § 112 InsO für den Leasinggeber eine Kündigungssperre. Der Leasinggeber kann damit wegen rückständiger Leasingraten, die bis zur Antragsstellung aufgelaufen sind, den Leasingvertrag nicht mehr kündigen. Unberührt von der Kündigungssperre bleiben Zahlungsrückstände, die nach der Stellung des Insolvenzantrags entstehen. Bei solchen ist der Leasinggeber berechtigt, - unter den üblichen Voraussetzungen - den Vertrag zu kündigen (Fußnote).
12.1.2 Leasingraten nach Antragsstellung
Das Schicksal der Leasingraten nach Antragsstellung richtet sich danach, welche Art eines vorläufigen Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht bestellt wurde. Je nachdem, ob die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Insolvenzschuldner verbleibt, oder auf den Insolvenzverwalter übergeht, werden Insolvenzforderungen bzw. Masseverbindlichkeiten begründet.
Insolvenzforderungen sind solche Forderungen, welche aus der Insolvenzmasse gemäß ihrem quotalen Anteil befriedigt werden. Masseverbindlichkeiten sind Belastungen der Insolvenzmasse, welche vom Insolvenzverwalter begründet werden und bevorzugt in voller Höhe zu befriedigen sind.
Ist ein schwacher vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, bleibt die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Insolvenzschuldner. Leasingraten ab Antragsstellung bis zur Eröffnung sind in diesem Fall bei Nichtzahlung Insolvenzforderungen. Dies gilt auch für einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung wegen einer verspäteten Herausgabe der Leasingsache.
Ist ein starker vorläufiger Verwalter bestellt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter über, sodass bereits im Eröffnungsverfahren Masseverbindlichkeiten begründet werden. Die Leasingraten sind somit Masseverbindlichkeiten und in voller Höhe bevorzugt vor den Insolvenzforderungen zu befriedigen.
In Einzelfällen kann das Insolvenzgericht einen schwachen Insolvenzverwalter mit der Einzelermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten bestellen (sog. „halbstarker Verwalter“). In diesem Fall begründet der vorläufige Insolvenzverwalter für die im Beschluss des Insolvenzgerichts genannten Fälle Masseverbindlichkeiten. Bezieht sich der Beschluss des Insolvenzgerichts auf Leasingverträge, sind die Leasingraten auch Masseverbindlichkeiten.
12.1.3 Wahlrecht des Insolvenzverwalters
Bei gegenseitigen Verträgen steht dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht nach § 103 InsO zu, sofern von beiden Vertragsparteien der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt wurde. Voraussetzung ist demnach, dass die gegenseitigen Leistungspflichten noch nicht vollständig erbracht worden sind. Beim Leasingvertrag ist dies regelmäßig der Fall, da der Leasinggeber die Nutzungsüberlassung über die Vertragslaufzeitz schuldet und der Leasingnehmer die vollständige Erbringung der vereinbarten Leasingraten. Der Insolvenzverwalter kann demnach im Rahmen seines Wahlrechts wählen, ob der Vertrag erfüllt werden soll oder nicht. Eine Frist zur Ausübung des Wahlrechts besteht grundsätzlich nicht. Allerdings kann der Leasinggeber den Insolvenzverwalter zur Ausübung des Wahlrechts auffordern. Dieser muss dann unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, entscheiden. Eine angemessene Frist ist dem Insolvenzverwalter jedoch zu gewähren (Fußnote). Da das Wahlrecht ein Gestaltungsrecht ist kann der Insolvenzverwalter dieses nicht widerrufen, aber gegebenenfalls anfechten (Fußnote).
12.1.2.1 Erfüllungswahl
Wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrags wählt, sind die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fälligen Leasingraten nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO Masseverbindlichkeiten (BGH NJW 1994, 516 (517)).
Beispiel:
Insolvenzverwalter A erklärt, dass er den Leasingvertrag aufgrund der beabsichtigten Betriebsfortführung erfüllen werde. Die Leasingraten ab Eröffnung des Verfahrens sind damit Masseverbindlichkeiten und werden in voller Höhe zu ihrem Fälligkeitsdatum bezahlt. Die Leasingraten, welche bis zur Verfahrenseröffnung angefallen und noch nicht bezahlt sind, sind Insolvenzforderungen und müssen zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Diese können nur quotal bei einer Verteilung aus der Insolvenzmasse befriedigt werden.
12.1.2.2 Wahl der Nichterfüllung
Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Leasingvertrags ab, kann der Leasinggeber gemäß § 546 BGB und § 47 InsO die Herausgabe der Leasingsache verlangen. Dem Leasinggeber steht in diesem Fall der leasingtypische Schadensersatzanspruch zu, der nach § 103 Abs. 2 S. 1 InsO eine einfache Insolvenzforderung ist. Lehnt der Insolvenzverwalter die Fortführung des Leasingvertrages ab, nutzt aber dennoch die Leasingsache, steht dem Leasinggeber ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung zu, der eine Masseverbindlichkeit ist (Fußnote).
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Leasingrecht - Einführung in das Recht des Leasings“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kaptalmarktrecht und Felix Steengrafe, Diplom-Jurist, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-26-7
Weiterlesen:
zum vorhergehenden Teil des Buches
zum folgenden Teil des Buches
Links zu allen Beiträgen der Serie Buch - Leasingrecht
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Felix Steengrafe
Diplom-Jurist
Stand: Dezember 2014
Wir beraten Sie gerne persönlich, telefonisch oder per Mail. Sie können uns Ihr Anliegen samt den relevanten Unterlagen gerne unverbindlich als PDF zumailen, zufaxen oder per Post zusenden. Wir schauen diese durch und setzen uns dann mit Ihnen in Verbindung, um Ihnen ein unverbindliches Angebot für ein Mandat zu unterbreiten. Ein Mandat kommt erst mit schriftlicher Mandatserteilung zustande.
Wir bitten um Ihr Verständnis: Wir können keine kostenlose Rechtsberatung erbringen.
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei allen Fragen zu Leasingverträgen, Leasingabrechnungen, Kündigungen von Leasingverträgen und Schäden am Leasinggut.
Sie prüft Leasingverträge im Finanzierungsleasing wie im Operate-Leasing auf nachteilige oder gefährliche Klauseln und verhandelt Leasingverträge für Leasingnehmer mit Leasinggebern aus. Sie gestaltet und begleitet sale and lease back Geschäfte zur Gewinnung von Liquidität und zur Optimierung von Bilanzen (Erhöhung der Eigenkapitalquote, Ratingverbesserungen etc.). Als Steuerrechtlerin achtet sie besonders auf die steuerlichen Auswirkungen von Leasinggeschäften und berät – zusammen mit dem Steuerberater des Mandanten – bei der steuerlich optimalen Gestaltung von Leasinggeschäften.
Rechtsanwältin Ritterbach berät Unternehmer bei allen Leasingrechtsfragen wie über die Vor- und Nachteile von Vollamortisation und Teilamortisation, über Restwert und Andienungsrecht, über angemessene oder erforderliche Versicherungen des Leasinggutes oder über Risiken des Leasingnehmers bei der Leasingrückgabe oder bei der Verschlechterung des Leasinggutes. Sie prüft Leasingverträge auf Mithaftungsklauseln von Geschäftsführern und Unternehmern und wahrt deren persönliche Vermögensinteressen.
Rechtsanwältin Carola Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und absolviert derzeit den Fachanwaltskurs für Steuerrecht.
Carola Ritterbach hat im Leasingrecht und Bankrecht veröffentlicht:
- "Leasingrecht - eine Einführung in das Recht des Leasings", ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
- „Kreditvertragsrecht“, 2014, ISBN 978-3-939384-35-9, Verlag Mittelstand und Recht
- „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“, 2015, ISBN 978-3-939384-45-8, Verlag Mittelstand und Recht
- „Bankvertragsrecht“, 2014, ISBN 978-3-939384-32-8, Verlag Mittelstand und Recht
- „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“, 2015, ISBN 978-3-939384-30-4, Verlag Mittelstand und Recht
- „Kreditsicherheiten“, 2015, ISBN 978-3-939384-27, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Leasingrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaften Bank- und Kapitalmarktrecht und Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet im Bereich des Leasingrechts folgende Vorträge an:
- Sale and lease back – Vorteile und Risiken für Leasingnehmer
- Grundlagen des Leasingrechts
- Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten im Leasingrecht
- Rückkaufvereinbarungen und Andienungsrecht im Leasing
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28