Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 14 - Individualabreden
Individualabreden
3.1.2.2 Indizien für Abänderungsbereitschaft
Wurde eine Klausel während der Vertragsverhandlungen abgeändert, so stellt dies ein starkes Indiz dafür dar, dass diese Klausel ausgehandelt wurde. Wurde eine Klausel ausgehandelt und wird sie später für weitere Verträge wiederverwandt, so gilt sie dort als grundsätzlich gestellt. Sie gilt nur dann weiterhin als ausgehandelt, wenn der Vertragspartner und die Sach- und Interessenlage gleich geblieben sind. Kommt es also zu einem weiteren Kauf und wird erneut derselbe Vertrag verwendet, so gelten die zuvor ausgehandelten Klauseln weiterhin als ausgehandelt, selbst wenn dies tatsächlich nicht erneut geschehen ist.
3.1.2.3 Abänderungen
Werden vom Vertragspartner Änderungen an den AGB durchgeführt, so müssen diese deutlich erkennbar sein. So sind individuelle Zusätze oder Streichungen möglichst in einer anderen Farbe durchzuführen oder bei schriftlichen Ergänzungen möglichst nicht die Vertragsschrift zu imitieren, sodass die Änderungen ins Auge fallen. Der Verwender muss nun diese Änderungen erkennen und sie akzeptieren. Alsdann gelten sie als Individualvereinbarungen und gehen den AGB vor. Bei rückseitig abgedruckten AGB ist ein Hinweis auf der Vorderseite anzubringen, dass die AGB abgeändert worden sind.
3.1.2.4 (Keine) Geltung als ausgehandelt
Wird lediglich erklärt, dass man zu Abänderungen bereit war oder dass die AGB Bestandteil der Vertragsverhandlungen waren, war dies tatsächlich jedoch nicht der Fall, so gelten die Klauseln nicht als ausgehandelt.
Die Wahlmöglichkeit zum Abschluss mit oder ohne AGB führt nicht dazu, dass die AGB zu Individualvereinbarungen werden.
Wurden tatsächlich über bestimmte Teile der AGB Verhandlungen geführt, so gilt das Aushandeln nur für diesen bestimmten Teil. Es handelt sich nicht um Verhandlungen über AGB, wenn eine Seite die AGB zur Disposition stellen will, dies vom Verwender aber abgelehnt wird.
Wurden Klauseln der AGB von einer Seite für bedenklich erklärt, bleiben sie jedoch nach den Verhandlungen hierüber ungeändert bestehen, so gilt eine starke Vermutung dafür, dass die Klauseln ausgehandelt worden und in den Verhandlungen keine Änderungen mehr für nötig befunden wurden (siehe oben 3.1.2.1 am Ende).
Werden vom Verwender AGB vorgelegt, die bereits erkennbare Veränderungen enthalten, stammen diese jedoch nicht vom Vertragspartner, so gelten diese Änderungen als gestellt. Benutzt der Verwender wiederholt die gleichen Änderungen, die er erst während der Verhandlungen einbringt, so werden diese Bestandteil der AGB und führen nicht zu Individualvereinbarungen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014,www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Dezember 2014