Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis - Teil 15 - AGB im unternehmerischen Verkehr
AGB im unternehmerischen Verkehr
3.1.3 Unternehmerischer Verkehr
Auch im unternehmerischen Verkehr gilt, dass Individualabreden immer Vorrang vor den AGB genießen.
Im unternehmerischen Verkehr kommt es zusätzlich auf die Verhandlungsmacht an. Selbst wenn ein Unternehmer seine Klauseln zur Disposition stellt, der andere jedoch wirtschaftlich zu abhängig ist, als dass er sich die Gefahr des Nichtabschlusses leisten könnte oder die reale Gefahr besteht, dass bei Nichtanerkennen der AGB der Vertrag nicht zustande käme, so gilt dies nicht als reale Möglichkeit zum Aushandeln. Folglich gelten diese Klauseln nicht als ausgehandelt.
Anders sieht es aus, wenn eine Seite eine Klausel für unabdingbar erklärt und die andere Seite dies anerkennt (BGH NJW 1992, 2283 [2285]). Zwar stand die betroffene Klausel nicht zur Disposition, gilt aber als ausgehandelt. Diese Regel kann nicht auf die gesamten AGB angewandt werden.
3.1.4 Schriftformklauseln und ihre Abwandlungen
Nur wirksame Individualvereinbarungen können AGB verdrängen. In fast allen AGB finden sich sogenannte Schriftformklauseln, die eine Änderung der AGB von der Schriftform abhängig machen.
Grundsätzlich verdrängen mündliche Individualvereinbarungen die entsprechenden AGB-Regelungen unabhängig vom Bestehen einer Schriftformklausel. Da die Individualvereinbarung von beiden Vertragsseiten akzeptiert werden muss, setzt sich ebenso der Verwender über seine eigene Schriftformklausel hinweg. Gleiches gilt für doppelte Schriftformklauseln, die die Aufhebung der Schriftformklausel von der Schriftform abhängig machen. Auch sie können formlos aufgehoben werden.
Eine Ausnahme besteht dann, wenn die Schriftformklausel die Vertretungsmacht eines Vertreters einschränken soll. Ein Vertreter kann nur dann wirksame Individualvereinbarungen schließen, wenn seine Vereinbarung von seiner Vertretungsmacht gedeckt ist. Soll der Vertreter lediglich den Vertrag abschließen, so kann er keine wirksamen den Vertragsinhalt verändernden Individualvereinbarungen treffen. Dies beruht auf dem Fehlen seiner Vertretungsmacht. Und diese kann durch die Schriftformklausel eingeschränkt werden.
Dasselbe gilt für sogenannte Bestätigungsklauseln. Diese machen die Wirksamkeit der Änderung der AGB beziehungsweise der Individualvereinbarung davon abhängig, dass der Verwender dieser Änderung noch zustimmen muss. Die Individualvereinbarung benötigt bereits für ihr Zustandekommen eine wirksame Zustimmung beider Seiten. Bei Vertretern liegt diese vor, soweit ihr Handeln durch ihre Vertretungsmacht gedeckt ist.
Klauseln, die klarstellen sollen, dass neben dem vorliegenden Vertrag keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden, können wirksame Individualabreden nicht verhindern. Überhaupt gelten sie nur, wenn sie die Richtigkeit und Vollständigkeit des Vertrags als Vermutung wiederholen. Wird der Gegenseite der Gegenbeweis genommen, liegt eine unwiderlegliche Vermutung vor. Diese Klauseln sind unwirksam (§ 309 Nr. 12 BGB).
3.1.5 Weiteres & Beispiele
Im Streitfall muss die Individualvereinbarung von derjenigen Seite bewiesen werden, die sich auf sie beruft. Deshalb empfiehlt es sich, zu Beweiszwecken Individualvereinbarungen schriftlich festzuhalten.
Haben sich beide Parteien auf einen Preis geeinigt, schreiben die AGB jedoch vor, dass alle Preise ohne die gesetzliche Umsatzsteuer sind, so gilt der ausgehandelte Preis, unabhängig, ob dieser die gesetzliche Umsatzsteuer enthielt oder nicht.
Wurde eine feste Vertragslaufzeit vereinbart, so gelten automatische Verlängerungsklauseln nicht (OLG Saarbrücken, BB 08, 2649).
Wurde etwas verbindlich vereinbart (zum Beispiel Liefertermine, Preis, Laufzeit), ist dies in AGB als unverbindlich geregelt, so ist dennoch das Vereinbarte verbindlich.
Behält sich ein Verkäufer per AGB vor, anstatt der Markenware gleichwertige andere Markenware zu liefern, so gilt die Individualvereinbarung nur vorrangig, wenn aus ihr oder den Umständen des Falles ersichtlich ist, dass der Käufer nur an der dort festgelegten Markenware interessiert ist, zum Beispiel indem der Käufer mehrmals bei den Vertragsverhandlungen erklärte, an anderer Ware nicht interessiert zu sein.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ Michael Kaiser
auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt bei Brennecke & Partner, Rechtsanwälte Fachanwälte mbB, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014,www.vmur.de,ISBN 978-3-939384-36-6.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Dezember 2014
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