17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - Teil 09 - Mitteilungsempfänger "jemand"
Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.5.4.4. Mitteilungsempfänger „jemand“
Die unbefugte Mitteilung muss nach dem Wortlaut des Abs. 1 an jemanden erfolgen.
Empfänger des Geheimnisses kann jede beliebige natürliche Person, außer dem Täter selbst sein.
Erfolgt eine Verwertung des Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses durch den Täter selbst, ist der Tatbestand des Geheimnisverrates nach § 17 Abs. 1 UWG nicht erfüllt.
Der Mitteilungsempfänger des Geheimnisses muss nicht zwangsweise dem Unternehmen des Täters angehören.
In Betracht kommen als Empfänger neben unternehmensfremden Dritten auch leitende Angestellte, die keinen Zugang zu den Informationen hatten, Mitarbeiter anderer Abteilungen, Gesellschafter, Amtsträger, Konkurrenten sowie Lockspitzel des Betriebsinhabers.
3.5.5. Tatzeitpunkt „während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses“
Ein weiterer objektiver Tatbestand des Geheimnisverrates stellt auf den Tatzeitpunkt des Geheimnisverrats ab.
Demnach muss die Tat „während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses“ vollzogen worden sein.
Maßgeblich für das Ende des Dienstverhältnisses ist dessen rechtliche Beendigung. Die tatsächliche Dauer ist für die Feststellung des Tatzeitpunktes unerheblich.
Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Betriebsinhaber ein besonders großes Interesse an der Geheimhaltung einer bestimmten Information hat.
Durch ein Abstellen auf die Beendigung des Dienstverhältnisses in rechtlicher Hinsicht, soll verhindert werden, dass sich der Beschäftigte durch bewusstes Fernbleiben oder Nichtantritt einer Strafe aus § 17 Abs. 1 UWG entziehen kann.
Beispiel:
Ein Dienstverhältnis eines Beschäftigten wird in rechtlicher Hinsicht ebenfalls nicht beendet durch Urlaub, Krankheit, Freistellung bis zum regulären Vertragsende oder einer fristlosen Kündigung des Beschäftigten ohne wichtigen Grund.
Mit der Formulierung „während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses“ in Abs. 1 soll dem Arbeitnehmer ausschließlich die Weitergabe der Unternehmensgeheimnisse während der Dauer des Arbeitsverhältnisses untersagt werden.
Eine Verwertung oder weitergehende Nutzung der Informationen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses wird von § 17 UWG nicht untersagt.
Das führt zu dem Problem, dass auch Fälle, in denen gezielt Informationen aus einem Unternehmen gestohlen werden sollen, aufgrund der zeitlichen Begrenzung des Tatzeitpunktes nicht oder nur äußerst schwierig nach § 17 Abs. 1 UWG bestraft werden können.
Beispiel1:
Der Beschäftigte B eines Pharmaunternehmens nimmt eine bestimmte Stelle nur an, um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse in Zusammenhang mit der Entwicklung eines neuen Medikaments in Erfahrung zu bringen. B verlässt das Unternehmen zum geeigneten Zeitpunkt, um die Informationen weitergeben zu können.
Beispiel 2:
Das Pharmaunternehmen P hat Informationen erhalten, dass ein Konkurrenzunternehmen K brisante Fortschritte bei der Erforschung einer Nervenkrankheit macht. Um mit der Entwicklung mithalten zu können, bietet P dem Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung L ein überaus attraktives Vertragsangebot, wenn dieser sich entscheiden sollte zu P zu wechseln. L kündigt daraufhin fristgemäß bei seinem aktuellen Arbeitgeber K, um die Forschungsergebnisse straffrei an P preisgeben zu können.
Beispiel 3:
Der Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung L ist der Meinung, dass seine Arbeit nicht ausreichend durch seine Vorgesetzten gewürdigt wird. Deshalb beschimpft er seinen Chef und kommt mehrfach betrunken zur Arbeit. Ziel des L war ist es gewesen eine fristlose Kündigung zu provozieren, um so seine Forschungsergebnisse straffrei verraten zu können.
Die gewählte Formulierung in Abs. 1 führt somit zu einer erheblichen Einschränkung des Tatzeitraumes für die strafrechtliche Bestrafung des Verrates von Betriebsgeheimnissen nach § 17 Abs.1 UWG.
Die Mitnahme und Weitergabe von geheimen Dokumenten wie in den vorgenannten Beispielen kann dennoch strafbar sein. In Betracht kommt in diesen Fällen der Tatbestand der Betriebsspionage nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG.
Den Vertragsparteien bleibt es jedoch freigestellt, einen zusätzlichen zivilrechtlichen Schutz der Unternehmensgeheimnisse zu vereinbaren. Dies kann bspw. in Form eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes erfolgen.
Um den zeitlich eingeschränkten Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 UWG auszuweiten, kann eine über die Dauer des Dienstverhältnisses hinausgehende Geheimhaltungsverpflichtung vereinbart werden.
Eine Geheimhaltungsverpflichtung muss von Arbeitnehmer und Arbeitgeber schriftlich dokumentiert werden. Innerhalb dieser zusätzlichen Geheimhaltungsverpflichtung müssen konkrete Geheimnisse oder Vorgänge benannt werden, die über das Ende des Dienstverhältnisses hinaus geschützt werden sollen.
Bei der Ausfertigung dieser Verpflichtung ist darauf zu achten, dass der ausscheidende Beschäftigte nicht in der Ausübung seines erlernten Berufes eingeschränkt wird.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ von Harald Brennecke, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, und Oliver Ahnseel wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-38-0
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Autor(-en):
Harald Brennecke
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Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Oliver Ahnseel
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Harald Brennecke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
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Rechtsanwalt Brennecke berät Unternehmer beim Schutz ihrer Geschäftsgeheimnisse und Kundendaten. Er ist im Bereich der UWG-Straftaten als Srafverteidiger und bei der Ermittlung und Dokumentation von Straftaten und der Erstellung von Strafanzeigen tätig, unter anderem bei Strafbarer Werbung, 16 UWG oder Verrat von Geschäftsgeheimnissen, 17 UWG, wie z.B. die unberechtigte Verwendung von Kundendaten.
Harald Brennecke hat im unter anderem veröffentlicht:
- "Wettbewerbsrecht - Einführung in das Recht des unlauteren Wettbewerbs und das UWG", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-12-0.
- "17 UWG - Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“, 2015, ISBN 978-3-939384-38-0, Verlag Mittelstand und Recht
- "Urheberrecht - eine Einführung", von Harald Brennecke und Simon Hofmann, 2011, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-23-6
- "Lizenzrecht - eine Einführung. Lizenzarten und Lizenzverträge.“ von Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-08-3
- "Markenrecht - eine Einführung Markenformen, Markenschutz und Markenanmeldung ", Harald Brennecke und Florin Brückner, 2010, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-22-9
Weitere Veröffentlichungen von Harald Brennecke sind in Vorbereitung, unter anderem zum Thema
- Recht im Marketing
Harald Brennecke ist Dozent für Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Lizenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Schutz von Kundenadressen und Geschäftsgeheimnissen – 17 UWG in Theorie und Praxis
- Strategische Ausrichtung von Unternehmen aus wettbewerbsrechticher Sicht
- Markenschutzstrategien als betriebswirtschaftliches Instrument
- Onlineshops rechtssicher gestalten
- Lizenzvertragsgestaltung
- Der Gebrauchtsoftwarekauf
- Vertriebslizenzen in Recht und PraxisK
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