Kreditvertragsrecht – Teil 31 – Kündigungsmöglichkeiten nach AGB-Banken / AGB-Sparkassen
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
2.6.3. Kündigungsmöglichkeiten nach AGB-Banken / AGB-Sparkassen
Banken und Sparkassen legen ihren Darlehensverträgen durchgängig allgemeine Geschäftsbedingungen zugrunde. Hierdurch werden die vorstehend dargestellten Regelungen modifiziert.
2.6.3.1. Jederzeitiges Kündigungsrecht der Geschäftsbeziehung nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken
Die Banken haben in ihren AGB ein besonderes Kündigungsrecht geregelt: Die Bank kann die gesamte Geschäftsverbindung oder einzelne Teile der Geschäftsbeziehung (z. B. die Einräumung einer Kreditkarte oder von Scheckformularen) jederzeit kündigen. Voraussetzung ist allerdings, dass eine angemessene Kündigungsfrist eingehalten wird. Bei der Bemessung der Kündigungsfrist ist auf die Belange des Kunden Rücksicht zu nehmen. Der Kunde muss die Möglichkeit haben, sich für die Erledigung seiner Bankgeschäfte eine andere Bank zu suchen. Das Maß der Angemessenheit und die Pflicht zur Rücksichtnahme dürften je nach Einzelfall zu einer Frist von vier bis sechs Wochen führen. Für die Kündigung laufender (Guthaben-)Konten und Depots beträgt die Kündigungsfrist mindestens sechs Wochen.
Beispiel
Firma T hat bei der B-Bank ihr Firmenkonto eingerichtet, auf dem alle Umsätze der Firma T eingehen. In den Kontovertrag wurden die offiziellen AGB-Banken wirksam einbezogen. Die B-Bank kann daher nach Nr. 19 Abs.1 den Kontovertrag kündigen. Will die Bank dies tun, muss sie allerdings eine angemessene Kündigungsfrist einhalten. Diese muss so bemessen sein, dass die Firma T in der Lage ist, sich eine neue Bank zu suchen, bei der sie ihr Firmenkonto errichten kann. Hier ist mindestens eine Frist von sechs Wochen einzuhalten.
2.6.3.2. Kündigung unbefristeter Kredite nach Nr. 19 Abs. 2 AGB-Banken oder Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen
Den meisten Bankkunden ist nicht bewusst, dass Darlehen oder Darlehenszusagen, bei denen weder eine Laufzeit, noch eine anderslautende Kündigungsvereinbarung getroffen worden ist, durch die Bank jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden können.
Beim unbefristet gewährten Dispositionskredit auf dem Girokonto besteht also immer das Risiko, dass die Bank ihn kündigt oder die eingeräumte Linie reduziert. Umso mehr gilt dies für die Überziehung eines Girokontos, die nicht vertraglich vereinbart wurde, sondern durch die Bank nur geduldet wird.
Die Bank muss allerdings bei der Kündigung auf die berechtigten Belange des Kunden Rücksicht nehmen: Die Kündigung darf daher nicht gegen das Verbot der Kündigung zur Unzeit und der Rechtsmissbräuchlichkeit verstoßen. Außerdem muss das Gebot der Rücksichtnahme beachtet werden. Besteht keine Kündigungsfrist für die Bank, muss sie dem Kunden für die Rückzahlung des Darlehens gemäß Nr. 19 Abs. 5 AGB-Banken eine angemessene Frist einräumen, so dass der Kunde z.B. über die Ablösung des Kredites mit einer anderen Bank verhandeln kann.
Beispiel
Frau Möller hat bei der U-Bank ein Darlehen über 50.000 EUR aufgenommen. Eine Laufzeit wurde nicht vereinbart. In den Vertrag wurden die AGB Banken wirksam einbezogen. Gem. Nr. 19 Abs. 2 der AGB Banken kann die U-Bank das Darlehen jederzeit kündigen, sodass Frau Möller zur Rückzahlung der 50.000 EUR verpflichtet ist. Allerdings muss die Bank Frau Möller eine angemessene Frist für die Rückzahlung einräumen. Diese Frist muss so bemessen sein, dass Frau Möller genügend Zeit hat, einen neuen Kredit bei einer anderen Bank aufzunehmen, der ihr ermöglicht, das Darlehen bei der U-Bank zurückzuzahlen.
Eine jederzeitige Kündigung ist allerdings ausgeschlossen, wenn die Bank mit dem Darlehensnehmer eine bestimmte Zwecksetzung für das Darlehen abgesprochen hat, aus der sich eine Einschränkung der Kündigungsmöglichkeit ergibt. Dies kommt zum Beispiel bei Existenzgründungs- oder Sanierungskrediten vor, ist aber für jeden Einzelfall gesondert zu prüfen.
Beispiel
Nach monatelanger Planung möchte Herr Graf eine Existenz gründen: er will eine Firma eröffnen, unter der ein kleiner Computer-Fachladen betrieben wird. Für die geschäftliche Grundausstattung und die Kaution des Ladens benötigt er aber ein Startkapital, das er nicht in voller Höhe eigenständig aufbringen kann. Deshalb schließt er mit der I-Bank einen Darlehensvertrag für ein Darlehen in Höhe von 120.000 EUR ab. Eine Laufzeit wird nicht vereinbart. In den Gesprächen mit der Bank und sogar im Darlehensvertrag ist festgelegt, dass das Darlehen für die Existenzgründung Herrn Grafs verwendet werden soll. Schon zwei Monate nach Vertragsschluss, als die neue Firma Herrn Grafs grade eröffnen soll, will die Bank das Darlehen kündigen und die 120.000 EUR von Herrn Graf zurückgezahlt bekommen.
Diese Kündigung ist ausgeschlossen: Zwar besteht nach Nr. 19 Abs. 2 der Banken-AGB grundsätzlich ein jederzeitiges Kündigungsrecht. Weil jedoch explizit vereinbart wurde, dass das Darlehen für die Gründung der Firma gedacht ist, kann die Bank nicht inmitten der Firmengründung das Darlehen kündigen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditvertragsrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Alena Kehret, wissenschaftliche Mitarbeiterin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Alena Kehret
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Dezember 2014
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
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- Abwicklung von Leasingverträgen
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- Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
- Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings
Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
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- Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
- Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
- Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
- Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
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