Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 21 – Options- und Termingeschäfte
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.3.3.5. Options- und Termingeschäfte
Optionsgeschäfte sind Geschäfte, bei denen der Kunde die Möglichkeit erwirbt, innerhalb einer bestimmten Frist oder zu einem bestimmten Zeitpunkt Wertpapiere zu einem schon bei Geschäftsabschluss vereinbarten Kurs zu kaufen oder zu verkaufen, wenn er sich dazu entscheidet.
Beispiel
Herr Schmitt ist überzeugt, dass die Aktie eines deutschen Autobauers wegen des guten Chinageschäftes steigen wird. Seine Frau ist jedoch skeptisch und möchte nicht investieren.
Herr Schmitt sichert sich daher gegen ein Entgelt von 400 € das Recht (die Option), in 6 Monaten 100 Aktien des Autobauers zum jetzigen Marktwert zu kaufen. Wenn die Aktien bis dahin um 5 % steigen, hat er 5 % Gewinn gemacht. Von diesem Gewinn sind die 400 € Entgelt für die Option abzuziehen. Wenn die Aktien im Wert fallen, kann er auf den Kauf verzichten. Jetzt hat er bloß das Entgelt für die Option verloren, also 400 €.
Termingeschäfte sind Geschäfte, bei denen der Wertpapierkauf oder -verkauf fest abgeschlossen wird und nur die Vertragserfüllung in Form der Abnahme und Übertragung der Wertpapiere zu einem späteren Termin erfolgt.
Beispiel
Der Konzern Elektra und der Konzern Aqua verhandeln über den Verkauf einer Tochterfirma von Aqua. Der Verkauf erfolgt durch die Übertragung von Aktien. Während der Vertragsschluss schnell erfolgen soll, soll die Tochterfirma zunächst noch ein paar Monate beim alten Konzern verbleiben.
Es wird daher vereinbart, dass die Aktien der Tochterfirma erst in 5 Monaten übertragen werden. Der Kaufpreis wird jedoch bereits jetzt nach dem aktuellen Marktwert berechnet.Die weitere Wertentwicklung der verkauften Tochterfirma von Aqua spielt keine Rolle mehr, weil der Kaufpreis bereits jetzt berechnet und festgelegt wird. Der Wert der Tochterfirma zum Zeitpunkt der tatsächlichen Aktienübertragung ist deshalb nicht mehr wichtig.
Grundsätzlich kann eine Aufklärung formfrei erfolgen (siehe 2.2.3. Form und Dokumentation der Aufklärung).
Eine Ausnahme besteht bei gewerblichen Vermittlern von Options- und Termingeschäften. Gewerbliche Vermittler von Options- und Termingeschäften vermitteln Geschäfte, bei denen hohe Aufschläge auf die Börsenpreise eine realistische Gewinnchance von vornherein ausschließen.
Nur bei solchen gewerblichen Vermittlern von Options- und Termingeschäften muss eine schriftliche Belehrung vor dem Vertragsabschluss erfolgen und zwar in einer auffälligen Form, die selbst den flüchtigen Leser in die Lage versetzt, den Umfang des Verlustrisikos und die Verringerung der Gewinnchancen durch den Aufschlag auf die Optionsprämie zu verstehen.
Banken trifft diese Pflicht zur schriftlichen Aufklärung normalerweise nicht, da sie ein anderes Geschäftsmodell verfolgen. Wenn sich jedoch Banken auf Finanzkommissionsgeschäfte spezialisieren und deshalb wie gewerbliche Vermittler von Options- und Termingeschäften tätig werden, müssen sie schriftlich aufklären.
Inhaltlich muss bei der Vermittlung von Termin- und Optionsgeschäften über die Höhe der Optionsprämie, die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Optionsgeschäftes und die Bedeutung der Prämie sowie ihr Einfluss auf das mit dem Geschäft verbundene Risiko aufgeklärt werden. Bei einem Aufschlag auf die Prämie muss dargelegt werden, dass ein Aufschlag erhoben wird, in welcher Höhe er anfällt und dass dieser die Gewinnerwartung verschlechtert. Es ist ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich, dass bei höheren Aufschlägen vor allem Anleger, die in mehrere verschiedene Optionen investieren wollen, praktisch chancenlos sind.
Dieser Hinweis muss deutlich sein und darf nicht verschleiert, beeinträchtigt oder beschönigt werden.
Beispiel
Herr Schnell ist gewerblicher Vermittler von Options- und Termingeschäften. Er hat sich angewöhnt, seinen Kunden zu erklären, dass ein Aufschlag auf die Optionsprämie die Gewinnchance verringert. Er erteilt allerdings keinen Hinweis dahin gehend, dass bei mehreren Optionen mit erhöhten Optionsprämien ein Gewinn nahezu ausgeschlossen ist. Herr Schnell genügt seiner Aufklärungspflicht nicht. Wenn ein Gewinn nahezu ausgeschlossen ist, darf dies nicht verschleiert werden.
Beispiel
Herr Sommer hat eine Jahresprämie von seinem Arbeitgeber erhalten. Diese möchte er gewinnbringend anlegen.
Seine Bank empfiehlt ihm dazu ein Optionsgeschäft. Sie überreicht zur Aufklärung ein schriftliches Prospekt mit 48 Seiten. Auf Seite 17 wird hervorgehoben, dass ein Gewinn absolut unwahrscheinlich ist. Auf der folgenden Seite wird beispielhaft aufgezeigt, unter welchen Voraussetzungen dennoch ein Gewinn möglich wäre.Hier ist die Aufklärungspflicht trotz des Hinweises verletzt, weil der Hinweis versteckt ist und im Anschluss die Verlustwahrscheinlichkeit relativiert wird.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
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Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015