Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht – Teil 23 – Pflichten bei der Anlagevermittlung: Aufklärungspflichten
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
3. Kapitel Pflichten bei der Anlagevermittlung
3.1. Aufklärungspflichten
Der Anlagevermittler ist wie der Anlageberater verpflichtet, den Kunden richtig und vollständig über die wesentlichen tatsächlichen Umstände, die für den Kunden für die Anlageentscheidung von Bedeutung sind, zu informieren. Er ist schuldet jedoch im Gegensatz zum Anlageberater keine Bewertung dieser Umstände
Der Anlagevermittler muss allerdings geprüft haben, ob die Anlage plausibel ist, denn sonst kann er keine sachlichen Auskünfte erteilen. Vertreibt er die Anlage mit Hilfe eines Prospektes, muss er bei der Plausibilitätsprüfung den Prospekt dahin überprüfen, ob das Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt in sich schlüssig ist und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit ihm dies mit zumutbarem Aufwand möglich ist, sachlich und vollständig richtig sind.
Hat er keine Plausibilitätsprüfung vorgenommen, muss er seinen Kunden darauf hinzuweisen.
Zur Erfüllung der Aufklärungspflicht genügt eine Übergabe schriftlicher Unterlagen, aus denen der Kunde die erforderlichen Informationen entnehmen kann, nicht. Der Anlagevermittler muss den Kunden vielmehr tatsächlich aufklären.
Erkennt der Anlagevermittler, dass
- sein Kunde über fehlerhafte Informationen verfügt bzw.
- in einem Prospekt Widersprüche oder Unklarheiten enthalten sind,
muss er diese gegenüber dem Kunden richtig stellen.
Beispiel
Herr Zimmermann vermittelt an Frau Frei Anteile an einer Biogasanlagen-Gesellschaft. Was Herr Zimmermann nicht erwähnt ist, dass die Objektfinanzierung mit der kreditgebenden T-Bank bisher weder abgeschlossen noch verbindlich ausgehandelt ist. Diese Information ergibt sich auch nicht aus dem Anlagen-Prospekt, das Frau Frei bei Abschluss des Anteilskaufvertrages von Herrn Zimmermann erhalten hat.
Hier hat Herr Zimmermann als Anlagevermittler seine Auskunftspflicht gegenüber Frau Frei verletzt, denn er hätte sie darüber aufklären müssen, dass die Objektfinanzierung noch nicht abgeschlossen ist. Dementsprechend macht er sich schadensersatzpflichtig, falls Frau Frei infolge der fehlerhaften Beratung irgendwelche Schäden entstehen.
Eine Aufklärung über Rückvergütungen schuldet der Anlagevermittler erst ab Innenprovisionen in Höhe von 15 % und mehr.
Der Anleger kann von dem Vermittler die Sorgfalt eines unabhängigen Beraters erwarten, dem weitreichendes persönliches Vertrauen entgegengebracht wird und der deshalb besonders differenziert und fundiert berät, wenn der Anlagevermittler an gibt, dass er über eingehende Informationen verfüge, wie sie ein Anlageberater üblicherweise nicht habe und er sich seine Vermittlungstätigkeit mit einer „Beratungsgebühr“ vergüten lässt.
Ist der Kunde nicht aufklärungsbedürftig, trifft den Anlagevermittler keine Informationspflicht.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Peter Lechner LL.M, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-30-4.

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Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Peter Lechner
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015