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Kreditsicherheiten – Teil 17 – Einwendungen und Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin


2.8.2. Einwendungen und Einreden

Der Bürge kann gegen die Forderung des Gläubigers einerseits Einwendungen und Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis, wie z.B. die Sittenwidrigkeit, geltend machen und andererseits diejenigen Einwendungen und Einreden, die dem Schuldner aus dem Vertrag mit dem Gläubiger zustehen.

2.8.2.1. Einreden und Einwendungen aus dem Bürgschaftsvertrag

Abgesehen von den allgemeinen Einreden und Einwendungen, die die Wirksamkeit des Bürgschaftsvertrages betreffen können, ist insbesondere die Einrede der Vorausklage gem. § 771 S.1 BGB zu beachten.
Demnach kann der Bürge die Leistung an den Gläubiger verweigern, solange dieser nicht erfolglos versucht hat, gegen den Schuldner die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, führt dies zur Hemmung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen, § 209 BGB.

Beispiel

Birgit verbürgt sich für die Kaufpreisforderung der N-GmbH gegenüber ihrer Freundin Katharina. Die N-GmbH geht davon aus, dass die Zahlung von Katharina ausbleiben wird und nimmt gleich Birgit in Anspruch. Birgit erhebt die Einrede der Vorausklage mit der Folge, dass die N-GmbH ihren Anspruch erst bei Katharina durchsetzen muss, bevor sie Birgit als bloße Sicherungsgeberin in Anspruch nehmen können. Solange die N-GmbH den Anspruch gegen Katharina nicht durchsetzt, ist der Anspruch auf Zahlung gegenüber Birgit gehemmt.In der Praxis spielt die Einrede der Vorausklage jedoch eine untergeordnete Rolle. Beim Abschluss des Bürgschaftsvertrages wird überwiegend die sog. „selbstschuldnerische Bürgschaft“ verlangt. Damit verzichtet der Bürge auf die Einrede der Vorausklage.

Des Weiteren steht dem Bürgen die Einrede der Aufrechenbarkeit gem. § 770 Abs. 2 BGB zu. Danach kann der Bürge die Zahlung verweigern, wenn der Gläubiger sich mit einer Gegenforderung des Hauptschuldners befriedigen könnte.

Der Bürge kann darüber hinaus die Einrede der Verjährung erheben. Dies kann er in zweierlei Hinsicht tun: wegen der Hauptforderung oder wegen der Bürgschaftsforderung.

Der Bürge kann gegenüber der Inanspruchnahme des Gläubigers einwenden, dass die Hauptforderung bereits verjährt ist.

Beispiel

Herr Schön hat 2008 beim Modehaus Gutangezogen eine Lederjacke im Wert von 1.000 Euro gekauft. Herr Breit hat für die Kaufpreiszahlung eine Bürgschaft unterzeichnet. Im Jahr 2014 fällt dem Modehaus auf, dass die Kaufpreisforderung noch nicht bezahlt ist und nimmt Herrn Schön auf Zahlung in Anspruch, der sich allerdings mittlerweile in der Insolvenz befindet. Das Modehaus wendet sich nun an Herrn Breit und fordert ihn zur Zahlung der 1.000 Euro nebst Zinsen auf. Die Forderung aus dem Kaufvertrag zwischen Herrn Schön und dem Modehaus Gutangezogen ist allerdings mittlerweile verjährt. Herr Bereit beruft sich auf die Verjährung und verweigert zu Recht die Zahlung. Das Modehaus kann die Zahlung nicht mehr von Herrn Bereit verlangen.
Der Bürge kann darüber hinaus einwenden, dass die Bürgschaftsforderung gegen ihn selbst verjährt ist. Bürgschaftsschuld verjähren gem. §§ 195, 199 I Nr.1 BGB in drei Jahren, selbst wenn die Hauptschuld einer anderen Verjährung unterliegt. Die Bürgschaftsschuld kann also früher verjähren als die Hauptforderung.

Beispiel

Tom schuldet Gernot seit dem 05.06.2010 500 Euro Schmerzensgeld. Toms Mutter Frau Moll verbürgt sich für diese Forderung. Am 02.05.2015 wendet sich nun Gernot an Frau Moll und verlangt von ihr die Zahlung des Schmerzensgeldes, weil Tom nicht zahlen kann. Die Hauptforderung gegen Tom verjährt gem. § 197 BGB erst innerhalb von 30 Jahren. Frau Moll kann sich als Bürgin also nicht auf Verjährung der Hauptforderung berufen.
Allerdings unterliegt die Bürgschaftsforderung gegen Frau Moll der eigenständigen, normalen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Daher ist die Forderung von Gernot gegen Frau Moll am 01.01.2014 verjährt. Sie kann Gernot die Einrede der Verjährung der Bürgschaftsforderung entgegenhalten und muss nicht zahlen.

2.8.2.2. Einreden und Einwendungen aus dem Hauptschuldverhältnis

Nicht nur der Hauptschuldner selbst kann die ihm zustehenden Einreden und Einwendungen gegen den Gläubiger geltend machen, sondern auch der Bürge. Der Bürge kann sich selbst dann darauf berufen, wenn der Hauptschuldner darauf verzichtet hat.

Unabhängig von der Verjährung der Bürgenschuld, kann sich der Bürge auf die Einrede der Verjährung der Hauptschuld berufen.

Der Bürge kann die dem Hauptschuldner gegen den Gläubiger zustehende Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273) sowie der Stundung (§ 205) geltend machen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.


 

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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Daria Lehmann
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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

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  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
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  • Rückabwicklung von Bankanlageprodukten, die sich im Nachhinein als Verlust erweisen
  • Abwehr von Ansprüchen aus sittenwidrigen Angehörigen-Bürgschaften oder Darlehensmitübernahmen
  • Abwehr von Forderungen aus unzulässigen Klauseln in Bankverträgen
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  • Abwicklung von Leasingverträgen
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  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
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  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
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  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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