Kreditsicherheiten – Teil 18 – Klauseln über die Verjährung von Bürgschaftsforderungen in Banken-AGB
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
2.8.2.3. Klauseln über die Verjährung von Bürgschaftsforderungen in Banken-AGB
Vor allem im Rahmen von Bankkrediten ist es üblich, dass für die Absicherung der Rückzahlungsforderung der Bank gegen den Kreditnehmer mit einer weiteren Person ein Bürgschaftsvertrag abgeschlossen wird. Zwischen dem Zeitpunkt des Abschlusses des Bürgschaftsvertrages und der Inanspruchnahme des Bürgen durch die Bank, können dann jedoch lange Zeiträume liegen.
Für den Bürgen stellt sich, wenn er viele Jahre nach Abschluss des Bürgschaftsvertrages durch die Bank dann in Anspruch genommen wird, die Frage, ob er noch in die Haftung genommen werden kann oder ob die Forderung der Bank ihm gegenüber nicht mittlerweile verjährt ist.
Grundsätzlich richtet sich die Verjährung einer Forderung nach den allgemeinen Regelungen zur Verjährung im BGB. Damit beträgt die Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt in dem Jahr zu laufen, in dem die Forderung fällig wird und der Gläubiger von allen maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt, die die Forderung betreffen.
Wann die Forderung der Bank gegen den Bürgen wiederum fällig wird, richtet sich nach § 765 BGB, der den Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen regelt. Weil dort an die Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger keine weiteren Voraussetzungen, insbesondere Zeitabläufe vorgesehen sind, kann der Schuldner den Bürgen sofort bei Fälligkeit der Hauptforderung in Anspruch nehmen. Der Bürge kann zwar die Einrede erheben, dass der Gläubiger zuerst versuchen soll, sich beim Hauptschuldner zu befriedigen (sog. Vorausklage gem. § 771 BGB). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Gläubiger grundsätzlich mit Fälligkeit der Hauptforderung auch Befriedigung beim Bürgen suchen kann.Die Fälligkeit des Anspruchs gegen den Bürgen fällt also mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Hauptforderung grundsätzlich zusammen - ist die Hauptforderung fällig, so tritt auch Fälligkeit der Bürgschaftsforderung ein. Ist die Hauptforderung verjährt, kann auch der Bürge seiner Inanspruchnahme die Einrede der Verjährung entgegenhalten und kann dann nicht mehr von der Bank in Anspruch genommen werden.
Dieser Grundsatz ist aber nicht zwingend. Das Gesetz stellt es den Parteien frei, den Zeitpunkt der Fälligkeit einer jeden Forderung - auch der Forderung der Bank gegen den Bürgen - anderweitig zu regeln und zeitlich zu verschieben.
Viele Banken haben in ihren AGB Klauseln enthalten, die unter der Überschrift „Inanspruchnahme aus der Bürgschaft“ die Regelung treffen, dass der Bürge bei Fälligkeit der Hauptforderung erst nach Aufforderung durch die Bank Zahlung leisten muss. Diese Klausel trifft somit die Regelung, dass die Forderung gegen den Bürgen erst dann fällig wird, wenn die Forderung gegen den Hauptschuldner fällig ist und der Bürge durch die Bank tatsächlich zur Zahlung aufgefordert wird. Der Zeitpunkt der Fälligkeit wird somit nach hinten verschoben - und damit auch der Zeitpunkt des Verjährungsbeginnes.
Eine solche Regelung in den AGB einer Bank-Bürgschaftserklärung ist wirksam. Sie benachteiligt den Bürgen als Vertragspartner der Bank nicht unangemessen.
Die Klausel ist zunächst nicht deshalb unwirksam, weil sie unklar im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB ist. Dies würde nämlich voraussetzen, dass mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten für die Klausel bestehen, sodass der Bürge nicht wissen und erkennen kann, was genau mit der Klausel gemeint ist. In der Rechtsprechung und auch der einschlägigen Literatur wurde zwar lange diskutiert, ob bei dieser Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken Unklarheiten bestehen, die zur Unwirksamkeit der Klausel führen oder nicht. Legt man aber die Klausel aus Sicht eines verständigen, durchschnittlichen Vertragspartners aus, so ergibt sich klar und deutlich, dass die Fälligkeit der Forderung gegen den Bürgen erst mit der Inanspruchnahme des Bürgen durch den Gläubiger eintreten soll. Der Bürge kann eindeutig herauslesen, dass er erst dann leisten muss, wenn die Bank ihn dazu auffordert. Auch dass der Verjährungszeitpunkt der Bürgschaftsforderung hierdurch nach hinten verschoben werden kann, ist für den Bürgen klar erkennbar. Dass dabei das Wort „Fälligkeit“ in der Klausel nicht fällt, ist unschädlich.
Die Klausel ist auch keine überraschende und deshalb unwirksame Klausel gem. § 305c Abs.1 BGB. Überraschend ist eine Klausel in AGB, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser nach den Umständen der Verwendung der Klausel nicht ernstlich mit ihr zu rechnen braucht.
Dies trifft auf die hier in Frage stehende Klausel aber nicht zu, sodass sie gerade nicht ungewöhnlich ist. Maßgeblich sind nämlich die Begleitumstände des Vertragsschlusses, insbesondere, ob durch die Klausel in einem nur geringen oder in einem erhöhten Maße vom Gesetz abgewichen wird und ob die Klausel eine für den jeweiligen Geschäftskreis übliche oder unübliche Regelung trifft.
Die Klausel ist darüber hinaus nicht nach § 307 Abs.1 Satz 1 unwirksam, weil sie den Bürgen nicht unangemessen benachteiligt. Eine entsprechende Benachteiligung liegt nur dann vor, wenn der Verwender seine Eigeninteressen in nicht hinnehmbarer eigennütziger Weise auf Kosten der schützenswerten Interessen des Vertragspartners durchsetzt, ohne die Interessen des Vertragspartners zu beachten. Dies ist aber hier gerade nicht der Fall.
Die Interessen des Bürgen werden in den meisten der hier in Frage stehenden Klauseln schon dadurch gewahrt, dass in der Klausel auch die Regelung enthalten ist, dass vor Inanspruchnahme des Bürgen zunächst der Hauptschuldner in Anspruch genommen werden muss. Der Bürge muss also nur insoweit haften, wie der Hauptschuldner die Schuld nicht begleichen kann. Außerdem können Zinsansprüche gegen den Bürgen - die ebenfalls erst ab Fälligkeit entstehen - aufgrund der Klausel erst später geltend gemacht werden, was dem Bürgen ebenfalls entgegen kommt.
Entsprechend den hier dargestellten Ausführungen hat der BGH am 26.02.2013 (Fußnote) die Wirksamkeit einer solch dargestellten Fälligkeitsklausel bejaht, die im Rahmen eines Bürgschaftsvertrages aus dem Jahre 2002 verwendet wurde. Auch für erst nach 2003 abgeschlossene Bürgschaftsverträge, die eine entsprechende Klausel enthalten, dürfte von der Wirksamkeit der Klausel ausgegangen werden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.
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Carola Ritterbach
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Stand: Januar 2015
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
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