Fehlerhafte Zinsberechnung von Banken – Teil 25 – Vorfälligkeit
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
3. Vorfälligkeit
3.1. Vorfälligkeitsentschädigung und Vorfälligkeitsentgelt
Die Begriffe „Vorfälligkeitsentgelt“ und „Vorfälligkeitsentschädigung“ sind voneinander zu trennen.
Steht dem Darlehensnehmer kein Kündigungsrecht i.S.v. § 490 Abs. 2 S. 1 und 2 BGB zu, so können die Bank und der Kreditnehmer den Vertrag durch eine einvernehmliche Regelung aufheben und von der Zahlung eines bestimmten Betrages, dem Vorfälligkeitsentgelt, abhängig machen. Diese Zahlung stellt keinen Schadenersatz dar. Es handelt sich in diesem Fall um eine bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit frei verhandelbare Zahlung für die Einwilligung zur vorzeitigen Vertragsauflösung und somit um ein Vorfälligkeitsentgelt. Der Darlehensnehmer bezahlt gewissermaßen für das Entgegenkommen der Bank.
Auf die Vorfälligkeitsentschädigung hat die Bank hingegen im Falle einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens einen Anspruch.
3.2. Vorfälligkeitsentgelt
Wenn dem Darlehensnehmer kein Recht zur Kündigung des Darlehensvertrages zusteht, können die Parteien eine Änderungsvereinbarung treffen, in dem sie eine Ablösung des Darlehens gegen Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts vereinbaren. In Folge dessen unterliegt die vereinbarte Höhe des Vorfälligkeitsentgelts keiner Angemessenheitskontrolle durch die Gerichte. Die Banken orientieren sich bei der Höhe des Vorfälligkeitsentgelts an den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Vorfälligkeitsentschädigung.
Das Vorfälligkeitsentgelt kann entweder bereits im Darlehensvertrag festgelegt werden oder dann vereinbart werden, wenn der Darlehensnehmer den Wunsch äußert, vorzeitig aus dem Darlehensvertrag entlassen zu werden, obwohl er kein Kündigungsrecht hat.
Beispiel
A kündigt sein Darlehen in Höhe von 10.000 € bei der B-Bank vorzeitig, weil er das Geld zur Rückzahlung früher als erwartet erwirtschaftet hat. Die B-Bank erkennt die Kündigung nicht an, weil A kein Kündigungsgrund zusteht. Die Bank kann A den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gegen Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts in Höhe von 2.000 € vorschlagen. Wenn A diesem Vorschlag zustimmt, ist er zur Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts in Höhe von 2.000 € verpflichtet.
Ein Vorfälligkeitsentgelt ist eine Preisvereinbarung, die nach der Rechtsprechung erst dann sittenwidrig ist, wenn das von der Bank verlangte oder vereinbarte Vorfälligkeitsentgelt die Vorfälligkeitsentschädigung um mehr als das Doppelte überschreitet wenn eine ehebliche Überschreitung vorliegt und weitere subjektive Momente hinzukommen, die im Zusammenwirken mit der Überschreitung die Sittenwidrigkeit rechtfertigen.
Beispiel
A nimmt bei der B-Bank ein Darlehen zum Erwerb eines Einkaufzentrums in Höhe von 20.000.000 € auf. Der Zinssatz beträgt 6,25 %. Ein paar Jahre später veräußert A das Einkaufszentrum für 21.000.000 €. Er beabsichtigt nun, weitere Objekte zu erwerben und benötigt hierfür ebenfalls Kapital. Die B-Bank kann A nun vor die Wahl stellen, entweder den Altkredit für die Finanzierung der neuen Projekte einzusetzen oder mit ihr einen Aufhebungsvertrag bzgl. des alten Darlehensvertrags gegen Entrichtung eines Vorfälligkeitsentgelts in Höhe von 453.000 € abzuschließen und die Objekte mit neuen Darlehensverträge zu finanzieren. Wenn A sich für die zweite Möglichkeit entscheidet, ist er zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet. Da sie mit 453.000 € nur etwa einem Viertel der Darlehenssumme entspricht, liegt keine Sittenwidrigkeit vor.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:
- Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
- Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
- Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
- Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
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