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Fehlerhafte Zinsberechnung von Banken – Teil 26 – Vorfälligkeitsentschädigung


Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin

Igor Ivanov
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.3. Vorfälligkeitsentschädigung

3.3.1. Einführung

Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Entschädigung, die eine Bank bei einer vorzeitigen Rückzahlung des Darlehensbetrages vom Darlehensnehmer beanspruchen kann. Eine vorzeitige Rückzahlung kommt zum Beispiel bei außerplanmäßigen Tilgungen bzw. im Falle einer ordentlichen Kündigung in Betracht.

Wird ein Vertrag mit einem anfänglich gebundenen Sollzinssatz gem. § 490 Abs. 2 S. 1 BGB durch den Darlehensnehmer ordentlich gekündigt, ergibt sich als Kündigungsfolge aus § 490 Abs. 2 S. 3 BGB die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Das Kündigungsrecht des § 490 BGB trägt auf der einen Seiten den Bedürfnissen des Darlehensnehmers Rechnung, sich wegen veränderter Umstände vorzeitig vom Darlehen zu lösen.
Auf der anderen Seite wird durch die Rechtsfolge der Vorfälligkeitsentschädigung das Interesse der Bank an ihrem Gewinn gewahrt. Die Bank hat bei einem Darlehen mit einem gebundenen Zinssatz für den vereinbarten Zeitraum der Zinsbindung eine gesicherte Zinserwartung. Der Verlust der kalkulierten Einnahmen durch die vorzeitige Rückzahlung soll durch die Vorfälligkeitsentschädigung ausgeglichen werden.

Der Darlehensnehmer muss der Bank also den Schaden ersetzen, den diese aus der vorzeitigen Kündigung erleidet.

Eine Bank hat die Pflicht, alle wesentlichen Faktoren für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung dem Kreditnehmer offen zu legen. Enthält die Abrechnung der Vorfälligkeitsentschädigung alle maßgeblichen Faktoren, die dem Bankkunden eine Überprüfung der Abrechnung ermöglichen, ist eine zusätzliche Auskunft und Rechnungslegung nicht geschuldet.

3.3.2. Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung

Die Bank kann nicht jeden beliebigen Schaden geltend machen. Sie kann Ersatz ihres Schadens nur bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit verlangen.

Wird die Vorfälligkeitsentschädigung nicht entrichtet, ändert sich an der Wirksamkeit der Kündigung nichts. Der Darlehensgeber ist dann darauf angewiesen, die Vorfälligkeitsentschädigung vor Gericht einzuklagen.

Der Darlehensgeber kann sich nur insoweit schützen, als dass er wegen der Vorfälligkeitsentschädigung ein Zurückbehaltungsrecht nach §§ 273 und 274 BGB geltend macht, wenn er vom Darlehensnehmer auf Freigabe der Sicherheit in Anspruch genommen wird. Dabei kommt es nicht auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung im Gegensatz zu dem Wert der Sicherheit an. Das Zurückbehaltungsrecht setzt allein das Bestehen eines fälligen Gegenanspruchs voraus, ohne dass es auf dessen Höhe ankommt.

3.3.3. Pauschalisierte Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung

Eine Pauschalisierung der Vorfälligkeitsentschädigung verstößt bei Verbrauchern in der Regel gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB sowie bei Nichtkaufleuten gegen 309 Nr. 5 a) BGB, wenn die Pauschale den nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt.

Eine Pauschalisierung der Vorfälligkeitsentschädigung ist unwirksam, wenn sie eine Abzinsung nicht berücksichtigt.

Wenn die Pauschale einen die Nettozinsmarge der Bank übersteigenden Prozentsatz des Restkapitals zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zugrunde legt, ist die Klausel unwirksam.

3.3.4. Vorfälligkeitsentschädigung bei Verbrauchern

Die Vorfälligkeitsentschädigung für Verbraucher, ist in § 502 BGB geregelt. Dort hat der Gesetzgeber insbesondere Höchstbeträge und Ausschlussgründe definiert.

Nach § 502 BGB darf die Vorfälligkeitsentschädigung folgende Beträge nicht überschreiten:

  • 1 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags,
  • wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung ein Jahr nicht übersteigt, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags,
  • den Betrag der Sollzinsen, den der Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.

Der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn

  • die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die auf Grund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern, oder
  • im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.


3.3.5. Vorfälligkeitsentschädigung bei Kündigung durch die kreditgebende Bank

Kündigt eine Bank berechtigterweise den Darlehensvertrag

  • nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen
  • gem. § 490 Abs. 1 BGB ,weil der Darlehensnehmer mit seinen Ratenzahlung in Verzug ist

oder

  • weil die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers sich derart verändert haben, dass sich die bestellten Sicherheiten wesentlich verschlechtert haben

kann sie Schadenersatz nach § 280 BGB verlangen. Die Bank ist so zu stellen, wie sie bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stehen würde. Die Bank kann den ihr entstandenen Zinsschaden geltend machen. Dieser Zinsschaden berechnet sich in gleicher Weise, wie bei einer außerordentlichen Kündigung nach § 490 Abs. 2 BGB.

Der Schadensersatzanspruch, der der Bank bei einem nicht vertragsgemäßen Verhalten des Kreditnehmers zusteht, ist eine Variante der Vorfälligkeitsentschädigung.

Kündigt eine Bank den Darlehensvertrag aus einem Grund, den der Kreditnehmer nicht zu vertreten hat, hat die Bank keinen Anspruch auf Schadenersatz.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Igor Ivanov, wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.

Beispiele aus dem Tätigkeitsbereich von Rechtsanwältin Carola Ritterbach:

  • Beratung und Vertretung von Bankkunden bei allen Fragen hinsichtlich Darlehensverträgen, Kreditsicherheiten, wie beispielsweise Bürgschaften oder Grundschulden und Kapitalanlagen wie z.B. Wertpapiere oder Fonds
  • Durchsetzung von Schadensersatz- und Rückabwicklungsansprüchen bei Bankberatungsfehlern, z.B. beim Abschluss von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds, Schiffsfonds, Zinsdifferenzgeschäften, Swapverträgen etc.
  • Beratung bei Fragen zur Anlagevermittlung und Prospekthaftung
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  • Unterstützung bei allen Fragen rund um das Girokonto, Sparbuch und dem elektronischen Zahlungsverkehr Wahrung des Bankgeheimnisses und Beanspruchung von Bankauskünften
  • Beratung und Vertretung im Bereich des Factorings

Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:

  • Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
  • Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
  • Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
  • Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
  • Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
  • Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht

 

Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.

Rechtsanwältin Ritterbach bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zu den Themen:

  • Die Bürgschaft - Wer bürgt wird gewürgt?
  • Pflichten und Haftung bei der Anlageberatung - Welche Rechte haben Sie gegenüber Ihrer Bank?
  • Bankstrategien von Unternehmen – u.a.: Zweibankenstrategie, die passende Bank für Ihr Geschäft
  • Die Abrechnung von Leasingverträgen - Was Leasinggesellschaften dürfen und worauf Sie achten sollten
  • Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
  • Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?

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Normen: § 490 BGB, § 280 BGB, § 502 BGB, § 307 BGB, § 309 BGB, § 273 BGB, § 274 BGB

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