Das Recht der Baugenehmigung – Teil 08 – Mischnutzung (Kerngebiete), Gewerbliche Nutzung und Sondergebiete
1.1.2.2.2.3. Kerngebiete
Aufgrund der allgemeinen Zweckbestimmung des § 7 Abs. 1 BauNVO, wonach Kerngebiete vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dienen, herrschen in diesem Baugebiet solche Anlagen und Einrichtungen vor, die durch einen größeren, unter Umständen überörtlichen Einzugsbereich und daraus resultierenden starken Publikumsverkehr charakterisiert sind. Deshalb handelt es sich bei Kerngebieten insbesondere um die Innenstädte der Großstädte, aber auch um Zentren von Stadtbezirken oder von kleineren und mittleren Städten.
Klassische Kerngebietsnutzungen sind Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und kerngebietstypische Vergnügungsstätten wie Diskotheken und Kinos.
Kerngebiete haben die zentrale Funktionen mit vielfältigen Nutzungen und einem – urbanen – Angebot an Gütern und Dienstleistungen für Besucher der Stadt und für die Wohnbevölkerung eines größeren Einzugsbereichs.
1.1.2.2.3 Gewerbliche Nutzung
Betriebe zur gewerblichen Nutzung sind Gewerbe- und Industriegebiete.
1.1.2.2.3.1. Gewerbegebiete
Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, § 8 Abs. 1 BauNVO.
Allgemein zulässig sind zunächst Gewerbebetriebe aller Art , einschließlich der Prostitution , Lagerhauser, Lägerplätze und öffentliche Betriebe. Der sehr weite Begriff des „Gewerbebetriebs aller Art“ ist von der Zweckbestimmung des Gewerbegebiets her dahin einzuschränken, dass nur solche Betriebe zulässig sind, die im Einklang mit der von der BauNVO vorausgesetzten typischen Funktionen dieses Gebietes stehen und nicht anderen Baugebieten ausdrücklich oder nach ihrer allgemeinen Zweckbestimmung zugewiesen sind. Daraus folgt, dass im Gewerbegebiet alle Betriebe unzulässig sind, die erheblich belästigen. Diese gehören grundsätzlich ins Industriegebiet.Ob Belästigungen zu erwarten sind, ist auf Grund einer typisierenden Betrachtungsweise zu beurteilen.
Ausnahmsweise zugelassen werden können betriebsbezogene Wohnungen. Betriebswohnungen sind Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind. Folglich muss zwischen den Wohnungen einerseits und dem Betrieb andererseits ein funktionaler Zusammenhang bestehen. Laut dem Bundesverwaltungsgericht soll die Anwesenheit der Bereitschaftspersonen nicht zwingend erforderlich sein, sondern es genügen, dass sie aufgrund der grundsätzlich vom Betreiber zu verantwortenden Betriebsabläufe objektiv sinnvoll ist, was durch eine Erreichbarkeit durch Mobiltelefon oder Anrufumleitung nicht ausgeschlossen werde.
Zudem können ausnahmsweise zugelassen werden Anlagen für kirchliche, kulturelle ,
soziale und gesundheitliche Zwecke und Vergnügungsstätten.
1.1.2.2.3.2. Industriegebiete
Industriegebiete nach § 9 BauNVO sind wie Gewerbegebiete der Ansiedlung von Gewerbebetrieben vorbehalten. Im Gegensatz zu den Gewerbegebieten dienen die Industriegebiete jedoch ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieb, und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten unzulässig sind.
Allgemein zulässig sind daher Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe sowie Tankstellen.
Da das Industriegebiet das Gebiet mit dem höchstzulässigen Störungsgrad darstellet, dürfen in seinem Einwirkungsbereich andere störungsempfindliche Nutzungen, die zu Einschränkungen der industriellen Nutzung führen, nicht zugelassen werden.
Ausnahmsweise zulässig sind – im Rahmen der Zweckbestimmung des Industriegebietes – betriebsgebundene Wohnungen und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
1.1.2.2.4 Sondergebiete
Die BauNVO unterscheidet zwischen Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO) und sonstige Sondergebiete (§ 11 BauNVO).
Aus § 10 Abs. 1 BauNVO folgt, dass als Sondergebiete, die der Erholung dienen, insbesondere Wochenendhausgebiete, Ferienhausgebiete und Campingplatzgebiete in Betracht kommen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Daher sind auch andere der Erholung dienende Sondergebiete möglich, beispielsweise ein Wassersportgebiet oder ein Sportzentrum mit Erholungsfunktion.
Nach § 11 Abs. 1 BauNVO sind sonstige Sondergebiete Gebiete, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Bei sonstigen Sondergebieten müssen Zweckbestimmung und Art der Nutzung im Bebauungsplan festgesetzt werden. Zudem muss es sich von den anderen Baugebieten der BauNVO wesentlich unterscheiden.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der Baugenehmigung“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9.
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