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40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 11 – Begriff der Entgeltumwandlung §§ 1 Abs. 2 Nr. 3; 1a BetrAVG



Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin

Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


3.4. Entgeltumwandlung §§ 1 Abs. 2 Nr. 3; 1a BetrAVG

3.4.1. Begrifflichkeit

Die Entgelt- oder auch Gehaltsumwandlung genannt ist ebenfalls eine Form der betrieblichen Altersversorgung. Die Regelung in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz kommt vor allem eine klarstellende Funktion zu; sie soll aber auch die Entgeltumwandlung gegenüber anderen Formen der betrieblichen Altersversorgung abgrenzen. Bei einer Entgeltumwandlung vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Anspruch auf Barauszahlung endgültig untergeht und durch eine Versorgungsanwartschaft ersetzt wird. Wie dieser Vorgang rechtsdogmatisch einzuordnen ist, kann dahinstehen, da in einem solchen Fall die Versorgungsanwartschaft sofort unverfallbar wird.

Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz können für eine betrieblichen Altersversorgung im Sinne einer Entgeltumwandlung lediglich zukünftige Entgeltansprüche in Anwartschaften auf Versorgungsleistungen umgewandelt werden. Die Regelung erfasst damit nur die zukünftige Umwandlung, also die Umwandlung vertraglich bereits vereinbarter Entgeltansprüche und nicht originäre Zusagen für eine Altersversorgung wie z.B. eine höhere Vergütung.

Der Arbeitnehmer kann somit von seinem Arbeitgeber verlangen, dass von seinen zukünftigen Entgeltansprüchen bis zu 4% (Höchstgrenze für 2013: 2784,- €) der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeine Rentenversicherung durch eine Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet wird.

Wie die Umwandlung zu erfolgen hat und welcher Durchführungsweg zu wählen ist, muss zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart werden.

Ein gesetzliches Recht, dass der Arbeitnehmer im Falle des § 1a Abs. 1 Satz 3 Betriebsrentengesetz nicht nur die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung über eine Direktversicherung verlangen, sondern auch den Versicherungsträger auswählen darf, findet sich nicht.

Der Arbeitnehmer kann nach § 1a Abs. 3 Betriebsrentengesetz lediglich verlangen, dass die Voraussetzungen für eine steuerliche Förderung nach den §§ 10a, 82 Abs. 2 des Einkommensteuergesetz erfüllt werden, wenn die betriebliche Altersversorgung über einen Pensionsfonds, einer Pensionskasse oder einer Direktversicherung durchgeführt wird.

Macht der Arbeitnehmer seinen Anspruch geltend, muss er jährlich einen Betrag in Höhe von mindestens einem Hundertsechzigstel (Mindestbetrag für 2013: 202,13 €) der Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 Sozialgesetzbuch IV für seine betrieblichen Altersversorgung verwenden.

Es wird also deutlich, dass damit das Freiwilligkeitsprinzip des Betriebsrentengesetzes aufgegeben und durchbrochen wird und der Arbeitgeber in begrenzten Umfang zur Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung, soweit der Arbeitnehmer dies verlangt, verpflichtet bzw. gezwungen wird. Allerdings ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, während entgeltfreier Beschäftigungszeiten (Elternzeit oder langer Krankheit) die Entgeltumwandlungsanwartschaft weiter anwachsen zu lassen. Gleichwohl wird dem Arbeitnehmer ermöglicht, selbst für die Aufstockung der Anwartschaft zu sorgen.

Auch bei der Entgeltumwandlung muss es sich um eine Zusage des Arbeitgebers aus Anlass des Arbeitsverhältnisses handeln. Die Begriffsmerkmale der betrieblichen Altersversorgung müssen mithin erfüllt sein. siehe 1. Teil: I. Definition Ist das nicht der Fall, handelt es sich um eine Eigenvorsorge des Arbeitnehmers, die vom Schutz des Gesetzes nicht erfasst wird.

Überdies wird in § 1a Abs. 1 Satz 2 Betriebsrentengesetz eine Entgeltumwandlungsvereinbarung vorausgesetzt.

Die Parteien können sich im Sinne der Vorschrift in der Entgeltumwandlungsabrede zwar frei auf Modalitäten einigen. Diese liegt allerdings nur vor, wenn der umzuwandelnde Beitrag, der festgelegte Gehaltsbestandteil (z.B. Jahressonderzahlung) oder der prozentuale Anteil des Gehalts, der umgewandelt werden soll, in ihr enthalten ist.

In einer Entgeltumwandlungsvereinbarung sollte ebenfalls die Zusageart und der Durchführungsweg festgelegt werden. Hierbei können die Parteien jeden möglichen denkbaren Zusageweg sowie einen der fünf Durchführungswege wählen. Bei der Durchführung über eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds sowie über eine Direktversicherung ist der Arbeitgeber in der Wahl frei, bei letzterem sowohl dann, wenn der Arbeitnehmer sie verlangt als auch wenn er sie von sich aus vorsieht. Zweckmäßig ist auch die Herstellung von Einvernehmen in Bezug auf den Versorgungsträger, wobei der Arbeitgeber allerdings auch hier eine freie Entscheidung treffen kann.
Der Anspruch auf Entgeltumwandlung ist nicht zusätzlich zu einer bestehenden Umwandlung gegeben, diese wird vielmehr angerechnet. Sofern also die bisherige Entgeltumwandlung den Höchstbetrag nicht ausschöpft, bleibt ein Anspruch in Höhe der Differenz bestehen; für die insoweit zu beanspruchende Entgeltumwandlung gelten die Wahlrechte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Der Anspruch ist arbeitsrechtlich ausgestaltet. Der Arbeitnehmer kann ihn also unabhängig von der steuerlichen Förderung der zusätzlichen Vorsorge in Anspruch nehmen. Der Arbeitnehmer kann gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, dass er für diese betriebliche Altersversorgung die steuerliche Förderung in Anspruch nehmen will. Wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber einigen, sind sie an die Vorgaben des § 1a Betriebsrentengesetz grundsätzlich nicht gebunden, können also unter Beachtung der allgemeinen Grenzen und der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen andere Durchführungswege und Formen wählen.

Nach § 17 Abs. 3 Betriebsrentengesetz ist § 1a Betriebsrentengesetz tarifdispositiv. Dies bedeutet grundsätzlich, dass von den Vorgaben des § 1a Betriebsrentengesetz durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. Diese Regelungskompetenz ist aber nicht unbeschränkt, da die einschlägige tarifliche Regelung im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 2 Betriebsrentengesetz diejenige ist, die gemäß § 4 Abs. 1 Tarifvertragsgesetz gelten würde, wenn die Parteien des Arbeitsverhältnisses tarifgebunden wären. Die Bezugnahme muss sich daher auf den räumlich, zeitlich, fachlich und persönlich anwendbaren Tarifvertrag richten. § 17 Abs. 5 Betriebsrentengesetz begrenzt somit die Möglichkeiten der Entgeltumwandlung, soweit Entgelt-ansprüche auf Tarifvertrag beruhen. Sie soll nur vorgenommen werden können, soweit dies durch Tarifvertrag vorgesehen oder zugelassen ist.

§ 1a Abs. 4 Betriebsrentengesetz schafft die Möglichkeit einer Fortsetzung der arbeitnehmerfinanzierten betrieblichen Altersversorgung mit eigenen Beiträgen, die auch weiterhin dem Betriebsrentengesetz unterfällt, da ein enger Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht; diese Fortsetzung muss zu den grundsätzlich gleichen Bedingungen erfolgen. Die eigenen Beiträge müssen angesichts des klaren Wortlauts nicht aus Entgeltumwandlung oder Arbeitsentgelt resultieren.

Außerdem ist bei einer Entgeltumwandlung das Ziel zu berücksichtigen. Dem Arbeitnehmer soll es ermöglicht werden, eine betriebsrentenrechtlich besonders gesicherte zusätzliche Altersversorgung aufzubauen. Auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis will der Gesetzgeber die Einbußen in der betrieblichen Altersversorgung begrenzen. Dementsprechend ist dem Versorgungsinteresse des Arbeitnehmers eine wesentliche Bedeutung beizumessen.

Der Vorteil der Entgeltumwandlung für den Arbeitgeber liegt darin, dass sich die Liquidität des Unternehmens bei ihr über unmittelbare Versorgungszusagen mit Pensionsrückstellungsbildung oder über Unterstützungskasse verbessert, da bei diesen Durchführungswegen Finanzierungseffekte entstehen. Dagegen sind Direktversicherungen und Pensionskassenzusagen liquiditätsneutral, weil Versicherungsprämien zu zahlen sind.

Für den Arbeitnehmer kann die Entgeltumwandlung attraktiv sein, weil er auf Einkommensteile, die einer höheren Steuer- und Sozialabgabe unterliegen, verzichtet und dafür eine Betriebsrente erlangt. Diese wird im Allgemeinen mit einer geringeren Steuer und nur noch mit Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner und der Pflegeversicherung belastet sein.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.


 

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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter


Kontakt: Dibbelt@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2015


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Portrait Monika-Dibbelt  Rechtsanwältin Monika Dibbelt

Normen: § 4 TVG, § 17 BetrAVG, § 1 BetrAVG, § 1a BetrAVG

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