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Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis – Teil 37 – § 308 Nr. 6, 7 und 8 BGB


Herausgeber / Autor(-en):
Michael Kaiser
Rechtsanwalt

Sebastian Galle
wissenschaftlicher Mitarbeiter


4.4.6 Nr. 6 – Fiktion des Zugangs

Klauseln, die den Zugang von für das Vertragsverhältnis bedeutsamer Erklärungen fingieren, können unwirksam sein. Das ergibt sich vor allem aus beweistechnischen Gründen, da infolge der Fiktion häufig der jeweils andere Vertragspartner (in der Regel nicht der Verwender) beweispflichtig wird. Er muss nun nachweisen, dass ihm die Erklärung (nicht) zugegangen ist.Klauseln nach § 308 Nr. 6 müssen die Voraussetzungen genau beschreiben, bei deren Erfüllung die Fiktion eintritt.
Als Erklärung von besonderer Bedeutung gilt jede, die dem Vertragspartner nachteilige Rechtsfolgen auferlegt. Hierzu zählen insbesondere Mahnungen, Kündigungen, Bestätigungsschreiben, Mängelrügen, Zustimmungen und Ablehnungen.


4.4.7 Nr. 7 – Abwicklung von Verträgen

Nach § 308 Nr. 7 können Klauseln unwirksam sein, die bei Kündigung oder Rücktritt und in entsprechender Anwendung bei Anfechtung und Widerruf vom Vertragspartner eine unangemessen hohe Vergütung für Gebrauch oder Benutzung einer Sache oder eines Rechts oder erbrachte Leistungen oder unangemessen hohen Aufwendungsersatz verlangen. Das Gesetzesrecht sieht diese Rechte zwar dem Grunde nach vor (§ 346 BGB), jedoch könnte durch unangemessen hohe Zahlungen der Vertragspartner davon abgehalten werden, seinen Rücktritt oder seine Kündigung zu erklären.
Die Angemessenheit bemisst sich nach der Branchenüblichkeit. Als unangemessen gilt eine Klausel auch dann, wenn sie im Einzelfall angemessen wäre, jedoch im typisierten Fall zu unangemessen hohen Beträgen führt. Als Vergleich gilt in erster Linie der vom Gesetz vorgesehene Ersatz beziehungsweise die Vergütung.
Neben dem Ersatz für den Gebrauch des Vertragsgegenstands fällt jedwede Aufwendung diesbezüglich darunter, die der Verwender für erforderlich hielt um den Vertrag zu erfüllen. Musste er beispielsweise einen LKW mieten um eine Maschine zum Vertragspartner zu transportieren, so kann er diese Kosten als Schadensersatz fordern.
Eine gewisse Beweiserleichterung gesteht die Rechtsprechung dem Vertragspartner zu. Grundsätzlich muss er zwar die Unangemessenheit der Klausel beweisen, jedoch reicht ein plausibler Vortrag aus. Da der Verwender seine Kalkulation nicht offen zu legen braucht, reicht es aus, dass der Vertragspartner nachvollziehbar darlegt, dass bei einem normalen Verlauf derartig hohe Kosten nicht angefallen wären. Dem Verwender ist es dabei unbenommen, seinerseits seine hohen Forderungen als angemessen zu beweisen.


4.4.8 Nr. 8 – Nichtverfügbarkeit der Leistung

Nach § 308 Nr. 8 sind Selbstbelieferungsvorbehalte und Vorratsklauseln grundsätzlich möglich. Diese können zum Rücktritt berechtigen. Ist dies per AGB geregelt, so hat der Verwender den Vertragspartner über die Nichtverfügbarkeit unverzüglich zu informieren und ihm die Gegenleistung unverzüglich zu erstatten. § 308 Nr. 8 stellt an die Wirksamkeit einer Rücktrittsklausel nach § 308 Nr. 3 BGB somit zusätzliche Anforderungen. Folglich kann eine nach § 308 Nr. 3 wirksame Klausel nach § 308 Nr. 8 dennoch unwirksam werden.
Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 I 1 BGB). Sobald es dem Verwender möglich ist, den Vertragspartner zu informieren und die Gegenleistung zu erstatten, muss er dies tun. Er muss es nur dann nicht sofort tun, wenn er unverschuldet daran gehindert wird (beispielsweise Stromausfall, sodass keine Kontaktdaten mehr vorliegen und erst später, wenn auch nicht auf anderem Kommunikationsweg über die Nichtverfügbarkeit informiert werden kann).Der Fall der Nichtverfügbarkeit liegt dann vor, wenn er eintritt oder der Verwender davon erfährt, dass er eintreten werde.
Erleidet der Vertragspartner dadurch einen Schaden, dass er nicht rechtzeitig informiert wurde, beispielsweise durch das Einstellen von weiteren Arbeitskräften um die Waren zu verarbeiten, der bei rechtzeitiger Information nicht eingetreten wäre, so kann er vom Verwender hierfür Schadensersatz verlangen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Einführung ins Recht der AGB - Allgemeine Geschäftsbedingungen in der rechtlichen Praxis“ von Michael Kaiser, auf AGB-Recht spezialisierter Rechtsanwalt, und Sebastian Galle, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-36-6.


 

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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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