40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung – Teil 13 – Rechtskontrolle durch AGB, Eigenbeitragszusage nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
3.4.4. Rechtskontrolle durch AGB
Für Entgeltumwandlungen gelten zusätzliche Schutzvorschriften, vergleiche unter anderem § 1b Abs. 5 Betriebsrentengesetz.
Bei einer Entgeltumwandlung führt weder ein Verstoß gegen das Wertgleichheitsgebot des § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz noch eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Bürgerlichen Gesetzbuch zu einem „Wiederaufleben“ der umgewandelten Entgeltansprüche.
Die Versicherungsbedingungen, die durch die arbeitsvertragliche Verweisung auch als Versorgungsbedingungen für die betrieblichen Altersversorgung gelten, unterliegen nach § 307 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch nur dann der in § 307 Abs. 1 und 2 Bürgerliches Gesetzbuch vorgesehenen Inhaltskontrolle, wenn sie von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Danach sind Klauseln, die Rechtsvorschriften nur wiederholen oder in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen (sogenannte deklaratorische Klauseln) der Inhaltskontrolle entzogen.
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch ist im Zweifel eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Die Regelungen des Betriebsrentengesetz deuten darauf hin, dass der Versorgungsberechtigte nach einer Entgeltumwandlung auch in sogenannten Störfällen - also bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und einer dadurch veranlassten Beitragsfreistellung in der Lebensversicherung - eine Versorgungsleistung von ausreichendem wirtschaftlichen Wert erhalten muss. Dies ergibt sich zwar nicht isoliert aus einzelnen betriebsrentenrechtlichen Vorschriften, lässt sich aber mit der gebotenen Gesamtschau begründen.
Soweit der Arbeitnehmer eine der Höhe nach unzureichende Versorgungsanwartschaft erhält und soweit deshalb der Entgeltumwandlung einer Rechtskontrolle nicht standhält, löst dieser Rechtsmangel lediglich eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur „Aufstockung“ der Versorgung aus. Denn § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz gebietet es, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anstelle des umgewandelten Arbeitsentgelts eine wertgleiche Altersversorgung zusagt. Wenn die zugesagte Versorgung somit nach den Maßstäben des § 1 Abs. 2 Nr. 3 Betriebsrentengesetz unzureichend ist, hat der AG die Versorgung soweit aufzustocken, dass dem Wertgleichheitsgebot genügt ist.
Die Aufstockung der betrieblichen Altersversorgung entspricht dem gesetzlichen Ziel, sowohl für einen Ausbau der betrieblichen Altersversorgung zu sorgen als auch den Arbeitnehmer vor unzureichenden Versorgungszusagen zu schützen. Zum selben Ergebnis würde auch eine ergänzende Vertragsauslegung führen. Die Entgeltumwandlungsvereinbarung ist darauf gerichtet, mit dem umgewandelten Arbeitsentgelt eine betriebliche Altersversorgung zu finanzieren. Jedenfalls in aller Regel entspricht es dem Vertragszweck, dem Arbeitnehmer Versorgungsleistungen in angemessener Höhe zu gewähren.
Außerdem könnten den Arbeitnehmer erhebliche Nachteile entstehen, wenn Entgeltumwandlungsvereinbarungen bei Verstößen gegen das Wertgleichheitsgebot unwirksam wären und insoweit die Entgeltansprüche fortbestünden. Soweit Ausschlussfristen gelten, wären die Vergütungsansprüche häufig verfallen.
Auch wenn die in der zugrunde gelegten Verrechnungsklausel enthaltene (volle) Zillmerung nach § 307 Bürgerliches Gesetzbuch unwirksam ist, bleibt die Entgeltumwandlungsvereinbarung im Übrigen nach § 306 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch wirksam. Die unwirksame Verrechnungsklausel fällt nicht ersatzlos weg, sondern es bedarf einer ergänzenden Vertragsauslegung. Unabhängig davon, zu welchem Verrechnungszeitraum die ergänzende Vertragsauslegung führt, erhöht sich die betriebliche Altersversorgung entsprechend.
3.5. Umfassungszusage bzw. Eigenbeitragszusage § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG
Bei der Umfassungszusage bzw. Eigenbeitragszusage liegt eine betriebliche Altersversorgung vor, wenn der Arbeitnehmer aus seinem Arbeitsentgelt, was schon versteuert und verbeitragt ist, selbst zur Finanzierung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung Beiträge an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung zahlt und die Zusage des Arbeitgebers auch die Leistungen aus den diesbezüglichen Beiträgen umfasst.
Es macht also keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer auf Entgelt verzichtet, welches dann der Arbeitgeber in Versorgungslohn umwandelt oder der Arbeitnehmer selbst investiert. Es bleibt jedoch dabei, dass das Betriebsrentengesetz nur dann anwendbar ist, wenn sich die Versorgungsrechte des Arbeitnehmer aus der Zusage des Arbeitgebers anlässlich des Arbeitsverhältnis ergeben.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „40 Jahre Betriebsrentengesetz – betriebliche Altersversorgung“ von Dr. Maren Augustin, Fachanwältin für Insolvenzrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter.
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Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2015