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Das Recht der GmbH – Teil 30 – Neuregelung des Eigenkapitalersatzrechtes

5.3 Das neue Eigenkapitalersatzrecht der GmbH

Das Eigenkapitalersatzrecht ist durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen - kurz MoMiG - abgeschafft worden. Dennoch wirken sich einige im Rahmen dieses Rechtsinstitutes entwickelte Grundsätze fort.


5.3.1 Grundsätzliches zum Eigenkapitalersatzrecht

Was mit Eigenkapitalersatzrecht gemeint ist, lässt sich vielleicht am Einfachsten anhand eines Beispiels nachvollziehen: Gewährte ein Gesellschafter seinem Unternehmen in der Krise anstelle von Eigenkapital ein Darlehen oder übernahm er für ebendieses eine Bürgschaft, so wurden diese Leistungen so behandelt, als hätte der Gesellschafter der Gesellschaft Eigenkapital zugeführt.Der Gesetzgeber bezweckte damit, dass der Gesellschafter eines in der Krise befindlichen Unternehmens entweder dem angeschlagenen Unternehmen neues Eigenkapital zufließen lies oder das Unternehmen liquidierte .
Solange sich nun das Unternehmen in der Krise befand, durfte eine Rückzahlung des Darlehens an den Gesellschafter nicht erfolgen.
In den Fällen, in denen dieses Unternehmen in die Insolvenz ging, zog der Insolvenzverwalter das eigenkapitalersetzende Darlehen zur Insolvenzmasse hinzu. Schmerzlich für den Ge-sellschafter wirkte sich danach dessen nachrangige Stelle bezüglich der Darlehensrückforderung bei der Masseverteilung aus.
Weiterhin konnte der Insolvenzverwalter auch die aus dem Darlehen stammenden Zinszahlungen an den Gesellschafter anfechten und somit zurückfordern.
Mit Inkrafttreten des MoMiG sind diese Regelungen zu den eigenkapitalersetzenden Darlehen zum 1. November 2008 neu geregelt worden und gelten nun nur noch für sogenannte „Alt-fälle“ weiter.


5.3.2 Neuregelung des Eigenkapitalersatzrechtes

Die wesentlichen Änderungen bzw. Neuregelungen des Eigenkapitalersatzrechtes schlagen sich in den §§ 39, 44a und 135 InsO wieder, auf die nachfolgend eingegangen wird.


5.3.2.1 § 39 InsO


5.3.2.1.1 Gesellschafterdarlehen, § 39 Absatz 1 Nr. 5 InsO

Grundsätzlich sind im Insolvenzverfahren alle Gläubiger gleichberechtigt (Gleichbehandlungsgrundsatz – par condicio creditorium) und daher alle Forderungen quotal zu befriedigen. In § 39 wurde aber für bestimmte Gläubiger, insbesondere Gesellschafter des Schuldnerunternehmens, eine Nachrangigkeit festgelegt. Hiernach sind alle Gesellschafterdarlehen sowie auch Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Darlehen entsprechen, gegenüber allen anderen Forderungen nachrangig. Auf das Vorliegen einer Krise, wie nach alter Rechtslage, zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung kommt es nun nicht mehr an. Wichtig für den Gesellschafter zu wissen ist, dass gegenüber der alten Regelung nun auch Darlehen nachrangig sind, welche der Gesellschaft aus unternehmerisch sinnvollen Absichten gewährt wurden.


5.3.2.1.2 Darlehen von typischen und atypischen Gesellschaftern

Hingegen muss der typisch stille Gesellschafter nicht den Teilausfall seiner Rückzahlungsansprüche aus dem Darlehen fürchten. Dies gilt lediglich weiterhin nur für einen atypischen Gesellschafter, auch wenn dieser nur marginal an den unternehmerischen Risiken beteiligt ist.


5.3.2.1.3 Sanierungsprivileg

Eine Ausnahme von der Erfassung der Nachrangigkeit bildet das sogenannte Sanierungsprivileg. Dieses Privileg sagt aus, dass ein Gläubiger, der zum Zeitpunkt des Vorliegens der Insolvenzgründe kein Gesellschafter ist, Geschäftsanteile zum Zwecke der Sanierung erwerben kann, ohne dass ihm die Nachrangigkeit seiner Forderung droht, wenn die Sanierung später scheitert.

Beispiel 1
Die Geschäfte der S-GmbH laufen schlecht. Es droht die Zahlungsunfähigkeit und folglich die Insolvenz. Gläubiger G hat eine Forderung in Höhe von 50.000 EUR gegenüber der S-GmbH. Um die Zahlungsunfähigkeit der S-GmbH zu vermeiden und das Unternehmen zu sanieren, erwirbt G Geschäftsanteile der S-GmbH in Höhe von 50.000 EUR. Die beabsichtigte Sanierung scheitert und das Insolvenzverfahren wird eröffnet.

  • Die Forderungen des G sind trotz der gescheiterten Sanierung gemäß § 39 Abs. 4 S. 2 privilegiert und damit nicht nachrangig. Sie werden als normale Insolvenzforderungen nach § 38 InsO im Verfahren berücksichtigt.


5.3.2.1.4 Kleinbeteiligtenprivileg

Ferner sind von der Regelung des § 39 InsO auch Personen ausgenommen, die dem Kleinbeteiligtenprivileg unterliegen.
Dieses Privileg gilt für den nicht geschäftsführenden Gesellschafter, der mit 10% oder weniger am Haftungskapital der Gesellschaft beteiligt ist.


5.3.2.1.5 Allgemeine Rechtsfolge

Greifen die beiden vorgenannten Privilegien nicht, so führt das in der Insolvenz der Gesellschaft dazu, dass ein Gesellschafter, der dem Unternehmen ein Darlehen oder Vergleich-bares gewährte, nun nachrangiger Insolvenzgläubiger ist.


5.3.2.1.6 Rechtsfolge bei abgetretener Darlehensforderung

Was aber geschieht, wenn der darlehensgebende Gesellschafter seinen Rückzahlungsanspruch an einen Nichtgesellschafter abtritt?
Auch hier schlägt sich die Problematik durch das Wegfallen des Tatbestandsmerkmals „Krise“ nieder. Früher konnte dem Zessionar entgegengehalten werden, das sich der erworbene Rückzahlungsanspruch auf ein eigenkapitalersetzendes Darlehen bezieht, sofern sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Abtretung in einer Krise befand.

Beispiel 1
Der Gesellschafter G hat seinem wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen ein Darlehen gewährt, um dieses sicher durch die Krise führen zu können. Kurz nach der Darlehensgewährung tritt G seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens an das Inkassounternehmen Z ab, damit er selbst liquide bleibt.
Einige Wochen später verschärft sich die Krise und führt schließlich zur Insolvenz des Unternehmens.

  • Hier ist offensichtlich, dass der Gesellschaft das Darlehen im Zeitpunkt einer Krise gewährt wurde. Damit hat das Darlehen einen eigenkapitalersetzenden Charakter und der Insolvenzverwalter konnte sämtliche aus dem Darlehen geflossenen Rückzahlungen zurückfordern. Auch wenn die Forderung, wie in diesem Falle, abgetreten wurde, konnte der Insolvenzverwalter dem Zedenten entgegenhalten, dass die Rückzahlungen aus einem eigenkapitalersetzenden Darlehen herrühren. Folglich konnte der Insolvenzverwalter die bereits an den Zedenten geflossene Zahlungen anfechten bzw. zurückfordern.

Nun aber fehlt durch das MoMiG das Merkmal der Krise und es stellt sich die Frage, ob damit nun der generelle Nachrang von Gesellschafterdarlehen und die Anfechtbarkeit von Rückzahlungen bei abgetretenen Gesellschafterdarlehen entfällt. Das diese Lösung so nicht zutreffen kann, ist offensichtlich, wenn man bedenkt, dass sich hierdurch für einen Gesellschafter eine Umgehung der Regelung ergibt, wenn er nur den Rückzahlungsanspruch an einen Nicht-Gesellschafter abtritt.Mangels einer höchstrichterlichen Entscheidung hat sich in der Literatur ein Lösungsansatz herauskristallisiert, der sowohl die Interessen des Zessionars, als auch die Systematik der alten Rechtslage berücksichtigt.

Demzufolge muss ein Zessionar nur innerhalb eines Jahres seit dem Eröffnungsantrag der Insolvenz befürchten, dass sein Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen nachrangig ist bzw. bereits erhaltene Zahlungen durch den Insolvenzverwalter angefochten werden.

Beispiel 2
Der Gesellschafter G hat seinem wirtschaftlich angeschlagenen Unternehmen ein Darlehen gewährt, um dieses sicher durch die Krise führen zu können. Kurz nach der Darlehensgewährung tritt G seinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens an das Inkassounternehmen Z ab, damit er selbst liquide bleibt.
Einige Wochen später verschärft sich die Krise und führt schließlich zur Insolvenz des Unternehmens.

  • Auf das Merkmal der Krise kommt es nicht mehr an. Das Darlehen hat mithin eigenkapitalersetzenden Charakter. Da hier nur einige Wochen nach der Abtretung der Eröffnungsantrag gestellt wurde, ist der abgetretene Rückzahlungsanspruch nachrangig und etwaig geflossene Zahlungen an den Zessionar können durch den Insolvenz-verwalter angefochten und folglich zur Insolvenzmasse ge-zogen werden.

Aufgrund der mitunter konträren Positionen in der Rechts-literatur, ist bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zu empfehlen, die Möglichkeiten der Abtretungen im Voraus durch einem Rechtsanwalt prüfen zu lassen und gegebenenfalls Regelungen in den Gesellschaftervertrag aufzunehmen.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Pia Löffler, Rechtsanwältin, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.


 

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Stand: Januar 2015


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    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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Normen: § 39 InsO

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