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Rechtliche Risiken beim Unternehmenskauf – Teil 50 – Die übertragende Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens

6.2 Die übertragende Sanierung außerhalb des Insolvenzverfahrens

Der Erwerb eines Unternehmens vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den Rechtsträger (GmbH, KG, OHG) oder einen Gläubiger kann als Share-Deal oder Asset-Deal gestaltet sein. Beim Share-Deal werden Gesellschaftsanteile an dem kurz vor der Insolvenz stehenden Rechtsträger erworben. Der Erwerber übernimmt in diesem Fall das Unternehmen einschließlich der wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die zur Unternehmenskrise geführt haben. Unter diesen wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind beispielsweise Schulden zu verstehen. Diese Schulden wird der Erwerber bei der Bemessung des Kaufpreises berücksichtigen.

Der Asset-Deal gestaltet sich im Stadium vor der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anders. Hier steht es dem Erwerber des Unternehmens frei, welche Vermögensgegenstände er übernehmen möchte.(Fußnote)

6.2.1 Die Haftung für Altverbindlichkeiten bei der außergerichtlichen übertragenden Sanierung

Die Veräußerung eines Krisenunternehmens kann eine geeignete Möglichkeit darstellen, ohne ein gerichtliches Insolvenzverfahren die Gläubiger des Krisenunternehmens zu befriedigen. Der Erwerb des Krisenunternehmens ist allerdings für den Erwerber mit Risiken verbunden. Dabei steht regelmäßig das Risiko einer Haftung für Altverbindlichkeiten im Vordergrund.

Der Erwerb eines Unternehmens im Eröffnungsverfahren bringt für den Erwerber kaum Vorteile in haftungsrechtlicher Sicht. Die Haftungsbeschränkung der §§ 613a BGB und 25 HGB gelten nur für den Unternehmenserwerb nach Verfahrenseröffnung. Der Erwerber eines Unternehmens hat somit für sämtliche Verbindlichkeiten des Schuldners gegenüber den Arbeitnehmern infolge des § 613a BGB einzustehen und haftet für alle im Betrieb des Geschäfts begründeten Verbindlichkeiten des Veräußerers.

Anders hingegen verhält es sich bei § 75 AO. Nach dieser Vorschrift besteht die durch § 75 AO angeordnete Haftung des Erwerbers eines Unternehmens für Steuerverbindlichkeiten nicht bei einem Erwerb aus der Insolvenzmasse oder bei einem Unternehmenskauf im Eröffnungsverfahren.(Fußnote)

6.2.2 Share-Deal

Unter Share-Deal versteht man den Erwerb einer Beteiligung an einer Gesellschaft vom Veräußerer einschließlich aller damit untrennbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten. Die Übertragung von Geschäftsanteilen ist je nach Rechtsform unterschiedlich. Es bestehen Besonderheiten hinsichtlich

Personengesellschaften (KG, OHG) und Kapitalgesellschaften (GmbH, AG)

6.2.2.1 Besonderheiten bei Personengesellschaften

Bei Personengesellschaften erfolgt die Übertragung der Anteile grundsätzlich durch Abtretung. Die Abtretung ist ein Vertrag zwischen dem Anteilsinhaber und dem Erwerber, der den unmittelbaren Übergang des Geschäftsanteils auf den Erwerber zur Folge hat. Wird im Vertrag nichts anderes geregelt, dann gehen sämtliche mit dem Gesellschaftsverhältnis verbundenen Rechte und Pflichten auf diesen über. Die Abtretung von Anteilen an einer Personengesellschaft setzt regelmäßig voraus, dass der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft geändert wird. Vom Gesellschaftsanteil ist der

Vermögensanteil, welcher die aktuelle Beteiligung am Gesellschaftsvermögen wiedergibt und derKapitalanteil, der das Verhältnis der Beteiligung der verschiedenen Gesellschafter anzeigt, zu unterscheiden.

Daher sollte der Gesellschaftsanteil, der veräußert werden soll, im Vertrag so genau wie möglich bezeichnet werden.(Fußnote)

Der Vertrag über den Erwerb bzw. Veräußerung eines Gesellschaftsanteils an einer Personengesellschaft bedarf keiner besonderen Form. Er muss also nicht notariell beurkundet oder notariell beglaubigt werden.

Die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einer Personengesellschaft ist nur mit der Zustimmung der anderen Gesellschafter möglich. Ausreichend ist ebenso die Zulassung der Übertragung im Gesellschaftsvertrag.

Der Wechsel im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft ist in notariell beglaubigter Form dem Handelsregister zu melden.

6.2.2.2 Rechtsfolgen der Übertragung

Auf den Erwerber von Beteiligungen gehen ohne weiteres die nicht abspaltbaren Gesellschafterrechte und –pflichten wie beispielsweise das Stimmrecht, Informationsrecht oder ein wirksames Wettbewerbsverbot über.

6.2.2.3 Haftung des Erwerbers

Die Gesellschafter einer OHG oder der Komplementär (Vollhafter) einer KG haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich und unbeschränkt. Dasselbe gilt, wenn ein neuer Gesellschafter durch Übertragung der Anteile an der Gesellschaft in die Gesellschaft eintritt. In diesem Fall haftet der Erwerber sowohl für die nach seinem Eintritt als auch für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten. Die Haftung für die Verbindlichkeiten kann Dritten gegenüber nicht ausgeschlossen werden. Die Haftung kann nur im Innenverhältnis zu den Mitgesellschaftern beschränkt werden.

Die Haftung des Kommanditisten (Teilhafter) ist auf die Höhe seiner Einlage beschränkt. Eine persönliche Haftung kommt nur in Betracht, wenn er seine Einlage nicht geleistet hat oder seine Einlage durch Rückzahlungen oder Entnahmen verringert wurde. Diese Grundsätze gelten ebenso bei Eintritt eines neuen Kommanditisten in eine Gesellschaft.(Fußnote)

6.2.2.4 Haftung des Veräußerers

Das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer OHG oder KG beseitigt seine persönliche Haftung nicht. Er haftet für die Altschulden, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind, weiter persönlich. Allerdings besteht diese Haftung nicht zeitlich unbeschränkt fort. Der ausgeschiedene Gesellschafter haftet für Altverbindlichkeiten nur, wenn sie vor Ablauf von fünf Jahren nach dem Ausscheiden fällig und daraus Ansprüche gerichtlich geltend gemacht sind.

6.2.2.5 Besonderheiten bei Kapitalgesellschaften

Der Geschäftsanteil an einer GmbH ist grundsätzlich frei veräußerbar. Die Satzung der GmbH kann allerdings vorsehen, dass an die Abtretung weitere Voraussetzungen, wie z.B. die Genehmigung der Gesellschaft oder das Vorliegen bestimmter Eigenschaften in der Person des Erwerbers, geknüpft werden.

Das Gesetz schreibt bei der Abtretung der Geschäftsanteile die notarielle Form vor. Mit notarieller Form ist die notarielle Beurkundung gemeint, d.h. die Anfertigung einer förmlichen Niederschrift und die Abgabe der Willenserklärungen der Parteien bei einem Notar. Wird die Abtretung nicht notariell beurkundet, ist sie unwirksam.(Fußnote)

Der neue Gesellschafter ist bei der Gesellschaft anzumelden. Erst ab dem Zeitpunkt der Anmeldung gilt er als Gesellschafter des Unternehmens. Anschließend hat der Geschäftsführer eine aktuelle Gesellschafterliste beim Handelsregister abzugeben.(Fußnote)

6.2.2.6 Haftung des Erwerbers

Durch den Erwerb der Geschäftsanteile tritt der Erwerber in alle Rechte und Pflichten des bisherigen Gesellschafters ein. Allerdings übernimmt er keine Bürgschaften oder Haftungsübernahmeerklärungen des bisherigen Gesellschafters.(Fußnote)


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Unternehmenskauf – Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2014, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-18-2.


 

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zum vorhergehenden Teil des Buches

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Dezember 2014


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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