Kreditsicherheiten – Teil 38 – Erfüllung der Forderung
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
9.7. Erfüllung der Forderung
Was bei einer Erfüllung der Forderung passiert, hängt davon ab, wer die Zahlung vornimmt. Denn neben dem Schuldner und dem Eigentümer des haftenden Grundstücks kann auch ein Dritter den Gläubiger befriedigen.
Zwar erfolgen die Zahlungen immer an den Gläubiger, sodass dieser befriedigt wird. Zu unterscheiden ist aber immer, ob nach dem Willen des Zahlenden die Leistung auf die Grundschuld erfolgt oder auf die Forderung. Dies kann der Zahlende entweder ausdrücklich bestimmen oder es kann im Sicherungsvertrag geregelt werden. Fehlen sowohl ausdrückliche Bestimmung als auch Regelung im Sicherungsvertrag, muss durch Auslegung ermittelt werden, ob der Zahlende auf die Grundschuld oder die Forderung leisten wollte.
In der Bankenpraxis wird zumeist im Vertrag oder in den AGB bestimmt, dass die Zahlung - ganz gleich ob durch den Eigentümer, den Schuldner oder einen davon verschiedenen Dritten - immer auf die Tilgung der Forderung gerichtet ist („Zahlungsabreden der Kreditinstitute“).
9.7.1. Zahlung durch den Sicherungsgeber, der zugleich Schuldner der Forderung ist
Leistet der Schuldner, der zugleich Sicherungsgeber ist, eine Zahlung auf die Grundschuld und die Forderung, erlischt die Forderung und das Sicherungsbedürfnis bezüglich der Grundschuld entfällt.
Bestehen in diesem Fall keine weiteren Verbindlichkeiten, die einer Finanzierung durch die Grundschuld bedürfen, steht dem Schuldner ein Wahlrecht zu. Er kann vom Gläubiger entweder die Rückübertragung der Grundschuld (§ 1154 BGB) oder die Löschung im Grundbuch (§§ 1192, 1183, 875 BGB) verlangen. Wird die Grundschuld rückübertragen, entsteht eine Eigentümergrundschuld.
Leistet der Schuldner nur auf die Forderung, erlischt diese. Die Grundschuld bleibt allerdings bestehen. Diese Variante wird gewählt, wenn weiterer Finanzierungsbedarf besteht. Die bestehende Grundschuld soll dann als Sicherungsmittel für weitere Verbindlichkeiten des Schuldners dienen.
Leistet der Schuldner nur auf die Grundschuld, erlischt sowohl die Grundschuld als auch die Forderung, weil die Grundschuld als eine Art Ersatzleistung für den Gläubiger dient und der Gläubiger nicht doppelte Leistung beanspruchen kann.
Aufgrund bestehender Identität zwischen Schuldner und Eigentümer als Sicherungsgeber kann bei Zahlung des Schuldners auf die Grundschuld im Zweifel davon ausgegangen werden, dass damit gleichzeitig auf die Forderung geleistet wird. Mit der Konsequenz, dass die Forderung erlischt und der Schuldner Löschung oder Rückübertragung der Grundschuld verlangen kann. Im Sicherungsvertrag oder bei der Zahlung durch den Schuldner, kann aber auch bestimmt werden, dass nur auf die Forderung bzw. die Grundschuld gezahlt wird.
Beispiel
Herr Esser hat bei seiner Nachbarin Frau Grau ein Darlehen aufgenommen. Die Rückzahlungsforderung von Frau Grau ist mit einer Grundschuld besichert.
Vereinbarungsgemäß zahlt Herr Esser das Darlehen im Ganzen und nicht in Raten zurück. Ein weiteres Darlehen zwischen ihm und Frau Grau ist nicht vorgesehen. Da somit kein weiterer Finanzierungsbedarf besteht, ist die Zahlung von Herrn Esser sowohl als Zahlung auf die Forderung als auch auf die Grundschuld zu verstehen. Die Forderung von Frau Grau erlischt. Herr Esser kann nun nach seiner Wahl entweder Löschung der Grundschuld fordern oder von Frau Grau die Übertragung der Grundschuld auf sich selbst verlangen. Es entsteht dann eine Eigentümergrundschuld zugunsten Herrn Essers.
9.7.2. Zahlung durch den Sicherungsgeber, der nicht Schuldner der Forderung ist
Sind der Sicherungsgeber und der Schuldner nicht identisch, muss besonders genau differenziert werden, worauf bestimmungsgemäß gezahlt wird. Dies ergibt sich in solchen Dreier-Konstellationen zumeist aus dem Sicherungsvertrag.
Sofern im Sicherungsvertrag nichts dazu geregelt ist und bei Zahlung auch nicht zum Ausdruck kommt, ob auf die Grundschuld oder die Forderung geleistet wird, ist im Zweifel anzunehmen, dass bei Zahlung durch den Sicherungsgeber auf die Grundschuld geleistet werden soll, denn der Sicherungsgeber will im Zweifel sein Grundeigentum vor dem Zugriff des Gläubigers schützen. In diesem Fall erlischt die Grundschuld, bzw. wird zur Eigentümergrundschuld und der Eigentümer erhält zugleich die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner.
Beispiel
Herr Sauber erhält von der Baden-Bank einen Kredit. Als Absicherung bestellt sein Bruder Erwin auf seinem Grundstück eine Grundschuld und begleicht die Verbindlichkeit seines Bruders gegenüber der Baden-Bank, als der das Darlehen nicht mehr bedienen kann. Die Zahlung des Erwin wird als Zahlung auf die Grundschuld eingeordnet. Erwin hat einen Anspruch gegen die Baden-Bank auf Zustimmung zur Löschung der Grundschuld. Er kann sich aber auch die Grundschuld von der Baden-Bank übertragen lassen, so dass eine Eigentümergrundschuld entsteht. Die Forderung der Baden-Bank gegen Herrn Sauber, die Erwin erfüllt hat, erlischt nicht. Erwin steht gegen die Baden-Bank ein Anspruch auf Übertragung der Forderung zu, die er dann gegenüber seinem Bruder geltend machen kann.
9.7.3. Zahlung durch den Schuldner, der nicht Sicherungsgeber ist
Leistet der Schuldner der Forderung, ist im Zweifel anzunehmen, dass er auf die Forderung leistet. Die Forderung erlischt dann und der Eigentümer erhält die Grundschuld vom Gläubiger übertragen, bzw. kann deren Löschung beantragen. Wird die Grundschuld auf den Eigentümer zurückübertragen, so wird die (Fremd-) Grundschuld zur Eigentümergrundschuld.
Beispiel
Herr Sauber erhält von der Baden-Bank einen Kredit. Als Absicherung bestellt sein Bruder Erwin auf seinem Grundstück eine Grundschuld. Herr Sauber zahlt den Kredit an die Bank zurück.
Die Forderung der Bank erlischt mit der Zahlung, sodass sie keine Leistungen mehr verlangen kann.
Erwin kann von der Baden-Bank entweder die Löschung der Grundschuld beantragen oder ihre Rückübertragung auf sich selbst. Letzteres würde die Sicherungsgrundschuld in eine Eigentümergrundschuld zugunsten von Erwin bewirken.
9.7.4. Zahlung durch einen Dritten, der nicht Schuldner der Forderung und Sicherungsgeber ist
Ein Dritter, der weder Forderungsschuldner, noch Eigentümer des besichernden Grundstücks ist, kann an den Gläubiger leisten.
Entscheidend ist dabei, ob dem Dritten ein sogenanntes Ablöserecht zustand, er also in die Interessenlage in bestimmter Weise einbezogen ist, oder nicht. Ein Ablöserecht besteht z.B., wenn der Dritte eine nachrangige Grundschuld an dem Grundstück hat.
Stand dem Dritten ein Ablöserecht zu und zahlt er auf die Grundschuld, geht die Grundschuld auf den Dritten über. Zahlt er auf die Forderung, so geht diese auf den Dritten über und es besteht ein Rückübertragungsanspruch des Eigentümers.
Zahlt der Dritte auf die Forderung, erlischt sie und es entsteht ein Rückgewähranspruch des Sicherungsgebers bezüglich der Grundschuld. Dieser wird häufig (stillschweigend) an den zahlenden Dritten abgetreten.
Hat der Dritte kein Ablösungsrecht, so geht weder die Forderung noch die Grundschuld auf ihn über.
Beispiel
Frau Maier hat bei ihrer Freundin Frau Tillmann ein Darlehen aufgenommen und dafür Frau Tillmann eine Grundschuld an ihrem Grundstück bestellt. Einige Monate danach hat sie eine zweite, nachrangige Grundschuld zugunsten von Herrn Sorge bestellt, der ihr ebenfalls ein Darlehen gewährt hat.
Weil Frau Maier das Darlehen an Frau Tillmann nicht zurückzahlen kann, will Frau Tillmann nun aus der Grundschuld gegen sie vorgehen.
Um dies zu verhindern, zahlt Herr Sorge das Darlehen an Frau Tillmann zurück, damit er mit seiner nachrangigen Grundschuld in der Zwangsvollstreckung nicht ausfällt.
Da Herrn Sorge ein Ablösungsrecht zusteht, geht die vorrangige Grundschuld von Frau Tillmann auf Herrn Sorge über.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Kreditsicherheiten“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Bank- und Kapitalmarktrecht, und Daria Lehmann, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Daria Lehmann
wissenschaftliche Mitarbeiterin
Stand: Januar 2015
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach arbeitet seit vielen Jahren im Bereich des Bankrechts. Sie ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht. Sie unterstützt Verbraucher und Unternehmer in jeglichen Bereichen, in denen Schwierigkeiten mit ihren Banken aufgetreten sind oder drohen aufzutreten.
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Rechtsanwältin Carola Ritterbach hat im Bankrecht veröffentlicht:
- Die Beraterhaftung im Kapitalmarktrecht, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-30-4
- Kreditsicherheiten, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-27
- Kreditzinsen und Vorfälligkeitsentschädigung - Gewinn- und Schadensberechnung der Banken, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-45-8
- Bankvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-32-8
- Kreditvertragsrecht, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-35-9
- Leasingrecht – Einführung in das Recht des Leasings, ISBN 978-3-939384-25-0, 2014, Verlag Mittelstand und Recht
Rechtsanwältin Ritterbach ist Dozentin für Bank- und Kapitalmarktrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein.
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- Der Verkauf von notleidenden Krediten – Was darf Ihre Bank und was nicht
- Datenschutz im Bankrecht – Bankgeheimnis und Bankauskünfte: Wer erfährt was?
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