Das Recht der GmbH – Teil 43 – Bankrott: Eingriffe in die Massedokumentation, § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 StGB
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
8.6.4.2.2 Eingriffe in die Massedokumentation nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 StGB
Die Buchführungspflicht ist gesetzlich für Kaufmänner vorgeschrieben und gerade in der Insolvenz erlang sie zusätzliche Bedeutung. Die Buchführung ermöglicht es, sich einen notwendigen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen. Dies ist besonders wertvoll für einen Insolvenzverwalter, dem die Buchführung und Handelsbücher als Grundlage für seine Entscheidungen im Insolvenzverfahren dienen. Im Rahmen des Bankrottdelikts wurde daher in § 283 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 StGB Tathandlungen normiert, die fehlerhafte, unterlassene, verheimlichte, oder bewusst falsche Buchführung sanktionieren.
Strafbar macht sich damit, wer
- Handelsbücher, zu deren Führung er gesetzlich verpflichtet ist, zu führen unterlässt oder so führt oder verändert, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird,
- Handelsbücher oder sonstige Unterlagen, zu deren Aufbewahrung ein Kaufmann nach Handelsrecht verpflichtet ist, vor Ablauf der für Buchführungspflichtige bestehenden Aufbewahrungspflichten beiseite schafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert,
- entgegen dem Handelsrecht Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder es unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen, oder
- in einer anderen, den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widersprechenden Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert.
8.6.4.2.2.1 Unterlassene oder fehlerhafte Buchführung § 283 Abs. 1 Nr. 5
Handelsbücher sind von jedem Kaufmann zu führen und damit auch von einer GmbH. Der Geschäftsführer ist daher verpflichtet, eine ordnungsgemäße Buchführung einzurichten. Nach § 283 Abs. 1 Nr. 5 StGB macht sich der Geschäftsführer strafbar, wenn er es unterlässt Handelsbücher zu führen, oder sie so verändert und damit ein Überblick über die Vermögenslage erschwert wird.
Die Buchführung wird unterlassen, wenn dauernd oder über einen erheblichen Zeitraum hinweg keine Bücher geführt werden. Dabei kommt es auf den Zeitraum an, der benötigt wird, um eine fristgerechte Bilanz zu erstellen. Zu beachten ist, dass das spätere Nachholen der Buchführung die Tatbestandsmäßigkeit nicht beseitigt (Fußnote).
Werden Handelsbücher unvollständig oder nur teilweise geführt, ist die Buchführung mangelhaft. Dies ist bspw. der Fall, wenn Buchungsrückstände von mehr als 6 Wochen vorliegen.
Durch die unterlassene oder mangelhafte Buchführung muss der Überblick über die Geschäftssituation erschwert worden sein. Der Überblick ist erschwert, wenn es einem Sachverständigen Dritten (Fußnote) nicht gelingt, sich innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über den Vermögens- und Schuldenstand des Unternehmens zu verschaffen (Fußnote).
8.6.4.2.2.2 Beiseiteschaffen, verheimlichen, zerstören der Handelsbücher § 283 Abs. 1 Nr. 6
Nach § 257 HGB besteht eine Aufbewahrungspflicht für Handelsbücher. Strafbar ist es daher nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 StGB, wenn Handelsbücher vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen (Fußnote) beiseite geschafft, verheimlicht, oder zerstört werden. Zu den Handelsbüchern gehören gemäß § 257 Abs. 1 HGB auch Inventare, Bilanzen, Jahresabschlüsse, Handelsbriefe und Buchungsbelege (Fußnote). Ebenso wie bei der unterlassenen Buchführung, muss der Überblick über die Geschäftslage dadurch erschwert worden sein.
8.6.4.2.2.3 Aufstellen von Bilanzen unter Verstoß gegen Handelsrecht § 283 Abs. 1 Nr. 7
Bei vielen Kaufleuten und vor allem bei juristischen Personen werden die Handelsbücher in Form von Bilanzen geführt. § 283 Abs. 1 Nr. 7 StGB regelt daher die Strafbarkeit bei mangelhafter Bilanzierung oder bei unterlassener Bilanzierung.
Die Bilanzierung ist mangelhaft, wenn sie so praktiziert wird, dass die Übersicht über den Vermögensstand wesentlich erschwert wird. Dies ist bspw. der Fall, wenn eine Bilanz die wahren Vermögensverhältnisse verschleiert, bspw. durch Falschbewertungen von Vermögensbestandteilen oder lückenhafter Aufstellung der Aktiv- oder Passivposten. Für eine ordnungsgemäße Bilanz ist es daher maßgeblich, wenn sie nach den handelsrechtlich normierten Grundsätzen der Bilanzwahrheit, Bilanzklarheit und Bilanzvollständigkeit aufgestellt wurde (Fußnote).
Neben einer mangelhaften Aufstellung ist auch die unterlassene Aufstellung von Bilanzen und Inventaren strafbar. Die Aufstellung der Bilanzen wurde unterlassen, wenn sie entweder überhaupt nicht aufgestellt wurde, oder nicht zur vorgeschriebenen Zeit. Die Bilanzierungsfristen richten sich nach den Grundsätzen des ordnungsgemäßen Handelsgewerbes. Kapitalgesellschaften haben nach § 264 Abs. 1 HGB bspw. drei bzw. sechs Monate Zeit, um die Jahresabschlüsse aufzustellen. Die wesentlich längeren steuerrechtlichen Aufstellungsfristen sind unbeachtlich, es kommt auf die handelsrechtlichen Aufstellungsfristen an (Fußnote).
Wurde ein Dritter mit der Erstellung der Bilanzen beauftragt, beschränken sich die Pflichten bspw. des Geschäftsführers der GmbH allein auf die richte Auswahl und Kontrolle des mit der Bilanzierung Betrauten.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.
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Stand: Januar 2015
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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