Das Recht der GmbH – Teil 44 – Bankrott: § 283 Abs. 1 Nr. 8 und Abs. 2 StGB, § 283a StGB
Herausgeber / Autor(-en):
Harald Brennecke
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Brennecke Rechtsanwälte
8.6.4.2.3 Schädigung der Insolvenzmasse in sonstiger Weise § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB
Gegenüber den vorherigen Tathandlungen stellt die Nr. 8 ein Auffangtatbestand dar, damit auch Handlungen strafbar sind, die nicht mit der in Nr. 1 bis Nr. 7 beschrieben Art und Weise durchgeführt werden, aber die gleichen Folgen nach sich ziehen.
Bestraft wird daher derjenige, der in sonstiger Weise seinen Vermögensstand verringert oder seine wirklichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlicht oder verschleiert. Der Vermögensstand wird verringert, wenn eine rechtliche oder tatsächliche Maßnahme zu einer Minderung der Aktiva oder einer Erhöhung der Passiva führen. Die geschäftlichen Verhältnisse beziehen sich hauptsächlich auf die Bonität des Schuldners. Eine Verheimlichung der geschäftlichen Verhältnisse liegt daher vor, wenn für die Beurteilung der Bonität wichtige Fakten unzutreffend oder irreführend dargestellt werden.
Die Tathandlung muss in grober Wirtschaftswidrigkeit ausgeführt worden sein. Dies ist der Fall, wenn die Handlung ohne jeden Überblick, jede Planung oder jede Kontrolle über Gewinn- und Verlustsituation getätigt geworden ist (vgl. Kindhäuser, StGB, § 283, Rn. 92).
8.6.4.2.4 Strafbarkeit nach § 283 Abs. 2 StGB
Nach § 283 Abs. 2 StGB ist es auch strafbar, wenn die in § 283 Abs. 1 StGB beschriebenen Tathandlungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durchgeführt wurden. Abs. 2 regelt demnach die Fälle, in denen die wirtschaftliche Krise nicht bereits zum Zeitpunkt der Vornahme einer tatbestandsmäßigen Bankrotthandlung vorlag, sondern erst durch diese herbeigeführt wird. Voraussetzung ist damit, dass daraufhin Überschuldung, drohende Zahlungsunfähigkeit, oder Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist.
8.6.4.2.5 Vorsatz, Fahrlässigkeit
Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 283 StGB ist es, dass der Täter mit Vorsatz gehandelt hat. Bedingter Vorsatz ist ausreichend. Neben den einzelnen Bankrotthandlungen muss er es auch für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dass Überschuldung oder (drohende) Zahlungsunfähigkeit vorliegen (vgl. Lackner/Kühl, StGB, § 283, Rn. 23).
Nach § 283 Abs. 4 und 5 StGB reicht für bestimmte Bankrotthandlungen fahrlässiges Handeln aus, um eine Strafbarkeit zu begründen. So kann in den Fällen des § 283 Abs. 1 Nr. 2, 5 und 7 der Täter auch fahrlässig gehandelt haben. Fahrlässiges Handeln liegt bei § 283 Abs. 1 Nr. 7 bspw. vor, wenn eine dritte Person mit der Bilanzaufstellung betreut wurde, diese aber dazu nicht in der Lage ist. Der Täter muss sich damit ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden anrechnen lassen.
8.6.4.2.6 Strafmaß und besonders schwerer Fall des Bankrotts nach § 283a StGB
In besonders schweren Fällen des Bankrotts wird das Strafmaß auf bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Ein besonders schwerer Fall liegt gemäß § 283a StGB vor, wenn aus Gewinnsucht gehandelt wird, oder wissentlich viele Personen in die Gefahr des Vermögensverlustes oder in wirtschaftliche Not gebracht werden. Gewinnsucht stellt dabei eine sittlich anstößige Extremform des Gewinnstrebens dar, bei welcher ein Streben nach Gewinn um jeden Preis vorliegt. Dies ist bspw. der Fall, wenn der Täter zur Verschaffung von Gewinnen, eine spätere Insolvenz bereits bei Aufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit einplant (vgl. MüKO, StGB, § 283, Rn. 4ff.).
Das Strafmaß beträgt Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. In den Fällen bei denen fahrlässiges Handeln ausreicht, beträgt das Strafmaß Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe.
Beispiel 1
A ist Geschäftsführer der X-GmbH und gut befreundet mit Alleingesellschafter F. Die finanzielle Situation der X-GmbH ist schwer angeschlagen und die Zahlungen an alle Gläubiger wurden mangels Liquidität eingestellt. Objektiv lässt sich ein Insolvenzverfahren nicht mehr vermeiden. A und F überlegen dennoch, wie sie noch Vermögenswerte vor dem Zugriff der Gläubiger retten können. A führt daher folgende Handlungen durch: Einen wertvollen Geschäftswagen, der noch im Eigentum der GmbH steht, fährt A in die Garage seines Ferienwohnsitzes in Spanien um diesen dort zu verstecken. Bei zwei anderen Geschäftswagenlässt A bewusst die Schiebedächer auf, woraufhin die Fahrzeuge einen Wasserschaden erleiden.
A macht sich strafbar wegen Bankrotts nach § 283 Abs 1 Nr. 1 StGB. Er entzieht den Gläubigern durch einen tatsächlichen Akt einen Gegenstand, der zur Insolvenzmasse gehören würde und erschwert den Zugriff darauf. Ebenso fügt er der Masse einen Schaden zu, indem er die anderen Autos unbrauchbar gemacht hat. A hat vorsätzlich gehandelt. Er war sich der Zahlungseinstellung bewusst und hat gehandelt, um den Gläubigern den Zugriff auf die Vermögensgegenstände zu erschweren.
Beispiel 2
Mehrere neu angeschaffte Notebooks veräußert A an seine Freunde F1 und F2 zu einem Preis, der um 80% geringer ist als der marktübliche Preis.
A macht sich strafbar wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB. A hat mit dem Verkauf der Laptops ein Verlustgeschäft getätigt. Das Geschäft widersprach auch den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft, da es ohne Grund zu einem unterdurchschnittlichen Preis verkauft wurde. A hat vorsätzlich gehandelt. Er war sich bewusst, dass der Preis nicht dem Wert der Ware entspricht und wusste, dass der Verkauf zu einer Vermögensminderung der GmbH führt.
Beispiel 3
Da die Gesellschaft sowieso kurz vor der Insolvenz steht, stellt A die Aufstellung des aktuellen Jahresabschlusses zwei Wochen vor Einreichungsfrist ein. Zudem vernichtet er die Jahresabschlüsse der letzten 5 Jahre.
A macht sich strafbar wegen Bankrotts nach § 283 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 7 StGB. Er vernichtet Unterlagen der Buchführung vor Ablauf der Aufbewahrungsfristen und unterlässt es, fristgerecht den Jahresabschluss aufzustellen. A hat zudem vorsätzlich gehandelt. Er wusste, dass er verpflichtet ist, die Jahresabschlüsse der letzten Jahre weiter aufzubewahren. Ebenso hat er es vorsätzlich unterlassen, eine fristgerechte Bilanz zu erstellen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Recht der GmbH“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-33-5.
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Stand: Januar 2015
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Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.
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Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.
Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:
- "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
- "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
- "Der Unternehmenskauf - Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
- "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
- "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
- "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
- "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
- "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
- "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
- "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
- "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0
Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:
- Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
- Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
- Die Unternehmergesellschaft (UG)
Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:
- Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
- Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
- Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
- Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
- Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
- Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
- Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
- Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
- Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
- Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters
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