Steuerberaterhaftung – Teil 03 – Steuerberatervertrag: Rechtsnatur, Inhalt und Umfang, Beweislast
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
2.2 Rechtsnatur
Die Rechtsbeziehung zwischen dem Steuerberater und seinem Mandanten kann nur bestimmt werden, wenn die Frage geklärt wird, um welchen Vertragstyp es sich bei dem geschlossenen Vertrag handelt. Ein Steuerberatervertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag,(Fußnote) der in Form eines Dienstvertrags oder eines Werkvertrags abgeschlossen werden kann. In den meisten Fällen handelt es sich um einen Dienstvertrag, in Ausnahmefällen um einen Werkvertrag.(Fußnote)
2.2.1 Steuerberater-Dienstvertrag
Bei einem Dienstvertrag (§§ 611, 627 BGB) steht die Tätigkeit des Steuerberaters im Vordergrund, ohne den bezweckten Erfolg zu gewährleisten.(Fußnote) Kennzeichnend ist, dass dem Steuerberater allgemein die Wahrnehmung der steuerlichen Interessen übertragen wird.(Fußnote) Der Begriff der "Hilfeleistung" zeigt, dass nach dem Willen der Vertragsparteien auf die Tätigkeit und nicht auf die Gewährleistung des Erfolges abgestellt wird. Ein Steuerberater-Dienstvertrag kommt zudem im Fall eines Einzelauftrags in Betracht.(Fußnote) Nach dem Willen des Mandanten ist in der Regel das Erzielen eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolges beabsichtigt, was der Annahme eines Steuerberater-Dienstvertrages allerdings nicht im Wege steht. Ob der von dem Mandanten beabsichtigte Erfolg durch den Steuerberater gewährleistet wird, hängt von den Faktoren ab, die den Eintritt des Erfolgs beeinflussen können.
Der Erfolg ist in wesentlichen Teilen von
- den tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten des Mandanten,d
- essen Handeln und
- der Entscheidung der Finanzverwaltung
abhängig.
Der Steuerberater kann den Erfolg dann nicht gewährleisten, wenn er nicht allein in seinem Einflussbereich liegt.
Beispiel
Mandant A beauftragt Steuerberater B mit der Erstellung seiner Steuererklärung bzw. der Erstellung seiner Bilanz. Sie vereinbaren, dass B den A über wirtschaftliche und steuerliche Vorteile bei der Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter aufklären soll.
- B soll A durch fachmännische Bearbeitung eine steuerlich und wirtschaftlich möglichst günstige Steuererklärung bzw. Bilanz erarbeiten. Die Erstellung beruht dabei nicht nur auf der bloßen Berechnung, sondern auch auf der Bewertung wirtschaftlicher Gegebenheiten des Mandanten. Zwar hat B aufgrund der Vereinbarung im Steuerberatervertrag die Aufgabe, A über die Folgen einer Bewertung aufzuklären, letztendlich entscheidet jedoch A. Ebenso hängt der Erfolg von der Rechtsauffassung des Finanzamts ab. Aufgrund dessen kann B bei Abschluss des Vertrags nicht gewährleisten, dass ein bestimmter Erfolg erzielt wird, da der Erfolg nicht allein von ihm abhängig ist. Es liegt ein Dienstvertrag und kein Werkvertrag vor.
Beispiel
Mandant A beauftragt Steuerberater B mit der Buchhaltung.
- Die Buchhaltung zielt auf die Richtigkeit des Erfolgs (Ordnungsmäßigkeit der Buchführung). Der Steuerberater muss die Grundaufzeichnungen, die Belegsammlung und die Informationen seines Mandanten übernehmen. Darüber hinaus besteht keine Garantie, dass das Finanzamt die Buchführung in jeder Hinsicht übernimmt, da es häufig unterschiedliche Bewertungsmöglichkeiten gibt. Der Erfolg hängt somit nicht allein von der Leistung des Steuerberaters ab und kann nicht gewährleistet werden. Es liegt ein Dienstvertrag und kein Werkvertrag vor.
Beispiel
Mandant A beauftragt Steuerberater B zur Vertretung vor dem Finanzgericht.
- Bei der Vertretung vor dem Finanzgericht fungiert B als "verlängerter Arm" des A. Das bedeutet, dass B allein die Interessen des A vertritt, indem er ihn bei der Erledigung seiner Pflichten unterstützt. Der Erfolg der Vertretung wird sowohl von A als auch vom Finanzgericht wesentlich beeinflusst, sodass er nicht gewährleistet werden kann. Es liegt ein Dienstvertrag und kein Werkvertrag vor.
2.2.2 Steuerberater-Werkvertrag
Im Gegensatz zum Dienstvertrag steht beim Werkvertrag die Erbringung einer Einzelleistung im Vordergrund, bei der ein konkreter Erfolg geschuldet wird (§ 631 BGB).(Fußnote) Der Erfolg kann geistig, immateriell oder wirtschaftlich sein.(Fußnote) Der Vertrag ist bei Erfüllung der vereinbarten Leistung beendet.
Beispiel
Mandant A beauftragt Steuerberater B zur Erstellung eines Gutachtens bzw. einer Auskunft zu einer Steuerfrage.
- Hierbei handelt es sich um einen Einzelauftrag, bei dem A die Analyse einer bestimmten steuerrechtlichen Frage begehrt. Dies stellt keine Hilfeleistung von Pflichten dar, die dem A gegenüber der Finanzverwaltung obliegen. Mit der Tätigkeit des B allein wäre dem A nicht gedient, sondern nur mit dem Ergebnis seiner Arbeit. Der Erfolg hängt ausschließlich von den Fähigkeiten des B ab. Für die Richtigkeit seiner Leistung kann er garantieren. Es liegt ein Werkvertrag und kein Dienstvertrag vor.
2.2.3 Bedeutung der Abgrenzung Dienst- und Werkvertrag
Die Abgrenzung zwischen einem Dienst- und einem Werkvertrag ist insbesondere für die Anwendbarkeit der Gewährleistungsansprüche bedeutsam. Bei einem Dienstvertrag bestehen grundsätzlich keine Gewährleistungsansprüche.(Fußnote) Der Vergütungsanspruch des Steuerberaters besteht selbst dann, wenn seine Leistung mangelhaft, d.h. nicht wie vereinbart, erfolgt ist.(Fußnote) Die schuldhafte Schlechtleistung führt in diesem Fall zu einem Kündigungsrecht oder einem Schadensersatzanspruch.(Fußnote)
Im Gegensatz dazu hat der Mandant bei einem Werkvertrag einen Nachbesserungsanspruch (§ 633 BGB) und hinsichtlich der Vergütung des Steuerberaters ein Minderungsrecht (§§ 634 Abs. 1 S. 3, 472 BGB), wenn die Leistung des Steuerberaters mangelhaft erfolgt. Erfolgt die Leistung nicht, besteht kein Vergütungsanspruch des Steuerberaters (§§ 631, 323 Abs. 1 BGB).
2.3 Inhalt und Umfang des Vertrags
Der geschlossene Vertrag kann von unterschiedlichem Inhalt und Umfang sein. Dies richtet sich nach dem Auftrag, der dem Steuerberater von seinem Mandanten erteilt wurde, und somit nach dem Steuerberatervertrag.(Fußnote) Hierbei kann es sich um einen allgemeinen Beratungsauftrag(Fußnote) oder um einen Einzelauftrag(Fußnote handeln. Die vom Steuerberater zu erbringenden Pflichten(Fußnote sind so zu bestimmen, wie der Steuerberater sie nach Treu und Glauben verstehen muss. Dies bedeutet, dass es bei der Bestimmung der Pflichten nicht auf den Willen des Mandanten, sondern auf das Verständnis eines objektiven Steuerberaters ankommt. Wurde ein Vertrag schriftlich geschlossen, bestimmen sich die Pflichten grundsätzlich nach dem schriftlich fixierten Vertragsinhalt. Der Steuerberatervertrag ist nicht formbedürftig und muss daher nicht zwingend schriftlich geschlossen werden.(Fußnote) Eine Vereinbarung kann daher mündlich oder konkludent erfolgen.
2.4 Beweislast
Die Beweislast legt fest, welche Partei das Risiko trägt, wenn eine Behauptung oder ein Tatbestandsmerkmal, dass eine Haftung des Steuerberaters begründet oder ausschließt, nicht bewiesen werden kann. Im Fall der fehlenden Beweisbarkeit ist der Anspruch unbegründet und die Partei würde einen Prozess verlieren. Die Beweislast trägt in der Regel immer derjenige, für den die zu beweisenden Umstände günstig sind.(Fußnote)
Ob ein Steuerberatervertrag zustande gekommen ist, ist daher grundsätzlich durch den Mandanten zu beweisen, wenn er vertragliche Haftungsansprüche gegen seinen Steuerberater geltend machen möchte.(Fußnote) Ausnahmen bestehen beispielsweise, wenn es zu einer späteren Vertragsänderung oder einer vorzeitigen Vertragsbeendigung kommt, die den Umfang des Vertrags einschränkt. In diesen Fällen hat der Steuerberater die Änderung zu beweisen,(Fußnote) da ihm die Reduzierung der Pflichten zu Gute kommt.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.

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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Stand: Januar 2016