Bilanzierung – Teil 04 – Konkrete Bilanzierungsfähigkeit
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
2.1.2 Konkrete Bilanzierungsfähigkeit
Die konkrete Bilanzierungsfähigkeit ist der durchzuführende Bilanzansatz. Die Ermittlung der konkreten Bilanzierungsfähigkeit erfolgt unter Berücksichtigung der gesetzlich oder durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gewährten Bilanzierungswahlrechte oder
–verbote .Maßgeblich ist dabei:
- Wem der Vermögensgegenstand persönlich (wirtschaftliches Eigentum) zuzurechnen ist?
- Ist überhaupt eine Zurechnung zum Betriebsvermögen gegeben?
- Liegt möglicherweise ein Bilanzierungsverbot (Aufwendungen für Gründung eines Unternehmens; Beschaffung des Eigenkapitals; selbstgeschaffene Marken vgl. § 248 HGB) vor, dass die Aktivierung bzw. Passivierung ausschließt?
2.1.2.1 Persönliche Zurechnung
Bei der persönlichen Zurechnung geht es um die Frage, wem der Vermögensgegenstand zugerechnet wird. Da in eine Bilanz nur die Vermögensgegenstände und Schulden aufzunehmen sind, die dem Unternehmen zuzurechnen sind, umfasst die konkrete Bilanzierungsfähigkeit auch entsprechende Zurechnungsregeln. Die Zugehörigkeit von Vermögensgegenständen zum Betriebsvermögen wird dabei nach wirtschaftlichen (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB; § 39 Abgabenordnung) und nicht nach juristischen (§§ 929 ff. Bürgerliches Gesetzbuch) Gesichtspunkten beurteilt. Deshalb gehören zum Betriebsvermögen nicht nur die im juristischen Eigentum des Kaufmanns befindlichen betrieblich genutzten Güter, sondern auch betrieblich genutzte Gegenstände, die juristisches Eigentum fremder Personen sind. Wenn das wirtschaftliche Eigentum (tatsächliche Herrschaft über einen Gegenstand) vom juristischen Eigentum abweicht, dann erfolgt die Zuordnung beim wirtschaftlichen Eigentümer d.h. Bilanzierung nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.
Beispiel:
Ein Gesellschafter einer oHG vermietet der oHG ein ihm gehörendes Grundstück zur betrieblichen Nutzung.
- Das juristische Eigentum an diesem Grundstück obliegt weiterhin dem Gesellschafter. Allerdings wird mit der Vermietung dieses Grundstücks die Gesellschaft wirtschaftlicher Eigentümer, weil sie das Grundstück, zumindest für die Zeit der Nutzung, alleine wirtschaftlich nutzen kann und der Gesellschafter zunächst keinen unmittelbaren Einfluss auf das Grundstück mehr hat.
2.1.2.2 Abgrenzung des Betriebsvermögens vom Privatvermögen
Bei der Abgrenzung muss geprüft werden, ob der Vermögengegenstand zum Betriebs- oder Privatvermögen gehört. Nach § 242 Abs. 1 HGB ist der Kaufmann verpflichtet sein Vermögen und seine Schulden zu bilanzieren. Die Bilanzierungspflicht in der Handelsbilanz umfasst nur das Betriebsvermögen. Ist ein Vermögensgegenstand dem Privatvermögen zuzuordnen, so scheidet eine grundsätzlich Bilanzierung aus.
Die Abgrenzung Betrieb- und Privatvermögen ist dadurch erschwert, dass diese Abgrenzung Rechtsformabhängig durchgeführt werden muss. Zu unterscheiden ist die Abgrenzung von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften.
Nach der Richtlinie R 4.2. Abs. 1 EStR sind Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke des Steuerpflichtigen genutzt werden oder dazu bestimmt sind, notwendiges Betriebsvermögen. Bewegliche und gemischte Wirtschaftsgüter gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden.
Beispiel
Die Stanzmaschine oder das betrieblich genutztes Bürogebäude, das dem Steuerpflichtigen gehört.
- Wird die Stanzmaschine oder das Bürogebäude zu mehr als 50% betrieblich genutzt, so wird es automatisch als notwendiges Betriebsvermögen behandelt.
Im Weiteren wird zwischen notwendigen Privatvermögen und gewillkürten Betriebsvermögen sowie den verschiedenen Rechtsformen unterschieden.
2.1.2.2.1 Einzelunternehmen
Bei Einzelunternehmen findet die Abgrenzung nach steuerrechtlichen Vorschriften statt. Nach den Einkommensteuerrichtlinien (EStR) wird unterschieden in das notwendige Betriebsvermögen, das gewillkürte Betriebsvermögen und in das notwendige Privatvermögen.
Zum notwendigen Privatvermögen zählen Wirtschaftsgüter die ausschließlich und unmittelbar für private Zwecke genutzt werden oder dazu bestimmt sind. Bewegliche und gemischte Wirtschaftsgüter gehören dann zum notwendigen Privatvermögen, wenn ihr betrieblicher nutzen weniger als 10 % beträgt.
Hingegen zählen zum gewillkürten Betriebsvermögen Wirtschaftsgüter, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihn zu fördern und geeignet bestimmt sind. Das sind Wirtschaftsgüter die nicht zwingend zum Betriebsvermögen gehören und nicht notwendigerweise zum Privatvermögen zählen. Daher gehören bewegliche und gemischte Wirtschaftsgüter zum gewillkürten Betriebsvermögen, wenn sie zumindest mehr als 10 % betrieblich genutzt werden, jedoch 50 % nicht übersteigen.
2.1.2.2.2 Personengesellschaften
Wirtschaftsgüter, die zivilrechtlich im Gesellschaftseigentum bzw. im Gesamthandseigentum der Gesellschafter einer gewerblich tätigen Personenhandelsgesellschaft stehen, sind in der Handelsbilanz und damit auch in der Steuerbilanz der Gesellschaft als Betriebsvermögen auszuweisen (kein gewillkürtes Betriebsvermögen der Gesellschaft).[1]
Der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz muss im Zweifel hinter die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsgrundsätze des § 4 Abs. 1 und 4 EStG zurücktreten. Wie beim Einzelunternehmer sind daher einzelne Wirtschaftsgüter nicht dem Betriebsvermögen der Gesellschaft, sondern dem Privatvermögen des Gesellschafters zuzurechnen, wenn sie von Anfang an auf Dauer der privaten Lebensführung eines (mehrerer, aller) Gesellschafter dienen oder später endgültig deren Privatnutzung zugeführt und damit entnommen werden.[2]
Abweichend von der Handelsbilanz rechnet das Steuerrecht Wirtschaftsgüter im Eigentum eines Gesellschafters dessen notwendigem (Sonder-)Betriebsvermögen zu, wenn sie bestimmt sind, dem gemeinschaftlichen Betrieb (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen bestimmt sind. Hier kann dann sowohl Privatvermögen als auch gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen gebildet werden.[3]
2.1.2.2.3 Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften sind juristische Personen, die keine Privatsphäre haben. Damit sind alle Wirtschaftsgüter, die im Eigentum der Kapitalgesellschaft stehen, ausschließlich dem Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft zuzurechnen und können nicht durch verschiedene Konstellationen (notwendiges, gewillkürtes Betriebsvermögen, notwendiges Privatvermögen oder in Sonderbetriebsvermögen I, II) aufgeteilt werden.
[1] Heinicke, in: Schmidt (EStG), 35. Auflage 2016, § 4 Rn. 174.
[2] Heinicke, in: Schmidt (EStG), 35. Auflage 2016, § 4 Rn. 175.
[3] Heinicke, in: Schmidt (EStG), 35. Auflage 2016, § 4 Rn. 176.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Bilanzierung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt LL.M., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6.
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Carola Ritterbach
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2016
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
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Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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