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Das Widerrufsrecht – Teil 08 – Widerrufsbelehrung bei Verbraucherverträgen innerhalb des BGB

3 Die Widerrufsbelehrung

Die Widerrufsbelehrung spielt die zentrale Rolle für den Beginn der Widerrufsfrist. Der Fristbeginn ist davon abhängig, ob der Verbraucher ordnungsgemäß über das Bestehen und den Inhalt des Widerrufsrechts informiert wurde. Deswegen ist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung von enormer Bedeutung für den Unternehmer. Ohne sie läuft er Gefahr, sich einer Sanktionierung in Form einer verlängerten Widerrufsfrist auszusetzen.

Auf Seiten des Verbrauchers ist die Widerrufsbelehrung ebenfalls von besonderer Bedeutung. Sie informiert ihn über sein Widerrufsrecht, was eine Voraussetzung ist, damit er sein Widerrufsrecht überhaupt erst wahrgenommen werden kann.

3.1 Widerrufsbelehrung bei Verbraucherverträgen innerhalb des BGB

Der genaue Inhalt der Widerrufsbelehrung unterscheidet sich je nach vorliegendem Vertrag. Die Inhalte der verschiedenen Widerrufsbelehrungen lassen sich in Art. 242 EGBGB und 246 ff. EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) finden. Der Gesetzgeber unterscheidet im BGB zwischen:

  • den grundlegenden Belehrungsinhalten bei Verbraucherverträgen (Art. 246 Abs. 3 EGBGB),
  • den Belehrungsinhalten bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen (Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB),
  • den erleichterten Belehrungsinhalten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten (Art. 246a § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 EGBGB),
  • den erleichterten Belehrungsinhalten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit (Art. 246a § 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB),
  • den Belehrungsinhalten bei Fernabsatzverträgen und Außergeschäftsraumverträgen über Finanzdienstleistungen (§ 246b EGBGB),
  • den Belehrungsinhalten bei Verbraucherdarlehensverträgen, entgeltlichen Finanzierungshilfen und Darlehensvermittlungsverträgen sowieden Belehrungsinhalten bei Time-Sharing-Verträgen (Art. 242 EGBGB).

3.1.1 Grundlegende Belehrungsinhalte

Artikel 246 Abs. 3 EGBGB enthält Vorgaben über die grundsätzlich zu erteilenden Informationspflichten. Diese sind einschlägig, sofern das Gesetz keine weiteren Belehrungsvorgaben macht.

Die nachfolgend aufzuzählenden Informationspflichten sind gleichzeitig die abschließenden Belehrungsinhalte für Ratenlieferungsverträge die nicht im Fernabsatz oder nicht als Außergeschäftsraumvertrag geschlossen werden, und für Kapitalanlageverträge. Bei anderen Vertragsarten werden die Belehrungsinhalte noch um zusätzliche Informationen ergänzt.

Der Verbraucher muss vor Vertragsschluss und in Textform über alle grundlegenden Belehrungsinhalte unterrichtet werden:

  • Das Recht zum Widerruf,
  • die Identität und Anschrift des Erklärungsempfängers,
  • dass der Widerruf nicht begründet werden muss,
  • die Widerrufsfrist,
  • den Fristbeginn und
  • dass die Widerrufsfrist mit rechtzeitiger Absendung der Widerrufserklärung eingehalten wird.

Durch die Zulässigkeit der Textform kann der Verbraucher auch via Fax oder E-Mail über sein Widerrufsrecht unterrichtet werden. Die bloße Aufrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf der Website des Unternehmers genügt einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht.[1]

Eine Unterschrift des Verbrauchers unter die Widerrufsbelehrung ist nicht nötig.[2] Ist der Fristbeginn strittig, weil der Verbraucher meint, nicht über das Widerrufsrecht belehrt worden zu sein, trifft den Unternehmer die Beweislast (§ 361 Abs. 3 BGB). Daher ist die Unterschrift des Verbrauchers als Beweismittel sinnvoll.

Die Widerrufsbelehrung muss gem. Art. 246 Abs. 3 S. 2 EGBGB deutlich gestaltet sein und dem Verbraucher seine Rechte in einer dem benutzten Kommunikationsmittel angepasster Weise übermitteln (Deutlichkeitsgebot). Das bedeutet, sie muss gut lesbar sein, was eine ausreichend große Schrift und eine Untergliederung des Textes voraussetzt.[3] Sie muss sich mit Gestaltungsmitteln wie z.B. der Farbe, dem Fettdruck oder einer Sperrschrift in einer nicht übersehbaren Weise aus dem Text hervorheben.[4] Die Widerrufsbelehrung darf nicht auf verschiedene Dokumente verteilt werden, wenn dann erst in der Gesamtschau hinreichende Deutlichkeit entsteht.[5]

Der Unternehmer erfüllt seine Belehrungspflichten auch dadurch, indem er die zum jeweiligen Vertrag passende Muster-Widerrufsbelehrung korrekt ausgefüllt und rechtzeitig an den Verbraucher übermittelt. Die verschiedenen Muster-Widerrufsbelehrungen lassen sich bei den Anlagen zu den Informationspflichten nach Art. 246a ff EGBGB im EGBGB finden.

3.1.2 Zusätzliche Belehrungsinhalte bei Verträgen im Direktvertrieb und Fernabsatzverträgen

Bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen muss der Verbraucher über die grundlegenden Belehrungsinhalte hinaus, vor Vertragsschluss und in klarer und verständlicher Weise über alle zusätzlichen Belehrungsinhalte informiert werden (§ 312d Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 246a § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1 EGBGB). Die Belehrungspflicht umfasst alle nachfolgenden Informationen:

  • die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufs sowie die Existenz des Musterwiderrufsformulars (Art 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB),
  • die Kostentragungspflicht bei der Warenrücksendung (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 1 EGBGB),d
  • ie Versand- und Kostentragungspflicht von nicht paketversandfähiger Ware (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 2 EGBGB),
  • eine mögliche Wertersatzpflicht des Verbrauchers (Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EGBGB),
  • das Nichtbestehen des Widerrufsrechts (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB),
  • die Möglichkeit eines vorzeitigen Verlustes des Widerrufsrechts (Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 2 EGBGB).

3.1.2.1 Verträge über Reparatur– und Instandhaltungsarbeiten

Der Unternehmer hat bei einem Außergeschäftsraumvertrag, der Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten zum Inhalt hat, die sofort erfüllt werden weniger, Informationspflichten zu beachten. Ein solcher Vertrag darf jedoch die vom Verbraucher zu leistende Vergütung 200 € nicht übersteigen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Vertrag auf ausdrücklicher Veranlassung des Verbrauchers zustande gekommen ist.[6] Eine Veranlassung des Verbrauchers liegt vor, wenn der Verbraucher den Unternehmer zu sich bestellt.

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Beispiel: Beim Versuch die Wohnungstür abzuschließen bricht der Schlüssel zur Hälfte ab. Daraufhin kontaktiert der Verbraucher den Schlüsselnotdienst.

  • Der Schlüsselnotdienst kommt auf ausdrückliche Veranlassung des Verbrauchers, um den Zugang zur Wohnung wieder zu ermöglichen. Übersteigt die hierfür zu erbringende Leistung des Verbrauchers - also der zu zahlende Rechnungsbetrag - 200 € nicht, liegt ein Außergeschäftsraumvertrag vor und der Unternehmer braucht den Verbraucher nicht umfangreich aufzuklären.

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Der Unternehmer hat den Verbraucher gem. Art. 246a § 2 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 EGBGB über alle Belehrungsinhalte zu informieren:

  • die Bedingungen, die Fristen und das Widerrufsverfahren sowie die Existenz des Musterwiderrufsformulars und
  • über das Bestehen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts.

Dem Verbraucher müssen die Informationen auf Papieroder mit seiner Zustimmung auf einem dauerhaften Datenträger (USB-Stick, CD-ROM) zur Verfügung gestellt werden. Die vom Unternehmer anschließend erteilte Vertragsabschrift oder Vertragsbestätigung muss alle grundlegenden und zusätzlichen Belehrungsinhalte (vgl. 3.1.2. aufgelisteten Informationen) erhalten (Art. 246a § 2 Abs. 3 EGEGB).

3.1.2.2 Vertragsschlüsse mit begrenzter Darstellungsmöglichkeit

Vertragsabschlüsse, die mit Hilfe eines Fernkommunikationsmittels Zustandekommen, das nur einen begrenzten Raum zur Informationserteilung bietet, unterliegen einem erleichterten Informationskatalog. Unter den Anwendungsbereich fallen vor allem Verträge die im M - Commerce (mit dem Smartphone) geschlossen werden. Hierbei muss der Unternehmer den Verbraucher bei Vertragsschluss lediglich über das Bestehen eines Widerrufsrechtes unterrichten (Art. 246a § 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB).

Abweichend von der sonst geltenden Textform für die Widerrufsbelehrung, muss die Information in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel angepasster Weise erfolgen. Dies könnte durch die Wiedergabe der Inhalte auf das Display des Smartphones geschehen. Abweichend davon, kann dem Verbraucher die Information in einer anderen geeigneten Weise zur Verfügung gestellt werden (Art. 246a § 4 Abs. 3 S. 3 EGBGB). Eine Möglichkeit ist die Einblendung eines Hyperlinks, der auf die Homepage des Unternehmers verweist, auf der sich die Belehrungsinhalte gut lesbar und verständlich entnehmen lassen. Weitere Angaben zum Widerrufsrecht (3.1.2.) hat der Unternehmer spätestens nach Vertragsschluss zu erteilen. Hierbei bietet sich auch die Einblendung eines Hyperlinks an.


[1] Vgl. BGH, Urt. v. 15.05.2014, III ZR 368/13.

[2] Vgl. BGH, WM 2003, 2004.

[3] Vgl. BGH, Urt. v. 01. 12. 2010, VIII ZR 82/10.

[4] Vgl. BGH, Urt. v. 23. 6. 2009, XI ZR 156/08.

[5] Vgl. BGH, Urt. v. 23. 6. 2009, XI ZR 156/08.

[6] Vgl. BT-Drs 17/12637 S 75.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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