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Steuerberaterhaftung – Teil 12 – Schadensbeispiele

4.3 Schaden

Als weitere Voraussetzung muss der Mandant einen ersatzfähigen Schaden erlitten haben. Ein Schaden (§§ 249 ff. BGB) ist dann gegeben, wenn sich die Vermögenslage des Mandanten objektiv verschlechtert hat.(Fußnote) Objektiv ist eine Vermögenslage verschlechtert, wenn sie sich aus der Sicht eines unabhängigen Dritten schlechter darstellt, als wenn sich der Steuerberater pflichtgemäß verhalten hätte.(Fußnote) Eine Verschlechterung kann sowohl eine finanziell höhere Belastung des Mandanten als auch eine entgangene Steuervergünstigung sein.(Fußnote) Der Schaden muss endgültig sein, d.h. dass sich der Schaden nicht zu einem späteren Zeitpunkt auflösen darf.

Beispiel

Im Jahr 2014 entsteht durch ein pflichtwidriges Verhalten des Steuerberaters eine Steuermehrbelastung seines Mandanten. Im Folgejahr kann diese Mehrbelastung durch eine Korrektur der Bilanz wieder ausgeglichen werden, sodass es im Jahr 2015 zu einem Steuervorteil kommt.

  • Wenn der Steuervorteil im Jahr 2015 in der gleichen Höhe besteht, wie die Steuermehrbelastung im Jahr 2014, kommt es zu keiner endgültigen Steuermehrbelastung. Ein Schaden besteht durch die Mehrbelastung nicht.(Fußnote)

Voraussetzung für das Vorliegen eines Schadens ist, dass der Mandant zu der Zahlung einer Steuerschuld verpflichtet ist. Besteht eine solche Verpflichtung nicht, hat er noch keine Vermögenseinbuße erlitten. In diesem Fall besteht allein das Risiko, aufgrund der Pflichtverletzung des Steuerberaters einen Vermögensnachteil zu erleiden. Dies ist für einen Schadensersatzanspruch nicht ausreichend.(Fußnote) Eine Zahlungsverpflichtung entsteht mit der Bekanntgabe(Fußnote) des belastenden Steuerbescheids.(Fußnote) Gleiches gilt daher für die Entstehung des Schadens. Ein Schaden ist folglich noch nicht entstanden, wenn der Steuerberater seine Pflichten verletzt hat, der Steuerbescheid dem Mandanten aber noch nicht bekannt gegeben worden ist.

Beispiel

Mandant A beauftragt Steuerberater B mit der Erstellung seiner Steuererklärung. Durch einen Fehler des B weist die Steuererklärung ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von 55.000,- € anstatt in Höhe von 45.000,- € aus. Der daraus entstandene fehlerhafte Steuerbescheid wird von einem Mitarbeiter des Finanzamtes am 04.04.2016 zur Post gebracht, aber A noch nicht zugestellt. Am selben Tag erfährt A von dem Fehler seines Steuerberaters und möchte ihn zur Haftung heranziehen.

  • Ein Haftungsanspruch des A setzt voraus, dass ein Schaden entstanden ist. Ein Schaden entsteht erst mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheides. Der Steuerbescheid ist dem A noch nicht zugestellt worden. A kann B am 04.04.2016 daher noch nicht zur Haftung heranziehen, sondern muss abwarten, bis ihm der Steuerbescheid zugegangen ist.

4.3.1 Beispiele

Ein Schaden kommt beispielsweise in den folgenden Fällen in Betracht:

  • Steuermehrforderung
  • Berechtigte Steuernachforderungen
  • Belastung mit einer Verbindlichkeit
  • entgangener Gewinn
  • Gebühren
  • Bußgelder

4.3.1.1 Steuermehrforderung

Eine Steuermehrforderung kann durch Versagung eines berechtigten Steuervorteils oder durch Festsetzung einer ungerechtfertigten Steuernachforderung entstehen.(Fußnote)

Beispiel

Mandant A möchte sein Unternehmen umstrukturieren und beauftragt Steuerberater B mit der Erstellung eines Gutachtens zur Findung des steuergünstigsten Umstrukturierungsmodells. B übersieht einen relevanten Umstand, sodass bei dem von ihm ausgearbeiteten Modell die in den Vermögenswerten ruhenden stillen Reserven aufgedeckt und besteuert werden.

  • Die Steuermehrforderung hätte durch die Erstellung eines fehlerfreien Gutachtens vermieden werden können. Bei der Aufdeckung stiller Reserven wird bereits vorhandenes Vermögen besteuert. Durch Nichtaufdeckung wird somit lediglich ein Steuerstundungseffekt erzielt. Dieser Effekt steht einem Steuerschaden nicht entgegen. Grund dafür ist, dass die Steuern zu diesem Zeitpunkt nicht zwangsläufig hätten anfallen müssen. Dementsprechend ist eine Steuermehrforderung entstanden.

4.3.1.2 Berechtigte Steuernachforderungen

Berechtigte Steuernachforderungen stellen keinen Schaden dar.(Fußnote) Sie wären in gleicher Höhe angefallen, wenn sich der Steuerberater pflichtgemäß verhalten hätte.

Beispiel

Steuerberater B erklärt anstatt 50.000,- € nur 10.000,- € an Einnahmen des Mandanten A, sodass das Finanzamt eine zu geringe Steuer festsetzt. Dieses Versehen wird später korrigiert. Die ausstehende Steuer wird von A nachgefordert.

  • Wäre dem B der Fehler nicht unterlaufen, wäre die Gesamtsteuerlast in gleicher Höhe angefallen. A steht folglich nicht schlechter, als er stehen würde, wenn B die Steuererklärung direkt ordnungsgemäß erstellt hätte. Etwas anderes könnte dann gelten, wenn A darlegen kann, dass er die Steuern im Zeitpunkt der Pflichtverletzung des B hätte bezahlen können, jetzt aber einen Kredit aufnehmen muss. A muss sich ggf. einen Zinsvorteil anrechnen lassen.(Fußnote)

4.3.1.3 Belastung mit einer Verbindlichkeit

Der Schaden des Mandanten kann in der Belastung mit einer Verbindlichkeit bestehen. Dies ist dann der Fall, wenn der Mandant Ansprüchen eines Dritten oder des Finanzamts ausgesetzt ist.(Fußnote) In diesem Fall kann er zunächst die Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Tilgt er die Verbindlichkeit oder verweigert der Steuerberater endgültig und ernsthaft die Befreiung, wandelt sich der Befreiungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch um.(Fußnote)

Beispiel

Mandant A hat aufgrund unrichtiger Auskunft des Steuerberaters B eine Bürgschaftserklärung abgegeben. A wird aus der Bürgschaft in Anspruch genommen und zahlt.

  • A tilgt seine Verbindlichkeit. Er kann von B Schadensersatz verlangen.

4.3.1.4 Entgangener Gewinn

Der zu ersetzende Schaden umfasst den entgangenen Gewinn (§ 252 S. 1 BGB). Hierbei handelt es sich um den Gewinn, der mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte (§ 252 S. 2 BGB). Die Nutzungsmöglichkeit des Geldes stellt nach allgemeiner Lebensauffassung einen Vorteil dar, der seinerseits einen Geldwert hat.(Fußnote) Wer sein Geld beispielsweise einem Dritten darlehnsweise zur Verfügung stellt, lässt sich durch Zinsen entschädigen.

Beispiel(Fußnote)

Aufgrund eines Fehlers durch Steuerberater B setzt das Finanzamt die Steuer des Mandanten A zu hoch fest. Dieser Fehler kann im Folgejahr korrigiert werden.

  • Kann A daher durch die Pflichtverletzung des B sein Geld nicht nutzen, entsteht ihm ein Zinsverlust, den B als entgangenen Gewinn zu entschädigen hat.

4.3.1.5 Gebühren

Grundsätzlich können Gebühren des Steuerberaters nicht ersetzt werden, da sie das geschuldete Entgelt für die vereinbarte Leistung darstellen. Der Mandant hätte das Honorar des Steuerberaters auch bei pflichtgemäßem Handeln des Steuerberaters zahlen müssen.(Fußnote) Eine Ausnahme kann dann bestehen, wenn die vereinbarte Arbeit völlig unbrauchbar ist.(Fußnote)

4.3.1.6 Bußgelder

Einen Schaden können verhängte Bußgelder darstellen. Dies setzt voraus, dass für das Bußgeld ein Fehlverhalten des Steuerberaters ursächlich ist.

Beispiel

Mandant A hat eine große Summe an Steuern hinterzogen und teilt dies seinem Steuerberater B mit. Dieser rät A von einer Selbstanzeige ab. Die Steuerhinterziehung wird entdeckt. A muss ein Bußgeld von 50.000,- € entrichten.

  • B wäre verpflichtet gewesen, A zu einer Selbstanzeige zu raten. Durch die Selbstanzeige hätte das Bußgeld höchstwahrscheinlich abgewendet werden können (§ 371 AO). Bei dem Bußgeld handelt es sich daher um einen von B zu ersetzenden Schaden.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


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