Sportrecht – Eine Einführung für Sportler und Vereine – Teil 12 – Durchsetzbarkeit von Ansprüchen eines Vereins gegenüber den einzelnen Mitgliedern
2.5.4. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen eines Vereins gegenüber den einzelnen Mitgliedern
Satzungen von Sportvereinen oder -verbänden sowie entwickelte Organisationswerke und Regelwerke bestimmen Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder und Verbandsmitglieder.
2.5.4.1. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen eines Vereins gegenüber unmittelbaren Mitgliedern
Unmittelbare Mitgliedschaften bestehen zwischen Sportler und Verein sowie zwischen Verein und Verband.(Fußnote) Das entscheidende Kriterium im Vereinsrecht ist vor allem der, durch die Gründer des jeweiligen Vereins oder Verbands, geschlossene Vertrag. Dieser „Vertrag“ wird als, für die Gründer und alle nachfolgenden Mitglieder, verbindliche Satzung bezeichnet. In dieser sind sowohl organisationsrechtliche, als auch schuldrechtliche Elemente enthalten.
Mit Aufnahmen bzw. Eintritt in den jeweiligen Verein oder Verband, erkennt das jeweilige Mitglied die Satzung und etwaige Nebenordnungen der Sportorganisation an und wird somit gleichzeitig an das entsprechende Organisationswerk und Regelwerk gebunden. Auftretende Nichtigkeitsgründe oder Anfechtungsgründe hinsichtlich des Beitritts bzw. des Aufnahmevertrages eines Mitglieds sind nur ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Fehlerhaftigkeit des jeweiligen Mitglieds möglich (ex nunc). Eine rückwirkende Geltendmachung, auf den Zeitpunkt seit dem Eintritt bzw. seit dem Bestehen der Fehlerhaftigkeit, ist nicht möglich (ex tunc). Mit dieser Regelung soll vor allem vermieden werden, dass mitgliedschaftliche Rechte und Pflichten für die Vergangenheit in Frage gestellt werden können.
Eine Ausnahme dieser Regelung ist allerdings dann gegeben, wenn die Fehlerhaftigkeit auf einer fehlenden Geschäftsfähigkeit, einer Sittenwidrigkeit oder einer Verbotswidrigkeit beruht. (Fußnote) Rechte und Pflichten der Beteiligten müssen in der entsprechenden Vereinssatzung bzw. Verbandssatzung geregelt sein. Sind solche Rechte und Pflichten nicht in Satzungen, sondern in sogenannten Nebenordnungen geregelt, die nicht als Satzungsbestandteil erklärt wurden, so besteht keine rechtswirksame Bindung dieser Regelungen für die einzelnen Mitglieder.
Hier spricht man auch vom sogenannten satzungsergänzenden Charakter, der eben ohne Bindungswirkung für die Mitglieder existiert.(Fußnote)
2.5.4.2. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen eines Vereins/Verbands gegenüber mittelbaren Mitgliedern
Satzungsbestimmungen eines Verbands sind für mittelbare Mitglieder, also Sportler, nur dann bindend, wenn sie in der Satzung des jeweils nachgeordneten Vereins ebenso enthalten bzw. verankert sind.(Fußnote)
Fehlt eine solche Verankerung, kann eine Bindungswirkung nicht angenommen werden. Die einzelnen Sportler sind dann folglich nicht an entsprechende Verbandssatzung gebunden. Wann eine Verankerung zu bejahen ist, hängt von der Art der Satzungsverweisung in den einzelnen Vereinssatzungen hab.
Hierbei wird meist unterschieden zwischen:
- statischer Satzungsverweisung und
- dynamischer Satzungsverweisung
Eine statische Satzungsverweisung ist dann vorliegend, wenn der nachgeordnete bzw. gegenüber dem Verband untergeordnete Verein pauschal in der eigenen Satzung die Regeln und Bestimmungen des übergeordneten Verbands für unmittelbar (direkt) verbindlich erklärt.
Eine Bindungswirkung im statischen Sinn existiert allerdings dann nicht, wenn der Verein es versäumt, die Satzung des übergeordneten Verbands ausdrücklich zu benennen und die einzelnen Bestimmungen deutlich aufzuführen. Es ist essentiell notwendig, dass das einzelne Vereinsmitglied bezüglich der einzelnen verbandsrechtlichen Regelwerke und Vorschriften Einsicht nehmen kann, um zu erfahren, welchen konkreten Vorgaben und Verpflichtungen es sich unterwirft. Kommt es am Ende zu einem Widerspruch zweier Bestimmungen, nämlich konkret zwischen der Verbandssatzung – obwohl auf diese grundsätzlich wirksam verwiesen wurde – und der untergeordneten Vereinssatzung, so hat die Regelung der untergeordneten Vereinssatzung Vorrang gegenüber dem höherrangigen Regelwerk eines Verbands. (Fußnote) Bei der dynamischen Satzungsverweisung sollen im Gegensatz zur statischen Satzungsverweisung sämtliche Änderungen der höherrangigen Satzungsordnung eines Verbands automatisch in die Vereinssatzung übernommen werden. Eine solche Satzungsverweisung ist allerdings nicht rechtmäßig, da sie gegen geltendes Recht verstößt. Hierbei würden nämlich Satzungsänderungen ohne die, für eine allgemeine Satzungsänderung, erforderliche Registereintragung sowie ohne notwenigen Beschluss der einzelnen Mitglieder erfolgen.
Dies ist rechtlich nicht möglich bzw. wird untersagt.(Fußnote)
2.5.5. Zusammenfassung
Es werden drei verschiedene Mitgliedschaftsarten in einem Verein/Verband unterschieden. Hierunter fallen die unmittelbare (direkte) Mitgliedschaft, die mittelbare (indirekte) Mitgliedschaft sowie die außerordentliche Mitgliedschaft. Bei allen drei Mitgliedschaftsarten besteht unweigerlich die Pflicht der Beitragserbringung.
Weiterhin haben die Vereinsmitglieder und Verbandsmitglieder im Gegenzug auch einige Mitgliedschaftsrechte, bei denen vor allem die sogenannten Hauptrechte (Organschaftsrecht, Werterecht und Schutzrecht) nicht vernachlässigt bzw. verletzt werden dürfen. Entscheidendes Kriterium im Vereinsrecht und Verbandsrecht sind allerdings ohne Zweifel die einzelnen Satzungen, auf welche die Organisationswerke und vor allem Regelungswerke des Vereinsrechts und Verbandsrechts beruhen.
Die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen, sowohl von Vereinen/Verbänden gegenüber unmittelbaren Mitgliedern, als auch gegenüber mittelbaren Mitgliedern, hängt vom jeweiligen Verweis bzw. von der einzelnen Verankerung in den vereinsorganisatorischen bzw. verbandsorganisatorischen Satzungen ab.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Sportrecht – Eine Einführung für Sportler und Vereine“ von Michael Kaiser, auf Vertriebsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Franco Caputo, wissenschaftlicher Mitarbeiter, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0.
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Kontakt: kaiser@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2015