Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 13 – Rechtsfolgen: Strafen und Strafrahmen, außerstrafrechtliche Folgen
Herausgeber / Autor(-en):
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
5.3.6 Rechtsfolgen
Eine Rechtsfolge ist zusammen mit dem Tatbestand Bestandteil einer Rechtsnorm und gibt an, welche rechtliche Konsequenzen ein bestimmter Lebenssachverhalt haben soll. Weitere Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge sind die Rechtswidrigkeit der Tat und die Schuld des Täters. Die Rechtsfolge tritt nur ein, wenn durch den konkreten Lebenssachverhalt sämtliche Tatbestandsmerkmale erfüllt sind.
5.3.6.1 Strafen und Strafrahmen
Sofern eine Strafe als Rechtsfolge vorgesehen ist, wird in einem zweiten Schritt über deren Höhe, den sogenannte Strafrahmen, entschieden.
5.3.6.1.1 Strafen
Wie bereits erwähnt beträgt die gesetzliche Regelstrafe für eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, sofern nicht ein Regelbeispiel bejaht wird.
Die Schuld des Täters muss dabei die Grundlage für die Zumessung der Strafe sein. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten hat, sind zu berücksichtigen (vgl. § 46 Absatz 1 Satz 2 StGB).
Für die konkrete Bemessung der Strafe wird § 46 Absatz 2 StGB angewandt, der besagt, dass bei der Zumessung das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander abzuwägen sind.
Dabei kommen namentlich in Betracht:
- die Beweggründe und Ziele des Täters
- die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille
- das Maß der Pflichtwidrigkeit
- die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat
- das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
- dein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie
- das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
Eine lange Verfahrensdauer und dessen oftmals mühselige Auswirkungen für den Angeklagten sind im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen.(Fußnote)
Bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr kann das Gericht die Strafe zur Bewährung aussetzen, § 56 Absatz 1 Satz 1 StGB. Das Gericht ist verpflichtet, die Strafe zur Bewährung auszusetzen, sofern zu erwarten ist, dass der Verurteilte schon die Verurteilung selbst als Warnung verstanden hat und auch zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird (Vgl. § 56 Absatz 1 Satz 2 StGB).
Faktoren zur Einschätzung sind hier namentlich
- die Persönlichkeit des Verurteilten
- sein Vorleben
- sein Verhalten nach der Tat
- seine Lebensverhältnisse und
- die Wirkung auf selbige im Falle einer Aussetzung.
Ausnahmsweise lassen sich auch Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren nach § 56 Absatz 2 StGB zur Bewährung aussetzen. Jedoch ist die Hürde wesentlich höher als bei Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr. Es müssen besondere Umstände festgestellt werden, die eine solche Entscheidung tragen, beispielsweise das außerordentliche Bemühen des Täters nach seiner Reue, die Tat wieder gut zu machen
Alternativ kann eine Geldstrafe festgesetzt werden, welche anhand von Tagessätzen bestimmt wird. Die Tagessatzanzahl bestimmt sich ebenfalls nach den oben genannten Kriterien des § 46 StGB und beträgt mindestens fünf und höchstens dreihundertsechzig Tagessätze.
Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht gemäß § 40 Absatz 2 StGB unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters, wobei das Nettogehalt maßgeblich ist. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.
5.3.6.1.2 Strafrahmen
Grundsätzlich erfolgt die Festsetzung einer Strafe in drei Stufen:(Fußnote)
- Zunächst müssen in der Hauptverhandlung die Voraussetzungen des tatbestandlichen Delikts, das den Strafrahmen in Unter- und Obergrenze vorgibt, festgestellt werden.
- In Stufe zwei und drei wird unter Berücksichtigung der persönlichen Schuld und individueller Faktoren innerhalb der Unter- und Obergrenze eine endgültige Strafe ausgesprochen.
Die Grenzen des Strafrahmens sind dabei durch das Gesetz bestimmt. Die tatsächliche Bestimmung der Strafe innerhalb dieses Rahmens wird einzelfallbezogen durch das Gericht durchgeführt. Die Regelstrafe für die Steuerhinterziehung nach § 370 AO beträgt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ergänzt wird dieses System durch sogenannte Strafschärfungsgründe. Diese sind für die Steuerhinterziehung in § 370 Absatz 3 AO genannt. Findet ein darin genanntes Regelbeispiel Anwendung, verschiebt sich der vorgegebene Strafrahmen, also die Unter- und Obergrenze, nach oben. In einem Fall des § 370 Absatz 3 AO ändert sich der Strafrahmen von „Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren“ ohne Mindestfreiheitsstrafe hin zu „Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren“ mit Mindestfreiheitsstrafe.
5.3.6.2 Außerstrafrechtliche Folgen
Neben den strafrechtlichen Konsequenzen sind sowohl steuer- als auch verwaltungsrechtliche Nebenfolgen denkbar.(Fußnote)
Steuerrechtliche Folgen einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO können vor allem sein:
- Haftung des Täters für den hinterzogenen Steuerbeitrag (§ 71 AO)(Fußnote)
- Hinterziehungszinsen (§ 235 AO)
- Verlängerung von Festsetzungszinsen für die hinterzogenen Steuern (§ 235 AO)
- Ablaufhemmung der Festsetzungsfirst (§ 171 AO)
Verwaltungsrechtliche Folgen können vor allem sein:(Fußnote)
- Gewerbeuntersagung (§ 35 Absatz 1 Gewerbeordnung)
- Versagung, Rücknahme oder Widerruf einer Gaststättenerlaubnis (§§ 4,15 Gaststättengesetz)
- Versagung, Rücknahme oder Widerruf einer Güterkraftverkehrserlaubnis (§ 3 Güterkraftverkehrsgesetz)
- Ausweisung eines Ausländers (§ 45 Ausländergesetz)
Berufsrechtliche Folgen können vor allem Steuerberater treffen: Wer als Steuerberater eine fremdnützige Steuerhinterziehung begeht, verstößt gegen seine Berufspflichten im Sinne des § 57 Absatz 1 Steuerberatergesetz.
Ebenso kann es einen Finanzbeamten disziplinarrechtlich treffen. Dies geschieht abseits einer möglichen strafrechtlichen Ahndung und kann sogar eintreten, wenn eine wirksame strafaufhebende Selbstanzeige gemäß § 371 AO erstattet wurde.(Fußnote)
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.

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Monika Dibbelt
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Stand: Januar 2016