Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen – Teil 12 – Steuerhinterziehung in einem schweren Fall: Als Mitglied einer Bande - Unter Verwendung unrichtiger Belege
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
5.3.3 Die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzen nach § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 AO
Gemäß § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 AO liegt ein besonders schwerer Fall vor, wenn der Täter die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine eigenen Befugnisse oder seine Stellung missbraucht. Auf welche Art der Täter die Mithilfe des Amtsträgers erreicht, oder wie er dessen Mithilfe ausnutzt, ist dabei unerheblich.(Fußnote)
Beispiel(Fußnote)
Der Finanzbeamte F und sein Freund M schmieden folgenden Plan: Der F erstellt eine Steuererklärung für einen nichtexistierenden Steuerpflichtigen S. Er erfasst den Steuerfall datentechnisch und ließ ihn verarbeiten. Wie von den beiden beabsichtigt, wurden aufgrund der fingierten Erklärungen Steuererstattungen festgesetzt und in der Folge „an S“ ausbezahlt. Damit die Erstattungen ihnen unauffällig zufließen konnten, fingierten F und M jeweils eine Abtretung der Erstattungsansprüche an den M, auf dessen Bankkonten die Erstattungsbeträge gutgeschrieben wurden. Dieser leitete die Hälfte der Beträge wie zuvor besprochen an F weiter.
- F hat sich damit einer Steuerhinterziehung in besonders schweren Fall nach § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 AO strafbar gemacht, da er seine Amtsträgerstellung ausgenutzt hat.
- M ist Mittäter, da er arbeitsteilig und mit eigenem Tatbeitrag gemeinsam mit F vorgegangen ist. Er wollte die Tat als eigene. Damit ist er Teilnehmer einer Steuerhinterziehung. Da er die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzte, der dafür seine Stellung missbraucht hat, liegt für C ein besonders schwerer Fall gemäß § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 3 AO vor.
5.3.4 Unter Verwendung unrichtiger Belege fortgesetzte Tathandlung nach § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 AO
Wer „unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“, erfüllt das Regelbeispiel des besonders schweren Falls gem. § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 AO. Der Täter muss nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bereits mindestens zwei Steuerhinterziehungen unter Vorlage unrichtiger Belege begangen haben, bevor ihn die schärfere Ahndung aus dem erweiterten Strafrahmen des § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 AO trifft.(Fußnote)
Beispiel
Der Geschäftsführer G der X-GmbH verkürzt unter Vorlage gefälschter Belege in Form von Lieferantenverträge die Umsatzsteuer. Begonnen hatte er damit im Umsatzsteuerzeitraum 1, nutzt die Methode aber auch für die Zeiträume 2 und 3. Bei der Abgabe der Unterlagen zu Zeitraum 3 wird ein wachsamer Finanzbeamter auf einen Fehler in der Fälschung aufmerksam. Im Folgenden wird ermittelt, auch für die noch nicht verjährten Zeiträume 1 und 2.
- Die eigentlich steuerpflichtige GmbH als juristische Person wälzt die Erledigung ihrer steuerlichen Pflicht auf das Organ G, den Geschäftsführer, ab. Dieser verkürzt durch unrichtige Angaben in Form von Fälschungen die Beträge, die die X-GmbH zu entrichten hätte, und begeht somit für die Zeiträume 1 und 2 eine vollendete Steuerhinterziehung. Mit der Abgabe für den Zeitraum 3 verwirklicht sich das Regelbeispiel des besonders schweren Falls gem. § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 AO, da er fortgesetzt mit Hilfe von gefälschten Beträgen und damit unter Verwendung unrichtiger Belege die Steuer verkürzt. Auch ist die Voraussetzung, dass bereits zwei vollendete Steuerhinterziehungen durch die Belege vollendet sind, erfüllt.
5.3.5 Als Mitglied einer Bande nach § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 4 AO
Die letzte Alternative des besonders schweren Falls nach § 370 Absatz 3 Satz 2 Nr. 5 AO trifft den Täter, wenn er als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Absatz 1 AO verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt.
Nach der allgemein anerkannten Definition ist eine Bande ein Zusammenschluss von mindestens drei Personen.(Fußnote) Diese müssen sich mit dem Willen verbunden haben, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Steuerhinterziehungen im Bereich der Umsatz- oder Verbrauchssteuern zu verüben. Das Merkmal „fortgesetzt“ ist hierbei relevant, da eine einzelne Tat nicht ausreicht. Jedoch müssen nicht bereits mehrere Taten vollendet worden sein. Es reicht schon die erste durchgeführte Steuerhinterziehung, wenn sich der Zusammenschluss als Bande im Sinne der oben genannten Definition darstellt.
Beispiel für Begehungsweise as Bande
Der Geschäftsführer G der X-GmbH, sein Lieferant L und der Steuerberater S schmieden folgenden Plan: Der Geschäftsführer G der X-GmbH verkürzt unter Vorlage gefälschter Lieferantenverträge, die von L erstellt werden, die Umsatzsteuer. Der S hatte die Idee und unterstützt die beiden mit seinem fachlichen Rat. Den daraus resultierenden Gewinn teilen die drei auf, sie planen sich dadurch über längere Zeit zusätzliche Einnahmen zu sichern. Begonnen hatten die drei damit im Umsatzsteuerzeitraum 1, wurden jedoch durch eine Nachlässigkeit bei der Fälschung des L schon im Umsatzsteuerzeitraum 2 erwischt.
- Der Plan von G, L und S sieht regelmäßig wiederkehrend die Verkürzung der Umsatzsteuerbeträge durch unrichtige Angaben vor, die die X-GmbH zu entrichten hätte. Dies stellt einen objektiv nicht zugestandenen Steuervorteil für G vor, an dem L und S durch Tatbeitrag und aufgrund eines gemeinsamen Tatplanes als Mittäter mitgewirkt haben. Da der Plan auf Dauer angelegt war, und gemeinsame Projekte finanzieren sollte, und auch eine erste Steuerhinterziehung für den Zeitraum 1 bereits vollendet war, liegt durch die Abgabe für Zeitraum 2 durch die Begehungsweise "als Mitglied einer Bande" für jeden der drei Bandenmitglieder ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen“ von Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, und Alexander Mayr, erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9.
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Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
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Stand: Januar 2016
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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