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Steuerberaterhaftung – Teil 16 – Zurechnungszusammenhang: Schutzbereich und Unterbrechung

4.4.2 Zurechnungszusammenhang

Der Schaden muss dem Steuerberater zurechenbar sein. Der Zurechnungszusammenhang ist grundsätzlich bei jeder Pflichtverletzung gegeben, sofern diese geeignet ist, Vermögensnachteile des Mandanten zu bewirken.(Fußnote) Der Zurechnungszusammenhang ist nicht gegeben, wenn der Schaden ohne das schädigende Verhalten des Steuerberaters eingetreten wäre.

4.4.2.1 Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht

Nach der Lehre von dem Schutzzweck der Norm, kann eine Schadensersatzpflicht nur dann bestehen, wenn und soweit der geltend gemachte Schaden nach seiner Art und Entstehungsweise in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht fällt. Hierzu muss es sich bei dem Schaden um Nachteile handeln, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde.(Fußnote)

Beispiel
Mandant A und Steuerberater B schließen einen allgemeinen Beratungsauftrag. Hierbei vergisst B die steuerliche Beratung über eine Vermögensanlage. Die erstrebten Steuervorteile stellen sich trotzdem ein. Die Anlage erweist sich als schlecht, wodurch A Verluste in Höhe von 40 % erleidet.

  • Die Beratungspflicht des B erstreckt sich auf die steuerliche Beratung. Dementsprechend fallen Nachteile, die nicht mit dem Bereich der steuerlichen Beratung in Zusammenhang stehen, nicht in den Schutzbereich der verletzten Vertragspflicht des B. Er haftet nicht dafür, dass die Vermögensanlage aus anderen Gründen nachteilig ist.

4.4.2.2 Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs

Der Zurechnungszusammenhang kann durch das Verhalten anderer Personen unterbrochen werden. Kommt es zu einer Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs haftet der Erstschädiger für den Schaden des Mandanten nicht. Dies ist jedoch nur in Ausnahmefällen der Fall. Regelmäßig stehen dem Mandanten vielmehr zusätzlich Haftende zur Verfügung.(Fußnote) Die Schädiger haften in diesem Fall als Gesamtschuldner.

4.4.2.2.1 Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch den Mandanten

Der Zurechnungszusammenhang kann durch eine Handlung des Mandanten unterbrochen werden. In diesem Fall wird ein selbstständiger Willensakt des Mandanten dem Steuerberater grundsätzlich zugerechnet. Eine Ausnahme besteht, wenn für die Handlung des Mandanten ein Anlass bestand und die Reaktion nicht völlig unangemessen war.(Fußnote)

Beispiel
Mandant A und dessen Ehefrau haben durch die fehlerhafte Beratung ihres Steuerberaters B von der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) Abstand genommen. Hierdurch entstand ihnen ein Steuerschaden in Höhe von 40.000,- €.

  • Der Schaden beruht auf einem Willensentschluss des A und dessen Ehefrau, keine Zusammenveranlagung vorzunehmen. Dieser Entschluss ist auf die fehlerhafte Beratung des B zurückzuführen, da A und dessen Ehefrau durch die Beratung des B herausgefordert worden sind, sich gegen eine Zusammenveranlagung zu entscheiden. Das Befolgen eines Beratungsergebnisses ist eine typische Reaktion, so dass der Ursachenzusammenhang nicht unterbrochen wurde und der Steuerberater haftet.

4.4.2.2.2 Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch sonstige Dritte

Die Handlung eines Dritten kann den Zurechnungszusammenhang nur dann durchbrechen, wenn sich ein Dritter völlig ungewöhnlich und unverständlich verhält und dadurch der Schaden des Mandanten erst endgültig herbeiführt wird.(Fußnote)

Beispiel
Steuerberater B wurde von seinem Mandanten A mit der Erstellung einer Steuererklärung beauftragt. Diese erstellt B fehlerhaft. Vor Übersendung der Steuererklärung an das Finanzamt wechselt A den Steuerberater. Dem neuen Steuerberater C erteilt er einen allgemeinen Beratungsauftrag und bittet nochmals um Prüfung der Steuererklärung. Der Fehler des B wird übersehen.

  • Sowohl B als auch C verhalten sich pflichtwidrig. Das Übersehen eines vorangegangenen Fehlers stellt kein völlig ungewöhnliches Verhalten dar. Dementsprechend durchbricht die Pflichtverletzung des C den Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des B und dem Schaden des A nicht. C haftet stattdessen zusätzlich.

4.4.2.2.3 Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das Gericht

Zudem kommt eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das Gericht in Betracht. Dazu muss der Schadensbeitrag des Gerichts gegenüber dem des Steuerberaters so weit überwiegen, dass der Beitrag des Steuerberaters hinter dem des Gerichts vollständig zurücktritt und kein innerer Zusammenhang mehr zwischen dem Schaden und der pflichtwidrigen Handlung des Steuerberaters besteht.(Fußnote)

Bespiel
Steuerberater B macht in einem Gerichtsprozess einen Fehler. Er erkennt den Fehler und korrigiert ihn noch in dem Prozess. Die Korrektur wird seitens des Gerichts nicht zur Kenntnis genommen. Der Fehler wird zur Grundlage der Entscheidung gemacht.

  • Der Fehler des B wäre bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Korrektur erfolglos geblieben. Der bereits behobene Fehler des B steht daher in keinem inneren Zusammenhang mehr mit der Fehlentscheidung des Gerichts. Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung des B und dem Schaden wird durchbrochen. Der Mandant hat keinen Anspruch gegen B. Er kann nur Rechtsmittel gegen die fehlerhafte Entscheidung des Gerichts einlegen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Steuerberaterhaftung“ von Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, spezialisiert auf Steuerrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Anika Wegner, wissenschaftliche Mitarbeiterin, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9.


 

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Kontakt: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2016


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Herausgeber / Autor(-en):

Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

Portrait Carola-Ritterbach

Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten.  Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren.  Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte. 
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.

Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:

  • Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
  • Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
  • Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
  • Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
  • Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
  • Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
  • Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7

Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so

  • Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren

Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
 Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:

  • Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
  • Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
  • Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
  • Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
  • Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
  • Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
  • Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter

Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Ritterbach unter:
Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28

 

Monika Dibbelt, Rechtsanwältin

Portrait Monika-Dibbelt

Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.

Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung  des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.

Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.

Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema

  • Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
  • Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
  • Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
  • Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz


Kontaktieren Sie Rechtsanwältin Dibbelt unter:
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