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Das Widerrufsrecht – Teil 13 – Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts

4.2.2.3 Fristauslösung bei der Lieferung mehrerer Teilsendungen

Wird die Bestellung einer einheitlichen Ware aufgegeben, welche in Teilsendungen verschickt wird, so beginnt die Widerrufsfrist mit dem Erhalt der letzten Teilsendung (§ 356 Abs. 2 Nr. 1c BGB).


Beispiel:
Der Verbraucher bestellt ein mehrbändiges Lexikon. Die letzten beiden Bände werden zwei Wochen nach der ersten Lieferung, am 12.05. geliefert.

  • Es handelt sich um die Bestellung einer einheitlichen Ware. Die Bände des Lexikons sind zusammengehörend, da sie einen funktionellen Zusammenhang haben. Die Lieferung der letzten Bände stellt das fristauslösende Ereignis dar. Nach Maßgabe der Berechnungsregelung des § 187 Abs. 1 BGB wird die Widerrufsfrist am 13.05. ausgelöst.

4.2.2.4 Fristauslösung bei regelmäßigen Lieferungen über einem längeren Zeitraum

Werden Waren über einen längeren festgelegten Zeitraum regelmäßig geliefert, so beginnt die Widerrufsfrist bereits mit dem Erhalt der ersten Ware (§ 356 Abs. 2 Nr. 1d BGB). Anwendung findet die Regelung bei Ratenlieferungsverträgen (§ 510 BGB).
Eine regelmäßige Lieferung liegt vor, wenn der Vertrag eine turnusmäßige Lieferverpflichtung des Unternehmers vorsieht. Das Kriterium der Langfristigkeit setzt voraus, dass der Vertrag nicht unbefristet geschlossen wurde. Es müssen Beginn und Ende der Leistungspflichten erkennbar sein. Der Zeitraum der Leistungspflichten muss festgelegt sein. Verträge, die auf unbestimmte Dauer geschlossen werden und nur durch eine Kündigung beendet werden können, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Regelung.

Beispiel:
Der Verbraucher ist Mitglied in einem Literatur-Club. Er ist verpflichtet, dem Unternehmer über dessen Online - Shop in den nächsten 2 Jahren, mindestens 3 Bücher über ein bestimmtes Thema abzukaufen. Der Unternehmer liefert die bestellten Bücher in Abständen von je 2 Monaten.

  • Die vom Unternehmer zu erbringende Leistung erstreckt sich über einen Zeitraum von 6 Monaten. Der Unternehmer wird verpflichtet, seine Leistung turnusmäßig alle 2 Monate zu erbringen. Die Lieferung ist auf eine bestimmte Dauer angelegt. Die Widerrufsfrist beginnt somit ab dem Erhalt des ersten Buches.

4.2.2.5 Lieferung von Energie und digitalen Inhalten

Bei Verträgen, welche die Lieferung von Energie (Wasser, Gas, Strom, Fernwärme) in einer unbestimmten Menge oder einem unbestimmten Volumen zum Inhalt haben, wird die Widerrufsfrist mit Vertragsschluss ausgelöst (§ 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Gleiches gilt für die Lieferung von digitalen Inhalten, welche nicht auf einem körperlichen Datenträger gespeichert sind.


Beispiel 1:
Der Verbraucher schließt per Telefon einen Vertrag über die Lieferung von elektrischem Strom. Der Vertrag wird am 01.06. geschlossen.

  • Der Energielieferungsvertrag wird auf eine unbestimmte Zeit geschlossen. Eine Mengenbeschränkung der zu liefernden Energie wurde nicht vereinbart. Die Widerrufsfrist beginnt somit am 02.06. (§ 187 Abs. 1 BGB).

Beispiel 2:
Der Verbraucher bestellt im Internet eine Antiviren - Software. Diese muss er nach Abschluss des Lizenzvertrages nur noch auf der Homepage des Unternehmers herunterladen. Der Vertragsschluss erfolgte am 10.10. Dem Verbraucher wird die Software über einen Server zum Download zur Verfügung gestellt.

  • Es liegt ein Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger (z.B. CD-ROM) befinden, vor. Die Widerrufsfrist beginnt am 11.10. (§ 187 Abs. 1 BGB).

4.2.3 Vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts

Bei bestimmten Verbraucherverträgen kann das Widerrufsrecht vorzeitig, d.h. vor Ablauf der Widerrufsfrist, erlöschen. Dies betrifft Verträge über Dienstleistungen sowie Verträge über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden.

4.2.3.1 Verträge über Dienstleistungen

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einem Dienstleistungsvertrag erlischt vorzeitig, sobald

  • der Unternehmer seine Leistung vollständig erbringt,
  • nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung erteilt hat, und
  • nachdem der Verbraucher zuvor seine Kenntnis davon bestätigt, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert (§ 356 Abs. 4 BGB).

Die bloße Hinnahme der Dienstleistung durch den Verbraucher ist nicht ausreichend. Unerheblich ist, ob der Verbraucher den Vertrag seinerseits erfüllt hat.


Beispiel:
Der Verbraucher bestellt per Telefon ein Malerunternehmen. Beide Parteien vereinbaren am 02.03., dass das Haus des Verbrauchers am 05.03. komplett neu gestrichen werden soll. Der Unternehmer belehrt den Verbraucher am 05.03. vor Ort schriftlich darüber, dass er sein Widerrufsrecht mit Abschluss der Malerarbeiten vorzeitig verliert. Der Verbraucher unterschreibt die Belehrung. Die Malerarbeiten werden am selben Tag vollständig abgeschlossen.

  • Bei Dienstleistungsverträgen beginnt die Widerrufsfrist mit dem Vertragsschluss zu laufen (§ 355 Abs. 2 BGB). Somit wird die 14-tägige Widerrufsfrist am 03.03. ausgelöst (§ 187 Abs. 1 BGB). Nach ordnungsgemäßer Unterrichtung und mit dem Abschluss der Malerarbeiten hat der Unternehmer seine Leistungspflicht vollständig erfüllt. Dadurch verliert der Verbraucher sein Widerrufsrecht vorzeitig am 05.05.

4.2.3.2 Verträge über digitale Inhalte

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, erlischt vorzeitig, wenn

  • der Unternehmer mit der Vertragsausführung beginnt (§ 356 Abs. 5 BGB),
  • nachdem der Verbraucher dem Beginn der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestimmt hat (§ 356 Abs. 5 Nr. 1 BGB) und
  • der Verbraucher seine Kenntnis vom Verlust des Widerrufsrechts bestätigt (§ 356 Abs. 5 Nr. 2 BGB).

Im Unterschied zu den Verträgen über Dienstleistungen nach § 355 Abs. 4 BGB, erlischt das Widerrufsrecht nicht erst mit der vollständigen Leistungserbringung, sondern bereits mit dem Beginn der Leistungserbringung.


Beispiel:
Der Verbraucher bestellt im Internet eine Antiviren - Software. Diese muss er nach Abschluss des Lizenzvertrages nur noch auf der Homepage des Unternehmers herunterladen. Der Unternehmer stellt dem Verbraucher einen Download - Link zur Verfügung. Er unterrichtet den Verbraucher darüber, dass dieser sein Widerrufsrecht mit dem Download der Software vorzeitig verliert. Der Verbraucher bestätigt dies durch das Anklicken einer Schaltfläche. Der Vertragsschluss erfolgte am 10.10. Der Download am 15.10.

  • Der Verbraucher verliert sein Widerrufsrecht mit dem Download der Software am 15.10. Der Beginn des Downloads stellt den Beginn der Leistungserbringung dar.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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