Die internationale Entsendung von Mitarbeitern – Teil 17 – Beratung und Vertretung in rechtlichen Fragen, steuerliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer, Mehrkosten für den Arbeitgeber
8. Kapitel Ungeklärte Fragen auf beiden Seiten
Fragen/Themen, die nicht von einen der aufgeführten Hauptthemen erfasst worden sind, werden im folgenden Kapitel bearbeitet. Sie dienen nur als Beispielsfragen, die im Nachhinein noch auftreten können, weshalb dies keine abschließende Klärung darstellen soll. Auch seitens der zu entsendeten Mitarbeiter können Fragen wie folgende auf den Arbeitgeber zukommen.
8.1. Wer berät und vertritt mich in rechtlichen Fragen
Außer Frage steht, dass jedem Arbeitgeber grundsätzlich ein Rechtsbeistand in Form eines firmeninternen Rechtsanwalts / Rechtsberaters anempfohlen wird. Auch für das entsprechende Ausland ist dies dringend zu empfehlen, das heißt, es sollte dahingehend abgeklärt werden, welcher Rechtsbeistand die notwendigen Kompetenzen im in- und ausländischen Recht aufweist. Gegebenenfalls ist ein im Tätigkeitsland ortsansässiger Rechtsbeistand zu suchen oder eine Rechtsanwaltskanzlei, die in Deutschland über Repräsentanzen im jeweiligen Tätigkeitsland verfügen. Darüber hinaus sollte der Rechtsbeistand die wirtschaftlichen und unternehmerischen Belange des Unternehmens verstehen. Die frühzeitige Konsultation eines qualifizierten Beraters, der die Entsendung von Beginn an begleitet, ist angesichts der schwierigen Materie jedem Arbeitgeber anzuraten.
8.2. Besteht eine steuerliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer
Neben den allgemeinen gesetzlichen Schutzpflichten seitens des Arbeitgebers bei Auslandsentsendungen gehört auch die Aufklärung des Arbeitnehmers über steuerliche Konsequenzen. Der zu entsendente Mitarbeiter muss in der Lage sein, sich ein Bild darüber zu machen, welche steuerlichen Abgaben er im Ausland zu entrichten hat. Darüber hinaus ist der Mitarbeiter dadurch auch in der Lage, mit verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten ein günstigeres Steuerergebnis auszuwählen. Auch hier ist die Anfrage eines Steuerberaters mit Erfahrung im Ausland ratsam.
8.3. Welche Mehrkosten kommen auf den Arbeitgeber zu
Häufig werden die Kosten im Zusammenhang bei einer Entsendung seitens des Arbeitgebers unterschätzt. Dies ist insbesondere auf zahlreiche Nebenkosten zurückzuführen. Bedeutsam sind dabei vor allem Sprachkurse, Umzug, interkulturelles Training, Wohnung, Hotel – um nur einige zu nennen. Des Weiteren sind die Kosten für eine fachkundige Beratung in internationalen Steuer- und Rechtsfragen, die entscheidend für eine erfolgreiche Entsendung ist. Auch ist es im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit sinnvoll, sich mit Alternativen zur Entsendung zu beschäftigen. Beispielhaft wären die Nutzung des internationalen Kommunikationsnetzes mit den Möglichkeiten von Conference Calls oder Videokonferenzen.[1] Mehrfach greifen die Unternehmen anstelle einer Entsendung auch auf kurzzeitige Geschäftsreisen zurück, was speziell im Interesse der Mitarbeiter geschieht. Andererseits kann eine persönliche Präsenz vor Ort und damit eine Entsendung unentbehrlich sein.
Die aufgeführten Kostenübernahmen sollten sowohl für den Beginn als auch für die Beendigung der Auslandstätigkeit arbeitsvertraglich vereinbart werden. Auf die wichtigsten Kosten wird folgend näher eingegangen.
8.3.1. Amtliche Dokumente
In einigen Ländern hängt die Arbeitsaufnahme von dem Vorliegen einer Arbeitsgenehmigung, eines Einreisevisums sowie einer Aufenthaltserlaubnis ab. Diese Dokumente müssen sowohl für den Auslandstätigen als auch für dessen Familie auf Kosten des Arbeitgebers beschafft werden.
ANMERKUNG:
Einen Mitarbeiter von heute auf morgen in ein anderes Land zu entsenden, funktioniert nicht. Der gesamte Prozess dauert mindestens drei Monate – in manchen Ländern auch noch viel länger. Es muss in der Regel zuerst eine Arbeitserlaubnis vorliegen, erst dann kann bei der Botschaft ein Einreisevisum beantragt werden, Dokumente, zum Beispiel Zeugnisse oder Heiratsurkunden, müssen unter Umständen beglaubigt, legalisiert und übersetzt werden und vieles andere mehr. Innerhalb der EU herrscht jedoch Freizügigkeit, da funktionieren diese Prozesse in der Regel schneller und reibungsloser. Auf keinen Fall darf der Mitarbeiter – auch nicht übergangsweise – die Beschäftigung mit einem Touristenvisum aufnehmen. Das kann verheerende Strafen und Sanktionen mit sich ziehen.
Hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitraum und für welches Land obig aufgeführte Dokumente von Nöten sind, sollte dies vor dem Auslandseinsatz mit einem Rechtsbeistand geklärt werden. Die erforderlichen Dokumente hängen von den jeweiligen Einreisebestimmungen des Tätigkeitslandes ab. Vorabinformationen können über die Internetseiten des Auswärtigen Amtes [2] eingeholt werden, ersetzen aber in keinem Fall die Beratung im Einzelfall.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die internationale Entsendung von Mitarbeitern“ von Tilo Schindele, auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, und Babett Stoye, LL.B., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-57-1.
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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2016