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Das Widerrufsrecht – Teil 17 – Kapitalanlagevertrag, Fernunterrichtsvertrag

4.5.2 Kapitalanlagevertrag

Im Gegensatz zum Versicherungsvertragsgesetz steht das Widerrufsrecht bei Kapitalanlageverträgen nur dem Verbraucher zu.

Der Anlagenkäufer hat gem. § 305 Abs. 1 S. 1 KAGB ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Der Widerruf ist in Textform zu erklären. Die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung vor Fristablauf genügt zur Fristwahrung (§ 305 Abs. 2 S. 1 KAGB).

Die Widerrufserklärung muss der Kapitalverwaltungsgesellschaft zugehen (§ 319 KAGB). Die Kapitalverwaltungsgesellschaft ist das Unternehmen, welches das Investmentvermögen der Anleger verwaltet (§ 17 KAGB). Die Widerrufserklärung gegenüber einem Vertriebsvermittler ist nicht ausreichend, sofern dieser nicht in Vertretung (§§ 164 ff. BGB) der Verwaltungsgesellschaft handelt.

Die Widerrufsfrist wird ausgelöst, sobald der Anlagenkäufer eine Abschrift des Kaufbeleges oder des Kaufantrages inklusive der Widerrufsbelehrung erhalten hat (§ 305 Abs. 2 S. 2 KAGB). Ist der Beginn der Widerrufsfrist streitig, so trifft den Anlageverkäufer die Beweispflicht dafür, alle notwendigen Informationspflichten ordnungsgemäß erfüllt zu haben (§ 305 Abs. 2 S. 3 KAGB).

Eine Höchstfrist bei einer fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung sieht das KAGB nicht vor. Daraus Folgt, dass dem Käufer bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung ein ewiges Widerrufsrecht zusteht.

4.5.3 Fernunterrichtsvertrag

Bei Fernunterrichtsverträgen hat der Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht (§ 4 S. 1 FernUSG, § 355 BGB). Weiter sind die allgemeinen Vorschriften über die besonderen Vertriebsformen nach §§ 356 ff. BGB maßgebend (§ 4 S. 2 FernUSG). Demnach wird die 14-tägige Widerrufsfrist mit dem Erhalt der Lehrmaterialien durch den Verbraucher ausgelöst, sofern es sich um körperliche Lehrmaterialien (wie Bücher oder Hefte) handelt (§ 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Handelt es sich bei den Lehrmaterialien um herunterladbare Software, so beginnt die Widerrufsfrist bereits mit Vertragsschluss (§ 356 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 4 BGB).

Die Widerrufsfrist wird nicht ausgelöst, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde (§ 356 Abs. 3 S. 1, Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB). Wird der Verbraucher nur unvollständig oder gar nicht über das Widerrufsrecht informiert, erlischt das Widerrufsrecht 12 Monate und 14 Tage nach Erhalt der Lehrmaterialien (§ 356 Abs. 3 S. 2, Abs. 2 Nr. 1 BGB) oder bei herunterladbaren Lehrmaterialen, 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§ 356 Abs. 3 S. 2, Abs. 2 Nr. 2 BGB).

Bei Teillieferung der Lehrmaterialien durch den Unternehmer gegen Teilzahlungen durch den Verbraucher liegt ein Ratenlieferungsvertrag (§ 510 Abs. 1 BGB) vor. Die Widerrufsfrist wird bei Ratenlieferungsverträgen, die nicht außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers oder im Fernabsatz (Telefon/Internet) geschlossen wurden, erst dann ausgelöst, wenn der Verbraucher über sein Widerrufsrecht ordnungsgemäß informiert wurde (§ 356c Abs. 1 BGB, Art. 246 Abs. 3 EGBGB). Wird der Verbraucher gar nicht oder unvollständig über sein Widerrufsrecht belehrt, erlischt das Widerrufsrecht 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss (§§ 356c Abs. 2 S. 2, 355 Abs. 2 S. 2 BGB).

Handelt es sich um einen (per Darlehen) finanzierten Fernunterrichtsvertrag, liegt ein verbundener Vertrag vor (§ 358 BGB). Die Wirkung des Widerrufs erstreckt sich auf beide Verträge (Durchgriff des Widerrufs). Der Verbraucher kann sich aussuchen, ob er den Darlehensvertrag oder den Fernunterrichtsvertrag widerrufen möchte. Der Verbraucher hat sozusagen das "Wahlrecht". Das hat den Vorteil, dass der Verbraucher sich von beiden Verträgen lösen kann, obwohl die Widerrufsfrist bei einem der beiden Verträge ggf. schon verstrichen ist. Ausschlaggebend für den Fristbeginn sind die dem widerrufenen Vertrag zugrundeliegenden Vorschriften über den Fristbeginn. Widerruft der Verbraucher den Darlehensvertrag, so ist für den Fristbeginn die Aushändigung einer Vertragsabschrift, die Erteilung der vorvertraglichen Informationen und die Erteilung der Widerrufsbelehrung maßgeblich (§ 356b Abs. 1 BGB und vgl. S. 61 ff.). Widerruft der Verbraucher den Fernunterrichtsvertrag, so ist für den Fristbeginn der Erhalt der Lehrmaterialien, bei downloadbaren Lehrmaterialien der Vertragsschluss ausschlaggebend.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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