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Das Widerrufsrecht – Teil 16 – Besondere Vorschriften bei Verträgen außerhalb des BGB: Versicherungsverträge

4.5 Besondere Vorschriften bei Verträgen außerhalb des BGB

Das Versicherungsvertragsgesetz regelt, ebenso wie das Kapitalanlagegesetzbuch auch, eigenständig die Voraussetzungen für das Auslösen der Widerrufsfrist. Lediglich das Fernunterrichtsschutzgesetz bezieht sich ganz auf das BGB.

4.5.1 Versicherungsverträge

Bei Versicherungsverträgen gilt es zu beachten, dass nicht nur dem Verbraucher, sondern auch dem Unternehmer ein Widerrufsrecht zusteht, und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag im Fernabsatz oder in den Geschäftsräumen des Versicherers zustande kommt. Insofern geht die Schutzwirkung des Widerrufsrechts im VVG weiter als die des Widerrufsrechts im BGB.

4.5.1.1 Fristauslösung

Die Widerrufsfrist bei Versicherungsverträgen beträgt 14 Tage (§ 8 Abs. 1 S. 1 VVG). Die Widerrufserklärung muss dem Versicherer gegenüber in Textform angezeigt werden (§ 8 Abs. 1 S. 2 VVG). Die Widerrufsfrist wird ausgelöst, sobald dem Versicherungsnehmer in Textform alle folgenden Informationen zugegangen sind (§ 8 Abs. 2 VVG):

  • der Versicherungsschein,
  • die Versicherungsbedingungen,
  • die allgemeinen Geschäftsbedingungen,
  • die Widerrufsbelehrung und
  • zusätzliche Informationen nach § 7 Abs. 1 und 2 VVG.

Im Falle des Vertragsschlusses im elektronischen Geschäftsverkehr beginnt die Widerrufsfrist nicht, sobald dem Versicherungsnehmer nicht die nötigen Informationen erteilt wurden (§ 312i Abs. 1 S. 1 BGB):

  • Informationen über die einzelnen technischen Schritte die zum Vertragsschluss führen,
  • dass der Vertragstext nach dem Vertragsschluss vom Versicherer gespeichert wird,
  • wie der Versicherer auf den gespeicherten Vertragstext zugreifen kann,
  • wie der Versicherungsnehmer Eingabefehler vor Abgabe seiner Willenserklärung erkennen und korrigieren kann,
  • über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen sowie
  • ggf. einschlägige Verhaltenskodizes.

Darüber hinaus muss der Versicherer den Vertragsschluss unverzüglich auf elektronischem Wege bestätigen und dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit geben, die allgemeinen Vertragsbedingungen sowie die Versicherungsbedingungen bei Vertragsschluss abrufen zu können. Unverzüglich bedeutet, ohne schuldhaftes Zögern. Dies entspricht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig einer Obergrenze von maximal zwei Wochen.[1] Es kommt jedoch auf den Einzelfall an! Eine konkrete Frist kann so nicht bestimmt werden. Es geht vielmehr um die Einhaltung einer angemessenen Frist. Fehlt es an diesen Informationen oder sin diese unvollständig, ohne dass diese nachgeholt werden, steht dem Verbraucher ein ewiges Widerrufsrecht zu. Eine zeitliche Oberbeschränkung innerhalb derer das Widerrufsrecht auszuüben wäre, gibt es also nicht.

4.5.1.2 Erlöschen des Widerrufsrechts

Das Widerrufsrecht erlischt, wenn der Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherungsnehmers vollständig erfüllt wird, bevor dieser sein Widerrufsrecht ausgeübt hat (§ 8 Abs. 3 S. 2 VVG).

Beispiel
Der Versicherungsnehmer leistet sofort zu Beginn des Versicherungsvertrages die volle Versicherungsprämie an den Versicherer. Drei Tage später kommt es zum Versicherungsfall. In der Folge wird die Versicherungssumme vollständig, auf ausdrückliches Verlangen des Versicherungsnehmers, ausgezahlt.

  • Da die Versicherungsprämie bereits vollständig durch den Versicherungsnehmer gezahlt wurde, hat dieser seine Vertragsleistung vollständig erfüllt. Mit Auszahlung der kompletten Versicherungssumme durch den Versicherer, hat auch dieser seine Vertragsleistung vollständig erfüllt. Die vollständige Erfüllung der gegenseitigen Leistungspflichten geschah auf ausdrücklichen Wunsch des Versicherungsnehmers, noch vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist. In der Konsequenz erlischt das Widerrufsrecht vor Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist.


[1] Vgl. BGH Urteil vom 25.02.1971, Az.: VII ZR 181/69.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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