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Das Widerrufsrecht – Teil 22 – Rechtsfolgen bei Verträgen über Finanzdienstleistungen

5.2.6.3 Wertersatz bei Verträgen zur Lieferung von digitalen Inhalten

Beim Widerruf eines Vertrages über digitale Inhalte, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, besteht keine Wertersatzpflicht des Verbrauchers (§ 357 Abs. 9 BGB). Beginnt der Unternehmer bereits vor Ablauf der Widerrufsfrist durch ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers mit der Vertragsausführung, besteht schon kein Widerrufsrecht mehr (§ 356 Abs. 5 BGB). Dies hat den Hintergrund, dass der Unternehmer im Fall des Widerrufs die gelieferten digitalen Inhalte nicht zurückverlangen kann, ohne dass er Gewissheit hat, dass der Verbraucher noch Kopien dieser Inhalte besitzt. In dem Fall könnte der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausüben und die Ware (digitalen Inhalte) erhalten, ohne dass er im Endeffekt etwas zahlen müsste. Es wäre dem Unternehmer nicht möglich nachzuvollziehen, ob der Verbraucher die gelieferten Inhalte auch gelöscht hat. Da also ein Widerruf nach Beginn der Auslieferung der digitalen Inhalte gar nicht erst möglich ist, existieren auch keine (Teil-) Leistungen für die im Rahmen des Widerrufs Wertersatz gefordert werden könnte.

Die Vertragsausführung beginnt, wenn der Verbraucher mit dem Download einer Datei angefangen hat. Anwendung findet die Vorschrift, wenn der Unternehmer bereits ohne das ausdrückliche Verlangen des Verbrauchers mit der Vertragsausführung begonnen hat oder dem Verbraucher nicht über den Verlust seines Widerrufsrechts informiert hat.

Beispiel
Der Verbraucher erwirbt ein Office-Paket für seinen PC. Der Vertragsschluss erfolgt online. Der Verbraucher kann sich die Software über ein vom Unternehmer zu Verfügung gestellten Link herunterladen. Der Verbraucher wird vom Unternehmer nicht belehrt, dass mit dem Beginn des Downloads der Verlust des Widerrufsrechts eintritt. Der Verbraucher möchte den Vertrag einen Tag später widerrufen.

  • Das Widerrufsrecht des Verbrauchers erlischt mangels Belehrung und Zustimmung über den Verlust des Widerrufsrechts nicht (§ 356 Abs. 5 BGB). Damit kann der Verbraucher den Vertrag trotz Beginn des Downloads widerrufen. Es findet die Vorschrift über den Wertverlust Anwendung. Der Verbraucher ist damit im Falle des Widerrufs nicht zum Wertersatz verpflichtet (§ 357 Abs. 9 BGB).

5.3 Rechtsfolgen bei Verträgen über Finanzdienstleistungen

Die Rechtsfolgen des Widerrufs bei Verträgen über Finanzdienstleistungen betreffen

  • Verbraucherdarlehensverträge,
  • Ratenlieferungsverträge,
  • verbundene Verträge,
  • zusammenhängende Verträge.

5.3.1 Höchstfrist bei der der Rückgewähr der empfangenen Leistungen

Die empfangenen Leistungen sind spätestens 30 Tage nach dem Widerruf von den Parteien zurück zu gewähren (§ 357a Abs. 1 BGB). Maßgeblich für den Fristbeginn ist für den Verbraucher die Abgabe seiner Widerrufserklärung (§ 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 2 BGB). Für den Unternehmer ist der Empfang der Widerrufserklärung maßgebend (§ 355 Abs. 3 S. 3 Alt. 1 BGB).

5.3.2 Wertersatzpflicht bei Finanzdienstleistungen

Im Falle des Widerrufs ist der Verbraucher gegenüber dem Unternehmer für die bisher erbrachten Leistungen wertersatzpflichtig, wenn der Finanzdienstleistungsvertrag im Fernabsatz oder außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossen wurde (§ 357a Abs. 2 S. 1 BGB). Die Wertersatzpflicht setzt voraus, dass der Verbraucher vor Abschluss des Vertrages auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt (§ 357a Abs. 2 S. 1 BGB). Die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers muss zeitlich nach der Belehrung durch den Unternehmer erfolgt sein.[1] Die Beweispflicht für die ordnungsgemäße Belehrung sowie die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers trägt der Unternehmer.[2] Das gilt sowohl für die Belehrung als solche, als auch für die Einhaltung der zeitlichen Reihenfolge.


[1] Vgl. BeckOK BGB § 357a Rn 5.

[2] Vgl. BT – Drs. 16/ 10734, S. 11 – 12.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Das Widerrufsrecht“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Pascal Schöning, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2016, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-56-4.


 

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Stand: Januar 2016


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