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Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner – Teil 05 – Teilunwirksamkeit, Möglichkeit der Umdeutung

2.2.3. Teilunwirksamkeit

Betrifft der Unwirksamkeitsgrund lediglich eine Teilbestimmung der Betriebsvereinbarung, so folgt hieraus grundsätzlich noch nicht, dass sie gänzlich rechtsunwirksam ist. Bleibt der ursprüngliche Sinn der verbleibenden Bestimmungen auch ohne den unwirksamen Teil erhalten, entfalten diese auch weiterhin ihre Rechtswirkung. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn der unwirksame Teil untrennbar mit der restlichen Betriebsvereinbarung verbunden ist.

Beispiel
Das Unternehmen des Arbeitgebers besteht aus zwei selbständigen Betrieben. Lediglich in einem davon wurde ein Betriebsrat gebildet. Dieser schließt mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung über eine Prämienzahlung ab, welche für die Arbeitnehmer beider Betriebe gleichermaßen gelten soll.

  • Der Betriebsrat hat seine räumliche Regelungsbefugnis überschritten, da er für den betriebsratslosen Betrieb nicht zuständig ist. In Bezug auf diesen ist die Betriebsvereinbarung somit unwirksam. Hinsichtlich des anderen Betriebs behält die Bestimmung über die Prämienzahlung durchaus ihren Sinn. Insoweit bleibt die Vereinbarung also wirksam.

2.2.4. Möglichkeit der Umdeutung

Nicht wirksam zustande gekommene Betriebsvereinbarungen können in wirksame Rechtsgeschäfte umgedeutet werden. So ist es möglich, dass eine Verpflichtung aus einer rechtsunwirksamen Betriebsvereinbarung ein Bestandteil der Arbeitsverträge mit den betroffenen Arbeitnehmern wird. Dies kommt aber nicht ohne Weiteres in Betracht. Der Arbeitgeber muss die vermeintlichen Ansprüche der Arbeitnehmer aus der Betriebsvereinbarung erfüllen, obwohl er von ihrer Unwirksamkeit weiß. Lässt dieses Verhalten darauf schließen, dass der Arbeitgeber sich auch auf arbeitsvertraglicher Ebene gebunden hätte, wird die Verpflichtung aus der unwirksamen Betriebsvereinbarung in eine arbeitsvertragliche Zusage umgedeutet.[1]

Beispiel
Der Arbeitgeber plant seit längerem die Einführung eines Jubiläumsgelds für langjährig beschäftigte Arbeitnehmer. Hierzu einigt er sich mit dem Betriebsrat auf eine entsprechende Betriebsvereinbarung, welche aber nicht wirksam zustande kommt. Selbst nachdem der Arbeitgeber von der Rechtsunwirksamkeit der Vereinbarung erfährt, zahlt er das Jubiläumsgeld weiter aus. Darüber hinaus sichert er den Arbeitnehmern auch die künftige Gewährung zu.

  • Der Arbeitgeber weiß von der Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung und erfüllt auch weiterhin seine sich aus ihr ergebende Verpflichtung. Da er den Arbeitnehmern sogar zusichert, das Jubiläumsgeld auch in Zukunft zu gewähren, wird die rechtsunwirksame Betriebsvereinbarung in eine verbindliche arbeitsvertragliche Zusage umgedeutet.


[1] ErfK/Kania, BetrVG § 77 Rn. 25 m.w.N.

Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Alexander Geier, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-70-0.


 

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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

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