Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner – Teil 06 – Die Durchführung von Betriebsvereinbarungen
3. Die Durchführung von Betriebsvereinbarungen
Wie bei jedem anderen Vertrag auch, zieht der Abschluss von Betriebsvereinbarungen die Verpflichtung nach sich, sie durchzuführen. Hierbei ist darauf zu achten, unter welchen Umständen die Durchführung von Betriebsvereinbarungen gefordert werden kann und welche rechtlichen Konsequenzen bei einer Verletzung der Durchführungspflicht drohen.
3.1. Die Durchführungspflicht des Arbeitgebers
Die Pflicht zur Durchführung einer Betriebsvereinbarung liegt in der Regel beim Arbeitgeber als Betriebspartner und Vertragspartei der Vereinbarung (§ 77 Abs. 1 S. 1 BetrVG). Diesem allein obliegt die betriebliche Direktion, zu welcher auch die Durchführung von Betriebsvereinbarungen gehört. Aus diesem Grund hat der Arbeitgeber auch nicht das Recht dem Betriebsrat die Durchführungspflicht einer Betriebsvereinbarung gegen dessen Willen aufzuerlegen.[1] In bestimmten Ausnahmefällen kann die Pflicht zur Durchführung von Betriebsvereinbarungen jedoch auch den Betriebsrat treffen. Dies muss aber entweder vom Gesetz so vorgesehen oder durch die Betriebspartner vereinbart worden sein.
3.1.1. Der Durchführungsanspruch des Betriebsrats und seine Voraussetzungen
Der Betriebsrat kann also vom Arbeitgeber im Regelfall verlangen, dass dieser eine bestehende Betriebsvereinbarung durchführt. Hierzu müssen allerdings folgende Voraussetzungen gegeben sein:
- Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung (--> 2.2)
- Zuständigkeit des Betriebsrats
- keine eigenverantwortliche Durchführungspflicht des Betriebsrats
Zunächst einmal hat der Betriebsrat keinen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine unwirksame Betriebsvereinbarung durchführt. Des Weiteren besteht der Durchführungsanspruch des Betriebsrats lediglich im Rahmen seiner Zuständigkeit. Diese liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn er selbst Vertragspartei der Betriebsvereinbarung ist. Schließlich kann der Betriebsrat die Durchführung der Vereinbarung dann nicht verlangen, wenn er dafür selbst verantwortlich ist. So verhält es sich z.B. bei einer Vereinbarung zur Einrichtung von Sprechstunden mit den Arbeitnehmern (§ 39 Abs. 1 BetrVG).
Beispiel
Ein Unternehmen besteht aus mehreren Betrieben, in welchen jeweils ein Betriebsrat vorhanden ist. Zudem wurde für das Unternehmen als Ganzes auch ein Gesamtbetriebsrat gebildet. Mit diesem schließt der Arbeitgeber eine wirksame Betriebsvereinbarung über die Einführung einer Vergütungsordnung ab, die er künftig im gesamten Unternehmen anwenden möchte. Die Einführung der Vergütungsordnung verzögert sich jedoch in einem der Betriebe. Daraufhin verlangt dessen Betriebsrat vom Arbeitgeber die Durchführung der Betriebsvereinbarung.
- Die Betriebsvereinbarung ist wirksam und es liegt auch in der Verantwortung des Arbeitgebers sie durchzuführen. Der Anspruch des Betriebsrats scheitert jedoch daran, dass ihm die Zuständigkeit fehlt. Die Betriebsvereinbarung wurde nämlich nicht mit ihm, sondern mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossen. Daher kann im vorliegenden Fall nur dieser die Durchführung der Vereinbarung geltend machen.
3.1.2. Rechtsfolgen bei Verstößen
Kommt der Arbeitgeber seiner Durchführungspflicht nicht nach, so kann der Betriebsrat seinen Anspruch im Wege eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. §§ 80 ff. ArbGG durchsetzen. Je nach Fallgestaltung wird er hierfür beim Arbeitsgericht typischerweise beantragen, dass eine bestimmte Handlung vom Arbeitgeber gemäß den Regelungen der Betriebsvereinbarung vorzunehmen oder zu unterlassen ist. Ob der Arbeitgeber tatsächlich gegen seine Durchführungspflicht verstoßen hat, entscheidet das Arbeitsgericht dann durch einen Beschluss (§ 84 ArbGG).
[1] MüArbR/Matthes § 239 Rn. 69 m.w.N.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Betriebsvereinbarung – Das Regelungsinstrument der Betriebspartner“ von Tilo Schindele, Rechtsanwalt, und Alexander Geier, Wirtschaftsjurist LL.B., erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-70-0.
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Kontakt: tilo.schindele@brennecke-rechtsanwaelte.deStand: Januar 2017