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Baumängel vor und im Prozess – Teil 07 – Der Baumangel, Mängelarten


Herausgeber / Autor(-en):
Pascal Bothe
Wissenschaftlicher Mitarbeiter


13.2.3 Sondertatbestände

Neben den privilegierten Vorhaben gibt es eine Reihe von Sondertatbeständen, die für eine Genehmigung infrage kommen. Dies sind insbesondere:

13.2.3.1 Umwandlung von landwirtschaftlichen Gebäuden in Wohnraum oder Gewerberaum

Oftmals werden alte landwirtschaftliche Anlagen nicht mehr für diese Zwecke genutzt. Doch der Charme, der von diesen ausgeht, soll für Wohnen oder Gewerbe gewonnen werden. Nun kommt es darauf an, inwiefern die Umwidmung zulässig ist. Da dieser Fall recht häufig vorkommt, beleuchten wir die Details etwas ausführlicher.

Um eine Umwandlung von landwirtschaftlichen Anlagen in Wohn- oder Gewerberaum vornehmen zu können, müssen die alle der folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1) Das Gebäude muss vor mehr als 7 Jahren errichtet worden sein.

2) Die Errichtung muss zulässig gewesen sein.

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn für das land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Gebäude früher eine entsprechende Baugenehmigung erteilt wurde oder die Zulässigkeit aufgrund baurechtlichen Bestandsschutzes gegeben ist

3) Die Bausubstanz muss erhaltenswert sein.

Erhaltenswert ist ein Gebäude, wenn es noch einen wirtschaftlichen Wert darstellt. Achtung: Die Baumaßnahmen dürfen nicht zu einem Neubau in gleicher Gestalt führen.

4) Privilegierung des Baubestandes

Dies bedeutet, dass es sich um ein privilegiert errichtetes, also bisher für die Land- und Forstwirtschaft genutztes Gebäude handeln muss. Eine Änderung der Nutzung anderer Gebäude ist nicht zulässig.

5) Aufgabe der bisherigen Nutzung vor höchstens sieben Jahren

Die Frist beginnt mit der endgültigen und ernsthaften Aufgabe der bisherigen privilegierten land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung. Diese muss dabei der Sicherung der Existenz gedient haben. Die Errichtung eines Hobbybauernhofs und die Stilllegung, um das Gebäude dann umzuwidmen, ist damit unzulässig.

Anderes gilt bei einer schrittweisen Aufgabe des Betriebes: hier ist für den Fristbeginn der Zeitpunkt maßgeblich, in dem die landwirtschaftliche Nutzung in ihrem Umfang unter die einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle fällt.

Ebenso gilt die Nutzung als aufgegeben, wenn die landwirtschaftlich genutzten Flächen auch außerhalb der Hofstelle zur Fremdnutzung verpachtet wurden, von der Hofstelle aus also keine landwirtschaftliche Produktion mehr stattfindet.

6) räumlich-funktionaler Zusammenhang mit der Hofstelle

Das Gebäude muss eine räumliche Nähe zur Hofstelle haben. Davon weiter entfernt angesiedelte Gebäude, die in der bisherigen Nutzung dem funktionalen landwirtschaftlichen Zusammenhang entzogen waren, sind demnach nicht begünstigt,. So hat z. B. das Verwaltungsgericht Mainz den Anspruch auf eine Umnutzung eines bisher als Maschinenhalle zulässig genutzten Gebäudes in Landarbeiterwohnungen in einer Entfernung von rd. 170 m von der Hofstelle abgewiesen (Fußnote).

Weiterhin ist erforderlich, dass bis zur Aufgabe der Nutzung die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund stand.

7) Das Erscheinungsbild muss erhalten bleiben.

Eine Erweiterung ist nicht möglich.

Zulässig sind aber unwesentliche Veränderungen wie z. B. Fenster, Türen, kleinere Dachaufbauten, die nicht zu einer Flächenvergrößerung führen, Verklinkerung.

Neben den „privilegierten Wohnungen“, also Betriebsleiter- oder Altenteilerwohnnungen“ sind höchstens drei zusätzliche Wohnungen zulässig. Kleingewerbe kann zulässig sein, soweit es mit dem Umfeld verträglich ist. Das Gewerbe darf jedoch keine Neubauten oder Erweiterungen erfordern.

8) ausreichende Entfernung zu störenden Betrieben

Sollte das Gebäude für Wohnzwecke genutzt werden, ist insbesondere bei einer Vermietung darauf zu achten, dass störende Betriebe, zu denen auch eine landwirtschaftliche Hofstelle zählen kann, weit genug entfernt sind. Andernfalls ergeben sich möglicherweise Schutzansprüche. Die Umweltschutzbehörde kann dies auf Antrag der Betroffenen prüfen. Es geht dabei konkret um die Frage, ob die Belastungen aus den umliegenden Betrieben für die zukünftigen Nutzer der Wohnung noch akzeptabel sind. Ist der Abstand zu gering, ist eine Nutzungsänderung (Entprivilegierung) in eine Wohnung nicht möglich.

13.2.3.2 Erweiterung zulässigerweise errichteter Wohngebäude

Das Baugesetzbuch (hier: § 35 Abs. 4 Nr. 5 BauGB) ermöglicht die Erweiterung eines Wohngebäudes im Außenbereich auf bis zu höchstens zwei Wohnungen:

1) Es muss sich um ein zulässigerweise errichtetes Wohngebäude handeln

Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn für das land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Gebäude früher eine entsprechende Baugenehmigung erteilt wurde oder auf entsprechenden Antrag hätte erteilt werden müssen, die Zulässigkeit also einmal bestanden hat.

2) Die Erweiterung muss angemessen sein

Unter einer Erweiterung versteht man einen Anbau als auch den Ausbau bereits bestehender Räume (z.B. im Dachgeschoss). Die Erweiterung ist dabei dem Bestand unterzuordnen. Eine Verdoppelung der Wohnfläche ist demnach nicht möglich. Die Erweiterung ist höchstens auf bis zu zwei Wohnungen möglich. Dabei sind die konkreten Wohnbedürfnisse zu berücksichtigen.

13.2.3.3 Neuerrichtung von Gebäuden im Außenbereich

Der Außenbereich soll grundsätzlich unbebaut bleiben. Mit dieser Vorgabe will der Gesetzgeber den Außenbereich in seiner besonderen Bedeutung für die naturgegebene Bodennutzung und als Erholungslandschaft für die Allgemeinheit erhalten.

Dennoch sind in bestimmtem Maße Bauvorhaben auch im Außenbereich zugelassen. Dabei handelt es sich um bauliche Nutzungen, die wegen ihrer speziellen Anforderungen auf einen Standort im Außenbereich angewiesen sind, da eine Errichtung im Innenbereich nicht möglich ist (wie etwa ein Bauernhof, eine Mastanlage etc.) sind oder sonst einen spezifischen Bezug zum Außenbereich haben.

Für alle Bauvorhaben im Außenbereich gilt das Gebot größtmöglicher Schonung des Außenbereichs, das als Leitgedanke über allen Regelungen zur Bebauung des Außenbereich steht: „Bauvorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen“

Die Genehmigungsfähigkeit ist jedoch an einige Voraussetzungen geknüpft.

Es muss sich um den Neubau eines gleichartigen Gebäudes (das so dort also schon einmal stand) an der gleichen Stelle handeln. Es muss zudem legal errichtet worden sein und nicht nur vom Eigentümer länger genutzt werden, sondern auch über Mängel verfügen, die einen Neubau rechtfertigen. Weiterhin ist erforderlich, dass der Neubau für den Eigenbedarf vorgesehen ist.

Zudem besteht die Möglichkeit, dass die Bauverwaltung eine sog. Außenbereichssatzung gem. § 35 Abs. 6 BauGB erlässt und anwendet: Dann sind dort ggf. von den Regelungen des § 35 BauGB zulässigerweise abweichend Regelungen zu finden, nach denen ein Gebäude errichtet werden kann. Dies erfordert jedoch, dass bereits ein Teil an Wohnbebauung vorhanden ist, also keine Zersiedelung der Landschaft entsteht.

Die Genehmigung oder Versagung hängt dabei von vielen Faktoren ab:

Entscheidend wird sein, ob das geplante Vorhaben eine wesentliche Änderung des vorgefundenen Bestandes bedeutet. Im Zweifel empfiehlt sich hier, wie generell bei Unsicherheit über die Zulässigkeit eines bestimmten Vorhaben vor Eintritt in die konkrete und ggf. kostenintensive Planung, eine formelle Bauvoranfrage. Diese birgt zwar einerseits die Gefahr einer negativen Verbescheidung mit Bindungswirkung hinsichtlich des geprüften Ausschnitts aus dem späteren Bauantrag, kann aber andererseits auch frühzeitig unpassende Fehlplanungen vermeiden und eine Hilfe bei der Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung bieten.

13.2.3.4 Gewerbliche Betriebe (Teilprivilegierung)

Abschließend ist auch die bauliche Privilegierung von Gewerbebetrieben möglich.

Dies erfordert jedoch, dass die bauliche Erweiterung im Verhältnis zu den vorhandenen Gebäuden angemessen ist. Möglich ist dies nur bei einer Nachfolgenutzung, die ähnliche Anforderungen hat, wie die private Umnutzung.

Mehrere in kurzen Zeitabständen durchgeführte Erweiterungen, die als Teilabschnitte eines einheitlichen Bauvorhabens zu sehen sind, sind in der Gesamtheit zu betrachten und müssen ebenso die Anforderungen an die Angemessenheit erfüllen. Es ist also nicht möglich, gleichsam „in Salamitaktik“ mit geringem zeitlichem Versatz für sich genommen wegen Geringfügigkeit zulässige Änderungen vorzunehmen, die im Gesamtergebnis zu einer nicht mehr genehmigungsfähigen Änderung des Bestandes führen würden.

Doch wie verhält es sich mit kleineren Erweiterungen bestehender Gebäude?

Geringfügige Erweiterungen sind nur bei Ersatzbauten zulässig. Die zulässige geringfügige Erweiterung ist z.B. überschritten, wenn die ursprünglich genehmigte Grundfläche fast verdreifacht, die Wohnfläche verdoppelt oder das Gebäudevolumen auf das Doppelte erweitert werden sollen.

Die zulässige geringfügige Abweichung vom bisherigen Standort ist abhängig vom Einzelfall, bei einer Abweichung von 100 m jedoch jedenfalls nicht mehr gegeben. Der Ersatzbau einschließlich der Erweiterung muss dem ursprünglichen Gebäude noch annähernd gleichartig sein.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Der Bebauungsplan Einführung in das Bauplanungsrecht“ von Olaf Bühler, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, und Pascal Bothe LL.B.,wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2015, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-19-9.


 

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Stand: Januar 2015


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