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Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als Rechtsform für mittelständische Unternehmen – Teil 08 – Gründung einer gemeinsamen Tochter SE

4.3 Gründung einer gemeinsamen Tochter SE

Eine weitere Möglichkeit ist die Gründung einer gemeinsamen Tochter SE. Für eine grenzüberschreitende Bildung einer gemeinsamen Tochter SE sind gem. Art 2 III SE-VO mindestens zwei nationalen Gesellschaften nach Art. 48 EG-Vertrag oder juristische Personen des öffentlichen oder privaten Rechts notwendig. Die Beteiligten müssen ihren satzungsmäßigen Sitz und ihre Hauptverwaltung in verschiedenen Mitgliedsstaaten haben. Im Gegensatz zu den anderen Gründungsformen können im Rahmen der Gründung einer Tochter-SE auch Personengesellschaften Beteiligte sein. Grundsätzlich enthält die SE-VO keine eigenen Regelungen zum Gründungverfahren. Somit ergeben sich die Regelungen aus den jeweiligen nationalen Vorschriften.
Die Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE vollzieht sich in zwei Stufen:

  • Auf erster Stufe sind bezüglich der Beteiligung der Gründungsgesellschaften an der gemeinsamen Tochter-SE die nationalen Vorschriften anzuwenden
  • Auf der zweiten Stufe sind im Zuge der Entstehung der Tochter-SE die nationalen Regelungen des zukünftigen Sitzstaates der SE anzuwenden.

Beispiel
Der Stukkateurbetrieb S-GbR mit Sitz in Hannover möchte sich mit dem Mineralputzproduzenten M N.V. mit Sitz in Den Haag in den Niederlanden eine gemeinsame Tochter SE, ebenfalls mit Sitz in Deutschland, gründen.

  • Die beiden Gründungsgesellschaften haben ihren Sitz in Deutschland und den Niederlanden, somit in zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten. Da die S-GbR als Personengesellschaft ebenso dazu berechtigt ist, Beteiligter einer gemeinsamen Tochter-SE zu sein, ist es für beide Gesellschaften möglich eine gemeinsame Tochter-SE zu gründen. Die deutsche S-GbR muss gemäß dem nationalen Recht die Zustimmung aller Gesellschafter einholen.
  • Die M N.V. - sofern es gemäß niederländischem Recht notwendig ist - ebenso. Da es sich um eine Gründung einer gemeinsamen Tochter-SE mit Sitz in Deutschland handelt, sind für die eigentliche Gründung der Tochter SE die deutschen aktienrechtlichen Regelungen gem. §§ 23 ff. AktG einschlägig.

4.3.1 Erste Gründungsphase

Je nach Personengesellschaft liegt die Verantwortung der Gründung einer Tochtergesellschaft in unterschiedlichen Bereichen. Handelt es sich beispielsweise um eine deutsche Aktiengesellschaft entscheidet grundsätzlich der Vorstand über die Gründung einer Tochtergesellschaft. Eine Ausnahme besteht entsprechend der Holzmüller/Gelatine Rechtsprechung (Fußnote), wenn die Entscheidung so stark in die Rechte der Aktionäre eingreifen würde, dass der Vorstand vernünftigerweise nicht annehmen kann, er dürfe sie in ausschließlich eigener Verantwortung treffen ohne die Hauptversammlung zu beteiligen. Sofern es sich um eine solche Entscheidung handelt, bedarf es der Zustimmung der Hauptversammlung.

Bei einer GmbH entscheidet die Gesellschafterversammlung über die Gründung einer Tochtergesellschaft, bei Personengesellschaften ist grundsätzlich die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.

4.3.2 Zweite Gründungsphase

Hinsichtlich der Entstehung der SE sind gem. Art. 15 SE-VO die nationalen Regelungen des künftigen Sitzstaates der SE anzuwenden. Sofern die Tochter-SE zukünftig in Deutschland ansässig sein wird, sind die Voraussetzungen der §§ 23 ff. AktG zu erfüllen.

Demnach sind folgende Schritte notwendig:

  • Gründungsbericht der Gründer
  • Gründungsprüfung intern sowie durch externe Sachverständige
  • Anmeldung der gemeinsamen Tochter-SE zur Eintragung im Handelsregister

Bei dieser Gründungsform ist ebenso ein Verfahren der Beteiligung der Arbeitnehmer durchzuführen; auch hier ist die Verhandlungslösung vorrangig, d.h. die konkrete Ausgestaltung der Mitbestimmung kann innerbetrieblich verhandelt werden. Mit Eintragung der Tochter SE in das Handelsregister ihres Sitzstaates ist die Gründung vollzogen.


Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) als Rechtsform für mittelständische Unternehmen“ von Harald Brennecke, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, und Sarah Schwab, Wirtschaftsjuristin LL.M., mit Fußnoten erschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-60-1.


 

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Kontakt: brennecke@brennecke-rechtsanwaelte.de
Stand: Januar 2017


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Herausgeber / Autor(-en):

Harald Brennecke, Rechtsanwalt

Portrait Harald-Brennecke

Rechtsanwalt Harald Brennecke ist Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Fachanwalt für Insolvenzrecht.

Er berät, vertritt und begleitet Gesellschafter, Geschäftsführer und Unternehmen bei

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  • Wahl des Firmennamens
  • Gesellschaftsgründungen:
    z.B. Beratung zu Gesellschaftskonzepten, Gestaltung von Gesellschaftsverträgen, Geschäftsführerverträgen, Handelsregisteranmeldungen, Vorbereitung und Begleitung  bei Notarterminen 
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  • Liquidation von Gesellschaften
  • Firmenkäufen
  • Due Diligence
  • Geschäftsführerverträgen
  • Sanierung, Insolvenzvermeidung und Insolvenzbegleitung:
    Harald Brennecke ist seit 1999 im Bereich der Unternehmenssanierung tätig. Als Fachanwalt für Insolvenzrecht berät und begleitet er Sanierungen und betreut Geschäftsführer und Gesellschafter bei Firmeninsolvenzen. Er unterstützt Geschäftsführer in der Unternehmenskrise hinsichtlich der für sie bestehenden Haftungsrisiken sowie Gesellschafter im Interesse der Wahrung der Unternehmenswerte. Er unterstützt bei der Suche nach Investoren und Wagniskapitalgebern (venture capital), begleitet Verhandlungen und erstellt Investorenverträge.


Rechtsanwalt Harald Brennecke hat im Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht veröffentlicht:

  • "Das Recht der GmbH", Verlag Mittelstand und Recht, 2015, ISBN 978-3-939384-33-5
  • "Der Gesellschaftsvertrag der GmbH - Die GmbH-Satzung in Theorie und Praxis", 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-40-3
  • "Der Unternehmenskauf -  Rechtliche Risiken bei Kauf und Verkauf mittelständischer Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-18-2
  • "Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-29-8
  • "Gesellschaftsrecht in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-26-7
  • "Die Limited in der Insolvenz", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-34-2
  • "Der Insolvenzplan – Sanierungsinstrument in der Insolvenz", 2007, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-03-8
  • "Die Regelinsolvenz - Insolvenz für Unternehmer und Unternehmen", 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-07-6
  • "Gesellschafterinteressen in der Publikums-KG: Auskunftsrechte der Kommanditisten einer Publikums-KG gegen Treuhänder“, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-28-1
  • "Die Gesellschafterversammlung: Ein Leitfaden", Harald Brennecke und Dipl.-Jur. Marc Schieren, M. L. E., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-50-2
  • "Arztpraxis – Kauf und Übergang", Harald Brennecke und Michael Kaiser, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-54-0

Folgende Veröffentlichungen von Rechtsanwalt Brennecke sind in Vorbereitung:

  • Die Due Diligence – Rechtliche Prüfung beim Unternehmenskauf
  • Die Liquidation der Kapitalgesellschaft
  • Die Unternehmergesellschaft (UG)

Harald Brennecke ist Dozent für Gesellschaftsrecht und Insolvenzrecht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht im DeutscherAnwaltVerein.  
Er bietet Schulungen, Vorträge und Seminare unter anderem zu den Themen:

  • Gesellschaftsrecht für Steuerberater und Unternehmensberater – Grundlagen des Gesellschaftsrechts
  • Gesellschaftsvertragsgestaltung – Grundlagen und Risiken
  • Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) – kleine Chance, großes Risiko
  • Welche Gesellschaftsform ist die Richtige? Vor- und Nachteile der Rechtsformen für Unternehmer
  • Geschäftsführerhaftung – Geschäftsführung von Kapitalgesellschaften; das letzte große Abenteuer der westlichen Zivilisation
  • Insolvenzrecht für Gründer und lebende Unternehmen: Aus Insolvenzen anderer lernen heißt das eigene Insolvenzrisiko zu vermeiden
  • Unternehmenssanierung: Kopf aus dem Sand! Wer zu spät reagiert, reagiert nie wieder.
  • Insolvenzrecht für Steuerberater – Grundlagen des Insolvenzrechts für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer
  • Insolvenzrecht für Unternehmensberater – Sanierungschancen erkennen und wahren
  • Insolvenzberatung: das (enorme) Haftungsrisiko des Sanierungsberaters

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