Grundzüge des Umsatzsteuerrechts – Teil 09 – Formen der Übergabe, Beförderungs- und Versendungslieferung gem. § 3 Abs. 6 UstG, Ruhende Lieferungen gem. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG
Herausgeber / Autor(-en):
Carola Ritterbach
Rechtsanwältin
Monika Dibbelt
Rechtsanwältin
Jens Bierstedt
LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
4.5.1 Formen der Übergabe
In der weit überwiegenden Zahl der Fälle wird die Verfügungsmacht durch körperliche Übergabe verschafft. Hierbei sind jedoch verschiedene Übergabeformen zu unterscheiden:
- sofortige Übergabe der Ware durch den Unternehmer an den Abnehmer
- Befördern oder Versenden der Ware an den Abnehmer durch den leistenden Unternehmer oder
- Befördern oder Versenden der Ware durch den Abnehmer.
Diese Fälle sind umsatzsteuerrechtlich in gleicher Weise zu behandeln:
- Befördern ist nach § 3 Abs. 6 S. 2 UStG jede Fortbewegung eines Gegenstandes, wobei der Transport durch den Lieferer selbst oder seinen unselbständigen Erfüllungsgehilfen vorgenommen wird.
- Versenden ist nach § 3 Abs. 6 S. 3 UStG die Beförderung eines Gegenstandes durch einen selbständigen Beauftragten.
4.5.2 Beförderungs- und Versendungslieferung gem. § 3 Abs. 6 UStG (bewegte Lieferung)
Bestimmt wird nunmehr der Lieferort, nicht mehr der Zeitpunkt der Beförderungs- und Versendungslieferung. Liegt der jeweiligen Lieferbeziehung eine Warenbewegung zugrunde, befindet sich der Lieferort dort, wo die Beförderungs- oder Versendungslieferung beginnt.
Beispiel
Der Unternehmer Herr S aus Karlsruhe hat an Herrn M aus Freiburg 1.000 Tastaturen verkauft. Herr S bringt die Tastaturen mit seinem eigenen Lkw nach Freiburg zu Herrn M.
- Weil Herr S als Lieferant die Tastaturen selbst transportiert, liegt eine Beförderungslieferung vor.
Unbeachtlich ist nach § 3 Abs. 6 UStG, wem die Beförderung oder Versendung zuzurechnen ist. Danach sind auch die „Abholfälle“ und die „Handkäufe“ als Beförderungs- oder Versendungsfall anzusehen.
Beispiel
Herr M aus Freiburg holt die 1.000 Tastaturen bei Herrn S in Karlsruhe ab.
- Es liegt eine Beförderungslieferung vor, weil der Herr M die 1.000 Tastaturen fortbewegt (Abholfall).
Nach § 3 Abs. 6 S. 1 UStG kann die Beförderung oder Versendung auch von einem beauftragten Dritten erfolgen, wobei dieser entweder vom Lieferer oder vom Abnehmer beauftragt sein kann.
Beispiel
Herr S aus Karlsruhe versendet die 1.000 Tastaturen mit der Post nach Freiburg zu Herrn M.
- Weil Herr S die 1.000 Tastaturen durch die Post als selbstständigen Beauftragten versendet, liegt eine Versendungslieferung vor.
4.5.3 Ruhende Lieferungen gem. § 3 Abs. 7 S. 1 UStG
Der Ort für Lieferungen, bei denen keine Beförderung oder Versendung stattfindet („nicht warenbewegte“ oder „ruhende“ Lieferungen), liegt grds. dort, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht ist grds. der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs. Geht allerdings das wirtschaftliche Eigentum zu einem anderen Zeitpunkt als das zivilrechtliche Eigentum über, ist der wirtschaftliche Eigentumsübergang nach § 39 Abs. 2 AO maßgeblich.
Folgende Liefervorgänge fallen unter § 3 Abs. 7 S. 1 UStG:
- Eigentumsübertragung gem. § 929 S. 2 BGB: Der neue Eigentümer ist bereits im Besitz des Liefergegenstandes.
- Eigentumsübertragung gem. § 930 BGB: Die Sache verbleibt beim Lieferer; es wird lediglich ein Besitzmittlungsverhältnis zwischen Lieferer und Abnehmer vereinbart.
- Eigentumsübertragung gem. § 931 BGB: Die Sache verbleibt beim Besitzer; lediglich der Herausgabeanspruch gegen diesen wird abgetreten.
- Eigentumsübertragung mittels eines kaufmännischen Traditionspapiers, und zwar mittels eines Orderlagerscheins, eines Orderladescheins oder eines Konnossements (§§ 424, 444, 450, 624, 647, 650 HGB)
- Lieferung des Kommittenten an den Verkaufskommissionär, die zustande kommt, sobald der Kommissionär die Ware an seinen Abnehmer liefert.(Fußnote)
- Eigentumsübertragung an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB
- Lieferung einer vom Lieferer errichteten ortsgebundenen Anlage, Lieferung einer am Bestimmungsort fundamentierten Maschine und Werklieferung durch Erbringen von Bauleistungen.
4.5.4 Ort der Lieferung im Inland
Eine Lieferung ist nur steuerbar, wenn sie im Inland ausgeführt wird. Der Ort der Lieferung, der sich nach den o.g. Vorschriften ermittelt, muss also im Inland liegen.
Dieser Beitrag ist entnommen aus dem Buch „Grundzüge des Umsatzsteuerrechts“ von Carola Ritterbach, Fachanwältin für Bank-und Kapitalmarktrecht, Monika Dibbelt, Rechtsanwältin, und Jens Bierstedt, Wirtschaftsjurist LL.M. und wissenschaftlicher Mitarbeiter, mit Fußnotenerschienen im Verlag Mittelstand und Recht, 2017, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-64-9.
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Carola Ritterbach
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LL.B., Wirtschaftsjurist und wissenschaftlicher Mitarbeiter
Stand: Januar 2017
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Carola Ritterbach, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
Rechtsanwältin Carola Ritterbach absolviert derzeit den Fachanwaltskurs Steuerrecht. Sie berät Gesellschafter und Unternehmer bei der steuerlichen Gestaltung von Gesellschaften und Unternehmen. Sie begleitet Betriebsprüfungen und vertritt bei Finanzgerichtsstreitigkeiten mit dem Finanzamt oder vor Finanzgerichten. Rechtsanwältin Ritterbach berät und vertritt bei Steuerselbstanzeigen und Steuerstrafverfahren. Sie erstellt Unternehmensbewertungen und begleitet Unternehmenskäufe bzw. Unternehmensverkäufe aus steuerrechtlicher Sicht.
Sie berät bei der Gestaltung von Erbschaften und Schenkungen zur Vermeidung unnötiger Erbschaftssteuer und entwirft Vermögensübertragungskonzepte.
Sie berät hinsichtlich steuerlicher Auswirkungen von Insolvenzen. Dabei prüft und beantragt sie Steuererlasse zum Zweck der Unternehmenssanierung oder für insolvente Steuerschuldner sowie die nachträgliche Aufteilung
on Steuern im Fall der Zusammenveranlagungen bei Insolvenzen einzelner Ehepartner.
Rechtsanwältin Ritterbach ist Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht und ist seit vielen Jahren im Bereich Bankrecht tätig. Steuerliche Fragen bei Finanzierungsgeschäften treffen daher ihr besonderes Interesse.
Carola Ritterbach hat im Steuerrecht veröffentlicht:
- Bilanzierung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-49-6
- Steuerstrafrecht – Strafbarkeit der Organe in Unternehmen, Monika Dibbelt, Carola Ritterbach und Alexander Mayr, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-48-9
- Die strafbefreiende Selbstanzeige, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-47-2
- Besteuerung Personengesellschaften, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Jens Bierstedt LL.M., 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-52-6
- Steuerberaterhaftung, Carola Ritterbach, Monika Dibbelt und Anika Wegner, 2016, Verlag Mittelstand und Recht, www.vmur.de, ISBN 978-3-939384-51-9
- Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuerrecht: Das Recht der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerbelastung bei Erbschaften und Schenkungen, 2014, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-16-8,
- Die Haftung für Steuerschulden, 2015, Verlag Mittelstand und Recht, ISBN 978-3-939384-39-7
Weitere Veröffentlichungen von Rechtsanwältin Ritterbach im Steuerrecht sind in Vorbereitung, so
- Änderung von Steuerbescheiden – Wann darf das Finanzamt einen Steuerbescheid aufheben oder korrigieren
Carola Ritternach ist Dozentin für Steuerrecht bei der DMA Deutsche Mittelstandsakademie sowie Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht im Deutschen Anwaltsverein.
Sie bietet Vorträge und Seminare unter anderem zu folgenden Themen an:
- Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer vermeiden
- Wahl der Gesellschaftsform unter Steuergesichtspunkten
- Lohnsteuer- und Umsatzsteuerhaftung des Geschäftsführers
- Mindestlohn – Worauf hat der Steuerberater zu achten
- Die Umsatzsteuer – eine kauf- und leasingrechtliche Betrachtung
- Die steuerliche Organschaft – Was wird wo versteuert?
- Die Besteuerung ausländischer Einkünfte – Immobilien, Unternehmensbeteiligungen, Kapitalanlagen oder Geschäftsführergehälter
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Mail: ritterbach@brennecke-rechtsanwaelte.de
Telefon: 0721-20396-28
Monika Dibbelt, Rechtsanwältin
Rechtsanwältin Monika Dibbelt berät in allen Fragen rund um berufsrechtliches Verhalten und berufsrechtliche Ahndungen, hierbei liegt ein Fokus im Bereich der Anstellung von Freiberuflerin in Kanzleien, Sozien oder als Syndici.
Ein weiterer Interessenschwerpunkt von Rechtsanwältin Dibbelt ist das Insolvenzarbeitsrecht. Hierbei berät Frau Dibbelt die Mandanten hinsichtlich der Fragen, ob ein Anspruch auf Insolvenzgeld besteht und unterstützt bei der Antragstellung. Ein weiterer Fokus ist die Beendigung von Arbeits- und Anstellungsverträgen im Rahmen der Krise, des vorläufigen Insolvenzverfahrens sowie des eröffneten Insolvenzverfahrens. Sie berät und begleitet Mandanten, die im Rahmen von Verhandlung des Insolvenzverwalters von ggf. erforderlichen Kollektivvereinbarungen (Interessenausgleich, Insolvenzsozialplan, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen etc.) oder auch im Rahmen von Betriebsübergängen betroffen sind.
Rechtsanwältin Dibbelt ist Dozentin für AGB-Recht an der DMA Deutsche Mittelstandsakademie.
Sie bietet Schulungen, Vorträge und Seminare zum Thema
- Arbeitsrechtliche und Berufsrechtliche Pflichten bei Anstellungsverhältnissen von Freiberuflern
- Lohnansprüche in der Krise und Insolvenz
- Rechte und Ansprüche des Arbeitnehmers in der Insolvenz
- Bedeutung Betriebsübergang und –änderungen in der Insolvenz
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